Brandanschlag auf Auto von IG Metaller:

„Das sollte uns allen zu denken geben“

25.01.2017 | Unser IG Metall-Kollege Detlef Fendt hat sich Neonazis und NPD-Funktionären argumentativ und demonstrierend in den Weg gestellt. Nun haben Brandstifter, vermutlich aus dem rechten Politikspektrum, sein Auto angezündet. Wie geht die IG Metall Berlin damit um? Ein Interview mit Klaus Abel, dem Ersten Bevollmächtigten der IG Metall Berlin.

Aktiver Metaller, engagierter Stadtteilaktivist: Detlef Fendt Foto: privat

Klaus Abel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin: "Wichtig ist, dass wir klar sagen: Wir dulden keine Gewalt durch Neonazis in unserer Gesellschaft" Foto: transitfoto/ von Polentz

In der Nacht von Sonntag auf Montag haben vermutlich Neonazis das Auto unseres Kollegen Detlef Fendt sowie das Auto eines Buchhändlers angezündet. Was hast Du gedacht, als Du es erfahren hast?
Detlef hat mir noch in der Nacht eine sms geschickt. Ich war sehr schockiert, denn ich kenne und schätze Detlef sehr aus unserer jahrzehntelangen gemeinsamen Arbeit in unserer IG Metall Berlin. Erst vor einer Woche hatte es einen Anschlag auf das Auto der Kollegin Mirjam Blumenthal gegeben, die ehrenamtliche DGB-Vorsitzende in Neukölln ist. Detlef ist sehr aktiv in seinem Kiez in Neukölln, wo auch Neonazis leben. Die Salonfähigkeit von rechtsextremen Positionen à la Björn Höcke führt dazu, dass sich Neonazis ermutigt fühlen, terroristische Aktionen durchzuführen. Das jetzt zu erleben, sollte uns allen zu denken geben. Wir müssen uns jetzt damit auseinandersetzen.  

Detlef spricht von inzwischen acht Angriffen der militanten rechtsextremen Szene in den vergangenen vier Wochen in Neukölln. Siehst Du in Neukölln Parallelen zur Weimarer Republik?   
Das bekommt jetzt eine neue Dimension in Neukölln, auch wenn dieses kriminelle und militante Vorgehen nicht die Dimension wie in der Weimarer Zeit hat. Aber es lehrt uns, dass wir von vornherein klare Kante zeigen müssen, wenn wir die Werte, die Freiheit und all das, was uns in unserer Gesellschaft wichtig ist, behalten und vielleicht sogar ausbauen wollen. Rechte Lebensanschauungen und Militanz entsprechen nicht den vom Grundgesetz garantierten Werten und müssen von uns Demokraten entschieden in die Schranken gewiesen werden.

Detlef ist seit etwa 50 Jahren IG Metall-Mitglied, hat sich all die Jahrzehnte seines Berufslebens immer als Jugendvertreter, Delegierter oder im Vertrauenskörper bei Mercedes Benz für die IG Metall engagiert. Wie reagiert die IG Metall Berlin auf diesen feigen Brandanschlag?
 
Wir stehen hundertprozentig hinter Detlef und geben ihm alle Solidarität und Unterstützung, derer wir fähig sind. Wir haben den Anschlag auf sein Auto sofort öffentlich gemacht und gemeinsam mit vielen anderen Berliner Gewerkschaften und Parteien eine Demonstration ins Leben gerufen. Am Samstag werden wir in Neukölln gegen Intoleranz und Rassismus demonstrieren und unsere Solidarität mit den Opfern rechtsterroristischer Gewalt zeigen.

Die AfD arbeitet teilweise mit gewaltbereiten Neonazis zusammen. Parteimitglieder demonstrieren Seite an Seite mit rechten Schlägern und tolerieren Nazi-Sprüche wie die des Thüringers Björn Höcke, dem die AfD weiterhin eine politische Heimat sein will. Wie bewertest Du das politisch?
Diese Verbindung zwischen AfD und Neonazis ist hoch gefährlich. Dass die AfD diese Nazisprüche von Höcke toleriert, ihn sogar unterstützt, ist ihre ureigene Strategie für den Wählerfang: Einzelne AfD-Protagonisten wie Höcke und Gauland überschreiten die Grenze zum Nationalsozialismus und die AfD als Partei steht weiterhin hinter ihnen. Die AfD macht so rechtsextreme und nationalsozialistische Positionen gesellschaftsfähig. Sie disqualifiziert sich damit für unser demokratisches System.

Flüchtlinge beschimpfen, Angst schüren, Europa verdammen: Bei den Rechten sind immer die anderen Schuld. Damit hat die AfD derzeit viel Erfolg. Wie setzen wir uns als Gewerkschafter im Jahr des Bundestagswahlkampfes mit den neuen Rechten auseinander?

75 Prozent der AfD-Wähler sind Protestwähler. Sie sympathisieren vielleicht mit der AfD, sehen in ihr aber nicht ihre politische Heimat. Um diese Protestwähler müssen und werden wir kämpfen. Wir stellen der AfD und ihren rechtsextremen und militanten Freunden unser IG Metall-Politikmodell entgegen, das auf Sicherheit, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung beruht. Wir streiten für soziale Gerechtigkeit und stehen für Umverteilung von oben nach unten. Für uns kann es nicht sein, dass acht Milliardäre so viel besitzen wie die Hälfte der Menschheit. Und für uns wird es keine Toleranz für Parteien geben, die mit Neonazis zusammenarbeiten.  

Die IG Metall Berlin ruft für Samstag gemeinsam mit weiteren Gewerkschaften, Parteien und Organisationen zur Kundgebung gegen Intoleranz und Rassismus in Neukölln auf. Was ist Dir wichtig an dieser Demonstration für unseren Kollegen Detlef Fendt?
Wichtig ist, dass wir klar sagen: Wir dulden keine Gewalt durch Neonazis in unserer Gesellschaft. Ich freue mich auf viele Kolleginnen und Kollegen aus der IG Metall und den anderen Berliner Gewerkschaften, die am Samstag ein Zeichen setzen, nach Neukölln kommen und mit uns gegen Intoleranz und Rassismus demonstrieren.

Gesicht zeigen gegen die Feinde der Demokratie: Samstag ab 15:00 Uhr vor der Hufeisentreppe in der Fritz-Reuter-Alle 48. Ein breites Bündnis von IG Metall Berlin und -Bildungszentrum über DGB, Verdi, SPD, Grüne, Die Linke bis hin zu Nachbarschaftsinitiativen und Gewerbetreibenden lädt zur Demo gegen Intoleranz und Rassismus ein.

Von: jb

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