"Arbeit ist ein Menschenrecht"

DGB-Diskussionsrunde: „Gute Arbeit - auch für Flüchtlinge"

25.03.2015 | Am Montag, 23. März, haben Akteure aus Politik, Wirtschaft, Bildung und Flüchtlingsarbeit über Erfahrungen mit der Vermittlung von Flüchtlingen in Arbeit und Ausbildung diskutiert. Rund 80 Teilnehmer kamen zu der Veranstaltung im Wilhelm-Leuschner-Saal des Berliner Gewerkschaftshauses. Die rechtlichen Rahmenbedingungen waren ein zentrales Thema.

Fotos: DGB

Christian Hoßbach, stellvertretender DGB-Bezirksvorsitzender, bezog sich in seiner Begrüßung auf den Internationalen Tag gegen Rassismus am 21. März, an dem berlinweit gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus protestiert worden war. Er wies darauf hin, dass rassistische und religiös motivierte <link http: berlin-brandenburg.dgb.de>Diskriminierung weltweit ein wichtiger Fluchtgrund sei und Fremdenhass auch in Deutschland bekämpft werden müsse. Dieser sei aber keine Mehrheitseinstellung. „Hier ist die Mehrheit der Gesellschaft solidarisch“, sagte Hoßbach. Als ein zentrales Anliegen des DGB in der Flüchtlingspolitik nannte er die Möglichkeit für Geflüchtete, legal und zu fairen Bedingungen zu arbeiten. „Es geht uns nicht nur um Arbeit, sondern um <link http: berlin-brandenburg.dgb.de>gute Arbeit, selbstverständlich auch für Flüchtlinge“, sagte der stellvertretende DGB-Bezirksvorsitzende.

In einer ersten Gesprächsrunde diskutierten unter Moderation von taz-Redakteurin Alke Wierth Akteure aus der Praxis ihre Erfahrungen, anschließend bezogen für die Arbeits- und Integrationspolitik der Länder Berlin und Brandenburg Ministerin Diana Golze und Senatorin Dilek Kolat Stellung.

Karsten Berlin, Arbeitnehmervizepräsident der Berliner Handwerkskammer und Mitglied der IG BAU, stellte das Projekt „Arrivo Berlin“ vor, mit dem die Handwerkskammer unter dem Motto „Flüchtling ist kein Beruf“ geflüchtete Menschen an eine handwerkliche Ausbildung heranführen möchte. In einem drei- bis sechswöchigen <link http: berlin-brandenburg.dgb.de>Praktikum erhalten die derzeit 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer Einblicke in verschiedene Unternehmen. So sollen Betriebe und potentielle Auszubildende zueinander finden. Die Agentur für Arbeit verfolgt mit dem Pilotprojekt „Early Intervention“ das Ziel, Asylsuchende mit Aussicht auf ein Bleiberecht frühzeitig auf eine Arbeitsaufnahme vorzubereiten, indem beispielsweise die Anerkennung ausländischer Abschlüsse in die Wege geleitet wird, berichtete Simone Faßbender, Geschäftsführerin der  Agentur für Arbeit Berlin Süd. Das Projekt solle künftig bis zu 200 Asylsuchende betreuen, bisher würden aber nur wenige Menschen erreicht, sagte Faßbender.

Maria Greckl, die an einer Sekundarschule im Bezirk Steglitz-Zehlendorf Sprachlernklassen unterrichtet, berichtete von ihren Erfahrungen mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Hintergrunds - Einwandern aus EU-Staaten, Kindern aus Flüchtlingsfamilien und auch unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Alle dargestellten Maßnahmen können nach Aussagen der Beteiligten den Geflüchteten aktuell aber nur eingeschränkt helfen, so stehen dem Berlin Projekt „Early Intervention“ nur 20 Sprachkursplätze zur Verfügung, die aus dem Europäischen Sozialfonds bezahlt werden (Faßbender), in den Schulen müssten mehr Plätze für eingewanderte Kinder freigehalten werden (Greckl) und vor allem die bundesrechtlichen Beschränkungen für eine Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen wurde als Hemmnis beschrieben.

Die Hürden des Ausländer- und Asylrechts sahen auch Dilek Kolat, Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen des Landes Berlin, und Diana Golze, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg, als zentrales Problem für Flüchtlinge. „Für jeden Aufenthaltsstatus gibt es einen anderen Zugang zum Arbeitsmarkt, damit muss Schluss sein“, sagte Kolat. „Es muss im Eigeninteresse dieses Landes sein, sich diesen Menschen zu öffnen und ihnen Perspektiven zu geben.“ Golze sagte: „Ich rede vom Recht auf Arbeit unabhängig von der Lage auf dem Arbeitsmarkt“ und forderte eine grundsätzliche Wende in der Migrationspolitik: „Es muss Schluss sein mit dem Prinzip der Abschreckung.“ Beide Ressortchefinnen erklärten, sich weiterhin gemeinsam mit den anderen Bundesländern für entsprechende bundesrechtliche Änderungen einsetzen zu wollen.

Die bundesrechtlichen Hürden thematisierten auch die Praktiker: „Dreh- und Angelpunkt ist das Thema des sehr, sehr komplizierten Ausländerrechts“, stellte Simone Faßbender von der <link http: berlin-brandenburg.dgb.de>Arbeitsagentur fest. Monika Kadur vom BleibNet PLUS kritisierte: „Der Arbeitsmarkt ist doppelt verschlossen: Über das Aufenthaltsrecht und über die Regeln des Arbeitsmarkts.“ Rüdiger Lötzer vom Arbeitskreis Migration der IG Metall und im Verwaltungsausschuss der <link http: berlin-brandenburg.dgb.de>Arbeitsagentur Berlin Süd, forderte: „Die Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für Flüchtlinge müssen ersatzlos gestrichen werden, weil Arbeit auch ein Menschenrecht ist.“

Eine wichtige Rolle spielte auch die Forderung, dass alle Arbeitnehmerinnen und <link http: berlin-brandenburg.dgb.de>Arbeitnehmer „gute Arbeitsplätze“ mit fairer Entlohnung und guten Arbeitsbedingungen erhalten (Berlin) und Arbeitsschutzbedingungen überall eingehalten werden (Golze). Anerkennen müsse man auch, „dass nicht nur Fachkräfte kommen“, sagte Karsten Berlin, und wünschte sich von den Betrieben, dass sie auch weniger Qualifizierten eine Chance geben. Denn für diese Gruppe sei die Situation besonders schwierig, wie Monika Kadur von BleibNet PLUS, erklärte: „Die Gruppe, die lange gearbeitet hat, aber kein Zertifikat in der Tasche hat, hat keine Chance.“

Von: dgb

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