Der Rechtstipp

Neue Regeln für die Leiharbeit

01.12.2016 | Die Bundesregierung will die Leiharbeit auf ihre Kernfunktion orientieren und den Missbrauch von Werkverträgen verhindern. Der im Sommer vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wird aller Voraussicht nach noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten wird. Rechtsanwalt Lukas Middel von dka-Rechtsanwälte erklärt ihn.

Ein wesentlicher Kern der Gesetzesänderung ist die Festlegung einer Überlassungshöchstdauer. Auch nach bisheriger Rechtslage ist die Überlassung von Leiharbeitnehmer/innen nur „vorübergehend“ zulässig. Es blieb aber unklar, was vorübergehend eigentlich bedeutet. Teilweise, insbesondere auch in der Rechtsprechung Berlin-Brandenburgs,  betrachteten die Gerichte nicht die Leiharbeitnehmer/innen selbst,  sondern die jeweiligen Arbeitsplätze. Arbeitete ein Leiharbeitnehmer auf einem sogenannten Dauerarbeitsplatz, sollte dies nicht mehr vorübergehend sein.

Diese arbeitsplatzbezogene Betrachtungsweise hat sich mit dem Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erübrigt. Jetzt werden nicht mehr die Arbeitsplätze bewertet, sondern eine konkrete Überlassungshöchstdauer bezogen auf den jeweiligen Arbeitnehmer gesetzlich festgeschrieben: Das Verleihunternehmen darf denselben Leiharbeitnehmer nicht mehr länger als 18 aufeinander folgende Monate demselben Einsatzbetrieb überlassen – und der Entleiher selbst darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen. Der Zeitraum vorheriger Überlassungen durch denselben oder einen anderen Verleiher an denselben Entleiher ist vollständig anzurechnen, solange zwischen den Einsätzen nicht mehr als jeweils drei Monate liegen.

Diese gesetzliche Überlassungshöchstdauer stellt aber keine absolute Obergrenze dar. Vielmehr enthält das Gesetz eine Öffnungsklausel zugunsten der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche. In einem Tarifvertrag von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche kann eine abweichende, also auch längere Überlassungshöchstdauer vereinbart werden. Die Tarifvertragsparteien dürfen die Frage der Überlassungshöchstdauer aber auch ihrerseits an die Betriebsräte delegieren: Denn auch in einer aufgrund eines Tarifvertrages von Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche getroffenen Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann eine abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Der Gesetzesentwurf enthält demnach eine Öffnungsklausel zunächst zugunsten der Tarifvertragsparteien, die ihrerseits eine Öffnungsklausel zugunsten der Betriebsparteien vorsehen können.

Wird gegen diese Überlassungshöchstdauer verstoßen, gilt ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher, also dem Einsatzunternehmen, als zustande gekommen, wenn sich der Leiharbeitnehmer nicht  explizit dagegen entscheidet.

Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Darüber hinaus wird der Verleiher zwar grundsätzlich verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Allerdings sind auch hier abermals tarifvertragliche Abweichungen (hier gemeint: der Verleihbranche) möglich. Der Gesetzesentwurf schreibt aber eine schrittweise Heranführung vor:  Nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher muss mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht sein, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist.
Darüber hinaus wird nunmehr klargestellt, dass Leiharbeitnehmer/innen bei den betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten und den Schwellenwerten  in  der  Unternehmensmitbestimmung zu berücksichtigen sind.

Von: lm

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