Auszubildendenvergütung 2016:

Verhandlungen zur Anbindung ans Facharbeiter-Eckentgelt vertagt

15.09.2016 | Weniger Geld als die Sachsen – und noch weniger als die Azubis in anderen Bundesländern: Die Vergütung für die Berliner und Brandenburger Azubis der Metall- und Elektroindustrie muss dringend angehoben werden. Dazu verhandelten die IG Metall und der Verband der Metall- und Elektroindustrie Berlin-Brandenburg (VME) am 15. September in Berlin. Die konstruktiven Gespräche sollen fortgesetzt werden, vereinbarten beide Seiten.

Foto: Christian v. Polentz / transitfoto.de

 „Wir feiern hier heute bunt und laut den Ausbildungsstart, und wir lassen nicht locker. Unsere Forderung steht: Anbindung an das Facharbeiter-Eckentgelt, jetzt!“, sagt Florian Jendrny von der Jugend- und Auszubildendenvertretung im Berliner Mercedes Benz Werk, als sich am Donnerstagnachmittag mehrere Dutzend M&E-Azubis vor dem Verhandlungsgebäude zur Kundgebung treffen. An der Verhandlungskommission der IG Metall nahmen auch sieben junge Metallerinnen und Metaller aus Betrieben in Berlin und Brandenburg teil – Florian ist einer von ihnen.
Die Berliner Auszubilden der Daimler AG haben eine Sonderstellung im Autokonzern: Sie sind die Einzigen in der Bundesrepublik, die noch keine Anbindung an das Facharbeiter-Eckentgelt haben. „Das spüren wir auch daran, dass unsere Ausbildungsvergütung hinter der in anderen Daimler Werken liegt“, sagt Florian.“ Es ist jetzt an der Zeit, das zu ändern.“ Dabei verlange der Arbeitgeber viel, nämlich Flexibilität und Selbständigkeit: „Darum wohnen viele Azubis auch nicht mehr zu Hause. Aber das Leben in Berlin ist teuer. Deswegen brauchen sie eine gute Ausbildungsvergütung.“  
Auch Tobias Hoheisel, Jugend- und Auszubildendenvertreter bei Bombardier in Hennigsdorf, hat an den Verhandlungen teilgenommen. Er hat die Atmosphäre als sachlich und locker wahrgenommen: „Ich habe den Arbeitgebern von unserer Lebensrealität mit hohen Mieten und Versicherungskosten berichtet. Es wirkte auf mich, als hätten die Arbeitgebervertreter versucht, sich in die Problematik hineinzuversetzen. Ich hoffe, das war nicht nur Show."
Max Hesse von ZF Friedrichshafen in Brandenburg hat darauf hingewiesen, dass die Extra-Verhandlungen für Auszubildende nach den Tarifrunden, die es ohne Eckanbindung gibt, doch nur hohen Stress bedeuten. "Die Arbeitgeber brachten das Argument, seit 2005 sei die Auszubildendenvergütung um 36 Prozent angehoben worden. Das war aber nicht deren Initiative", sagt Max.

In der Verhandlung hatten die Arbeitgeber von mangelnder Flexibilität bei Auszubildenden gesprochen. "Bei mir im Werk gehen viele Bewerbungen auch aus anderen Bundesländern ein", berichtet Vanessa Budnick aus dem Mercedes Werk Ludwigsfelde. "Das zeigt, wie flexibel junge Leute sind. Beispielsweise fährt ein Kollege von mir jeden Tag zwei Stunden von Frankfurt an der Oder zu uns ins Werk, da er sich keine Wohnung in der Nähe unseres Werkes leisten kann."

"Das war heute ein Satz mit X: Nix", resümierte Ilko Vehlow, Verhandlungsführer der IG Metall bei der anschließenden Feier der Auszubildenden vor dem Haus der Wirtschaft in Berlin. Mehrere Dutzend Metallerinnen und Metaller waren gekommen, um die Verhandlungskommission zu stärken und den Ausbildungsstart zu feiern. "Wir sind zwar sehr weit auseinander, aber wir werden es schaffen, in weiteren Verhandlungen ein Ergebnis zu erzielen“, sagte Ilko Vehlow zu den jungen Metallerinnen und Metallern. „Die Arbeitgeber haben mitbekommen, dass ihr Druck in den Betrieben macht und dass Eure Forderungen berechtigt sind."

Hintergrund:
 
Bein den Tarifgesprächen  im Mai hatten VME und IG Metall eine Gesprächsverpflichtung zum Thema der Azubi-Entgelte vereinbart. Die IG Metall fordert eine überproportionale Steigerung der Auszubildenden-Vergütung in Berlin und Brandenburg sowie eine prozentuale Anbindung an das Facharbeiter-Eckentgelt. Die rund 2000 Auszubildenden in Berlin und Brandenburg verdienen bislang rund 25 Euro weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen in Sachsen. In anderen Bundesländern verdienen Azubis meistens noch deutlich mehr.

Von: aw

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