Scheinwerkverträge - versteckte Leiharbeit

Arbeitsgericht zeigt Otis rote Karte

17.07.2016 | So nicht Otis. Der Berliner Aufzugsbauer hat Logistikarbeiten im Lager per Werkverträge an die Rhenus Logistik ausgelagert und damit vor dem Berliner Arbeitsgericht juristischen Schiffbruch erlitten. Die Richter befanden, es handele sich um Scheinwerkverträge, also verdeckte Leiharbeit. Der Betriebsrat kann das Urteil nun jederzeit vollstrecken.

Die Otis-Belegschaft engagierte sich mit den Otis-Hobbits im Februar 2016 für mehr Kollegen - und gegen Werkverträge.

(c) Christian von Polentz/transitfoto.de

Schon im Dezember hatte der Betriebsrat bei Otis gegen das Vorgehen der Geschäftsleitung geklagt. Denn die Auslagerung hatte System. Erst wurden Kantine, Pförtner und EDV-Hotline outgesourct. Im Dezember wendete Otis dann das System der Werkverträge auf die Produktion an. Im Wareneingang arbeiteten fortan neben zehn Otis-Beschäftigten sechs Beschäftigte von Rhenus Logistik.

Dagegen hatte der Betriebsrat vor dem Berliner Arbeitsgericht geklagt. Die Beschäftigten befürchteten, Otis werde Stück für Stück die Produktion über Werkverträge auslagern und den bestehenden Metall-Tarifvertrag damit systematisch aushöhlen. „Dem wollen wir einen Riegeln vorschieben, das Urteil gibt uns Rückenwind“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Dirk Wüstenberg. Otis solle Mitarbeiter einstellen und nicht auslagern, forderten die Beschäftigten.

„Die gute Nachricht ist, dass Gerichte genau hinschauen, wenn Unternehmen wie Otis Arbeit auslagern. Schweinwerkverträge dulden sie nicht“, sagte Damiano Valgolio von der Kanzlei dka Rechtsanwälte/ Fachanwälte, der den Betriebsrat von Otis vor Gericht vertreten hat. Im Fall von Otis waren die Rhenus-Beschäftigten wie ihre Otis-Kollegen in den Betrieb integriert. Dann aber handelt es sich um verdeckte Leiharbeit, entschied das Gericht. „Dafür aber hätte die Geschäftsführung die Zustimmung des Betriebsrates einholen müssen. Das haben sie nicht. Deshalb müssen die Rhenus-Mitarbeiter das Lager räumen, sonst kann es teuer werden“, erklärt Valgolio.

Zwar kann die Geschäftsführung Beschwerde einlegen, aber diese hat im Arbeitsrecht keine aufschiebende Wirkung. Ein schöner Erfolg. „Der lange Atem hat sich lohnt. Und es war nicht klar, ob das Projekt gelingen würde, denn vor Ort im Betrieb gab es viel Gegenwind. Ich freue mich für die Otis-Belegschaft und natürlich für alle Kolleginnen und Kollegen, die sich dafür engagiert haben“, sagt Andreas Buchwald, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Berlin und zuständig für Otis. Möglich wurde dieser Etappensieg, weil die Beschäftigten dem Druck widerstanden haben und gegen Werkverträge mit gelungenen Aktionen aufmerksam machten. Außerdem haben Betriebsrat, IG Metall und das Team der dka Rechtsanwälte eng zusammengearbeitet.

Jetzt steht der nächste Schritt an. Der Otis-Betriebsrat weiß, was seine Beschäftigten wünschen. „Wir wollen bei Werkverträgen mitbestimmen und die Fremdvergabe befristen können“, sagt Dirk Wüstenberg. Denn wenn ein Unternehmen Kompetenzen auslagert, kann das seine wirtschaftliche Zukunft auch aufs Spiel setzen. Sind die Kompetenzen erst einmal aus dem Unternehmen verschwunden, wird es gegenüber Fremdfirmen abhängiger.

Bei Otis arbeiten derzeit deutschlandweit rund 2.300 Beschäftigte. Otis ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der United Technologies Corporation (UTC) und das weltgrößte Unternehmen für Aufzüge, Fahrtreppen und Fahrsteige. Weltweit werden mehr als 1,7 Millionen Otis-Anlagen betrieben und jährlich etwa 100.000 weitere Anlagen verkauft. Das entspricht einem Weltmarkt-Anteil von  etwa 28 Prozent. Das Berliner Werk OTIS ES mit 370 Beschäftigten, fertigt Komponenten für Aufzüge und ist zudem ein weltweites Forschungs- und Entwicklungszentrum. Die OTIS HV beschäftigt 320 Kolleginnen und Kollegen und fungiert als Hauptverwaltung für alle deutschen Otis-Niederlassungen.

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