09.10.2018 | Wer vorzeitig in Rente geht und sich seinen nicht genommenen Urlaub finanziell abgelten lassen wollte, ging bislang häufig leer aus. Ein ehemaliger Mitarbeiter von Francotyp Postalia wollte das nicht gelten lassen und klagte. Das Bundesarbeitsgericht gab ihm nun Recht. Was das Urteil bedeutet, erläutert Ulf Röding, Teamleiter des Berliner Büro der DGB Rechtsschutz GmbH, deren Rechtsschutzsekretärinnen und Rechtsschutzsekretäre den Kläger betreut haben, im Interview.
Worum ging es in dem Verfahren?
Nach 45 Beschäftigungsjahren ist der Kläger vorzeitig in Altersrente gegangen, hatte aber noch Anspruch auf 22 Tage Urlaub. Diese wollte er sich ausbezahlen lassen. Der Arbeitgeber lehnte das mit der Begründung ab, der Urlaubstarifvertrag der IG Metall beziehe sich nur auf die Regelaltersrente, nicht jedoch auf seinen Fall, da er eine Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch genommen habe.
Welche Wirkung geht von diesem Urteil aus?
Wichtig ist zum einen, dass in diesem Fall ein einzelner Kläger sein Recht erstreiten konnte, immerhin ging es um über 7.000 Euro. Zudem wirkt sich das Urteil auch auf andere Beschäftigte positiv aus, denn das Bundesarbeitsgericht hat den Urlaubstarifvertrag im Bezirk Berlin-Brandenburg im Sinne von Beschäftigten ausgelegt und damit einen Präzedenzfall geschaffen.
Wer profitiert davon?
Jeder, der vorzeitig eine Altersrente in Anspruch nimmt und nicht genommene Urlaubstage hat, kann sich auf dieses Urteil berufen, sollte der Arbeitgeber die Bezahlung verweigern.
Ihr habt den Kläger vor Gericht vertreten. Musste er für Eure Leistungen bezahlen?
Der Kläger war in der IG Metall organisiert und genoss darüber die Vorteile des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes. Ohne diesen hätte er es sich zehn Mal überlegt ob er eine Klage anstrengen soll oder nicht. Das Verfahren zog sich über drei Instanzen hinweg von 2016 bis August 2018. Das ist sehr aufwändig, die Kosten kann anfangs niemand beziffern. Gerade deswegen ist es für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sinnvoll, sich in Gewerkschaften wie der IG Metall zu organisieren und damit für den Fall der Fälle abgesichert zu sein.
Gibt es weitere Vorteile?
Ohne anwaltliche Unterstützung hätte der Kläger ein solches Urteil nicht erstreiten können, weil es darin um sehr spezielle Fragen ging. Als Gewerkschafter konnte er auf ein Team aus Rechtsschutzsekretärinnen und Rechtsschutzsekretären zurückgreifen, die sich auf alle juristischen Fragen zu Arbeits- und Tarifverträgen spezialisiert haben. Nur aufgrund dieser Spezialisierung und der fachlichen Kompetenz können wir Urteile erstreiten, die im Sinne der Beschäftigten ausfallen.
Zum Hintergrund:
Die DGB Rechtsschutz GmbH vertritt alle IG Metall-Mitglieder bei Prozessen vor den Arbeits- und Sozialgerichten. Erste Anlaufstelle für Berliner IG Metall-Mitglieder ist die Rechtsberatung im IG Metall-Haus durch die Fachanwälte der dka Kanzlei Rechtsanwälte Fachanwälte.