Ehemalige Leihbeschäftigte bei ATOS:

„Das Leben fühlt sich besser an“

29.10.2018 | Seit 1. Oktober ist die Welt für zehn langjährige Leihbeschäftigte bei ATOS eine andere: Nach vielen Jahren sind sie endlich festangestellt. Weder der Arbeitgeber noch die Stadt Berlin, für die die Kolleginnen und Kollegen jahrelang Knöllchen in Einnahmen verwandelten, haben sich dabei mit Ruhm bekleckert.

Jahrelang gemeinsam für die Festanstellung gekämpft: die Kolleginnen (plus zwei Kollegen) bei ATOS IT

Es ist ein Geschäft, bei dem sich Stadt und privater Dienstleister sicher sein können, dass am Ende für beide Seiten der Rubel rollt. Denn wenn irgendwo in Berlin ein Autofahrer mit Falschparken oder zu hoher Geschwindigkeit gegen die Regeln des Straßenverkehrs verstößt, wird der Gesetzesverstoß irgendwann bei den 25 Beschäftigten von ATOS landen, die aus den Knöllchen von Polizei und Ordnungsamt dann Gebührenbescheide und damit Bares für die Stadt Berlin machen. Ein todsicheres Geschäft: Denn es ist kaum vorstellbar, dass Deutschlands größte Stadt bei steigenden Bewohner- und Kfz-Zahlen in absehbarer Zeit weniger Knöllchen ausstellen wird.

Eigentlich, so könnte man denken, ist es also nicht schwer, in einem so wenig wettbewerbsorientierten Geschäft transparente und faire Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten zu organisieren. Aber bei diesem Firmenteil von ATOS war das nicht so. Jahrelang machten die Beschäftigten exakt das Gleiche, teilten sich Büros und Arbeit und organisierten den Job gemeinsam. Aber während die einen – die einfach früher bei ATOS beschäftigt waren – festangestellt waren und damit sichere Arbeitsplätze und ein sicheres Lebensgefühl hatten, blieben die, die später dazu kamen, weiterhin Leihbeschäftigte und lebten in dem Gefühl, jederzeit vom Arbeitsplatz abberufen werden zu können, einige sogar bis zu vierzehn Jahre lang.

Eine, der es so erging, ist Maria von Malchow (Name von der Redaktion geändert). Im Laufe der Jahre hatten Betriebsrat, Beschäftigte und IG Metall bereits gleiche Bezahlung und gleiche Arbeitszeiten durchsetzen können. Aber eine tatsächliche Gleichstellung mit festem Arbeitsvertrag hatte ATOS ihr und den anderen Leihbeschäftigten verweigert. Seit erstem Oktober ist sie nun wie neun weitere ehemalige Leihbeschäftigte bei ATOS festangestellt: „Das Leben fühlt sich einfach besser an. Ich habe endlich einen normalen Arbeitsvertrag und kann nicht jederzeit vom Leiharbeitgeber versetzt werden“, sagt Maria von Malchow.

Sie fing bereits in den Nuller Jahren an, für die Stadt Berlin Knöllchen zu bearbeiten – damals war der spätere ATOS-Betrieb noch Teil von Siemens und es hieß, bald werde aus dem Leiharbeitsverhältnis ein festes werden. Bis heute und damit vierzehn Jahre hat es dann für Maria von Malchow gedauert, die ihrerseits ihre Arbeit stets gewissenhaft und engagiert erledigt hat.

„Wir Beschäftigten haben nie einen Unterschied zwischen Leih- und Festbeschäftigten gemacht“, sagt Rosemarie Neumann, IG Metall-Mitglied und stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. „Im Gegenteil: Wir haben politischen Druck aufgebaut, damit wir alle gleichbehandelt werden.“ Gemeinsam mit der IG Metall Berlin haben die ATOS-Beschäftigten den Berliner Senat immer wieder daran erinnert, dass er ja Leiharbeit in den eigenen Reihen beschränken wolle, haben den Innensenator besucht und informiert und immer wieder öffentlichen Druck aufgebaut, der bis in die Pariser Konzernzentrale zu hören war. Letztendlich waren sie erfolgreich: Zehn ehemalige Leihbeschäftigte sind nun unbefristet bei ATOS festangestellt. 

Von: ih

Unsere Social Media Kanäle