Die IG Metall vom Betrieb aus denken:

„Das war eine wahnsinnige Leistung“

05.06.2020 | Was lernen wir als IG Metall aus der Corona-Krise? „Viel Gutes“ lautet die Analyse von Mitgliedern des Ortsvorstandes und Berliner Betriebsräten, die sich dazu am Donnerstagabend in der Geschäftsstelle trafen.

Keiner hatte Mitte März einen Plan in der Tasche, als der Corona-Lockdown über ganz Deutschland, die Betriebe und jeden Einzelnen hereinbrach.

Dafür tauchten auf einmal sehr viele Fragen auf: Arbeiten wir weiter? Wie fasst man Betriebsratsbeschlüsse, wenn man sich nicht sehen kann? Welche Mitbestimmungsrechte haben Beschäftigte und Betriebsrat einer Pandemie? Wie geht Homeoffice, was ist mit der Kinderbetreuung? Und überhaupt: Wie schützte ich mich vor Covid 19 – und kann mein Arbeitgeber hundertprozentig garantieren, dass ich unversehrt bleibe, wenn ich arbeiten gehe?

Wie in vielen anderen Betrieben war der Lockdown für die Betriebsräte im Daimler-Werk absoluter Ausnahmezustand. Fevzi Sikar war nicht einen einzigen Tag im Homeoffice. Denn gemeinsam mit der Geschäftsführung und dem Betriebsratsvorsitzenden Michael Rahmel bildete er den Krisenstab im Daimler-Werk, der sich täglich traf. „Wir sind gut durch die Krise gekommen“, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende.

Dabei war der Daimler-Standort in Berlin Marienfelde im Vergleich zu anderen Standorten stärker unter Druck, weil er nach China liefern musste. „Wir hatten nur eine Woche Shutdown und haben dann gleich wieder produziert, wenn auch in Kurzarbeit“, sagt Fevzi Sikar.

Aus der Pandemie lernen
In einem Konzern wie Daimler gibt es auch in der Krise viele Ressourcen. Entscheidende Hinweise dafür, wie sie die Krise bewältigen, haben die Daimler-Kolleginnen aber vor allem auch von der IG Metall bekommen. „Mir hat die Aufbereitung der Corona-Materialien auf der Homepage der Geschäftsstelle sehr gut geholfen. Da habe ich genau die Materialien bekommen, die ich als Betriebsrat in der Krise brauche“, so Fevzi Sikar weiter. „Zum Beispiel den 10 Punkte-Plan vom Vorstand der IG Metall. Den habe ich auch mit unseren Führungskräften diskutiert.“

Der Diskussionsabend zur Krise war Teil von „Die IG Metall vom Betrieb aus denken.“ Es ist das derzeit wichtigste Projekt des IG Metall-Vorstandes und soll sicherstellen, dass die IG Metall auch in Zukunft stark in den Betrieben verankert ist. Dazu gehört auch, aus der Krise zu lernen.

„Wir wollen erfahren, was sich jetzt in der Krise bewährt, aber auch, welche Schwierigkeiten und Herausforderungen auftauchen, welche Grenzen entstanden sind“, sagt Klaus Abel, der ehemalige Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, der das Projekt beim Vorstand leitet. „Das diskutieren wir jetzt bundesweit in Geschäftsstellen, Bezirken und im Vorstand. Nicht zuletzt wollen wir erkunden, welche Lösungen und Ideen in der Krise entstanden sind oder gerade entstehen. Das ist wertvoll für unsere Arbeit."

Die Geschäftsstelle der IG Metall Berlin musste mit Beginn des Lockdowns sofort umswitchen. „Wir haben sehr schnell den Schalter auf Krisenmodus umgelegt“ erzählt Gewerkschaftssekretärin Vanessa Krieg. „Wir hatten eine klare Ziel- und Prioritätensetzung: Uns ging es darum, unsere Betriebsräte mit unserer Kompetenz zu stärken.“

Mitbestimmung schleifen erfolgreich verhindert
Dazu hat die Geschäftsstelle sehr schnell die passenden Informationen wie Mustervereinbarungen oder Gesundheitshinweise besorgt, über die Homepage allen zur Verfügung gestellt und ihre Kommunikation auf digital umgestellt. „Es gab auch Versuche der Arbeitgeber, die Mitbestimmung zu schleifen. Da konnten wir erfolgreich gegensteuern“, sagt Birgit Dietze, die Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. 

Die Maßnahmen der Geschäftsstelle haben sehr gut funktioniert. Das bestätigt auch Lars Papenbrock: „Die Geschäftsstelle stand uns jederzeit mit ihrem ganzen Know-how zur Verfügung, auch außerhalb der normalen Geschäftszeiten. Das war eine wahnsinnige Leistung“, berichtete der Betriebsratsvorsitzende von Gillette in Berlin gestern auf dem Diskussionstreffen über die Krise.

Gillette stellt neue Leute ein
Damit hat auch die IG Metall Berlin dazu beigetragen, dass Gillette in Berlin so gut durch die Krise gekommen ist. „Wir haben nicht einen einzigen Tag geschlossen und hatten auch keine Kurzarbeit. Ganz im Gegenteil: Wir stellen jetzt sogar neue Leute ein“, so Lars Papenbrock weiter.

 

 

 

 

Von: Jörn Breiholz

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