Zweite Tarifverhandlung M&E in Berlin und Brandenburg:

„Die wichtigste Investition in die Zukunft ist die in die Beschäftigten selbst“

23.01.2021 | Am 21. Januar haben die IG Metall und der Arbeitgeberverband VME für Berlin-Brandenburg die Tarifverhandlungen für die rund 110.000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg fortgesetzt.

„Eine weitere Nullrunde ist den Beschäftigten auch deswegen nicht zu vermitteln“: Das Verhandlungsteam der IG Metall mit Bezirksleiterin Birgit Dietze

IG Metall und VME verhandeln die Arbeits- und Tarifbedingungen für 60.000 Beschäftigte in Berlin und 50.000 in Brandenburg. Dabei ist die Situation in den einzelnen Betrieben durchaus unterschiedlich – zahlreiche Unternehmen sind trotz Corona sehr gut ausgelastet:  „Viele betriebliche Kolleginnen und Kollegen haben eindrucksvoll berichtet, dass ihre Betriebe trotz Corona Volllast fahren und sie Sonderschichten machen, um die Aufträge zu erledigen“, sagte Birgit Dietze, IG Metall Bezirksleiterin Berlin-Brandenburg-Sachsen nach der zweiten Tarifrunde. „Eine weitere Nullrunde ist den Beschäftigten auch deswegen nicht zu vermitteln.“

Die Arbeitgeber hingegen haben die von der IG Metall erhobene Forderung nach einem Volumen von 4 Prozent zur Sicherung von Beschäftigung und Einkommen auch in der zweiten Verhandlungsrunde zurückgewiesen.

Arbeitgeber werden ihrer Verantwortung nicht gerecht
„Die heutigen Tarifverhandlungen haben gezeigt, dass die Arbeitgeber ihrer Verantwortung nicht gerecht werden wollen“, sagt Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin. „Sie schieben weiterhin Corona und was immer ihnen in den Sinn kommt vor, um unsere Forderungen schlecht zu reden. Zukunftsthemen wie die Transformation, die Energiewende und mehr stehen nicht erst seit heute auf der Tagesordnung.“

Als „Angebot“ haben die Arbeitgeber ein „automatisches Kostensenkungsprogramm“ vorgeschlagen, das ihnen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Eingriffe in den Flächentarifvertrag erlaubt. Die IG Metall betont die schon heute bestehende Flexibilität des Flächentarifvertrags: „Der Vorschlag der Arbeitgeber ist kurzsichtig. Er gestaltet nicht ansatzweise die Zukunft und das, obwohl beiden Seiten klar ist, dass wir vor großen Zukunftsherausforderungen in der Industrie stehen“, so Birgit Dietze.

Tarifliche Verfahrensregelungen, um Betriebe zukunftsfest zu machen
Die IG Metall schlägt daher verbindliche tarifliche Verfahrensregelungen vor, um die Beschäftigung mit betrieblichen Zukunftstarifverträgen zu sichern und die Betriebe so zukunftsfest zu machen. Nach einer längeren Diskussion waren sich beide Seiten einig, dass es hierzu gemeinsamer Lösungsanstrengungen bedarf. Die Tarifvertragsparteien haben ihre gemeinsame Verantwortung unterstrichen.

Ein weiteres Thema in der zweiten Tarifverhandlung war die Forderung nach einem tariflichen Angleichungsgeld. Es soll die durchschnittliche Entgeltdifferenz ausgleichen, die sich aus der drei Stunden längeren, aber unbezahlten Arbeitszeit in der ostdeutschen gegenüber der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie ergibt. „In Unternehmen mit Standorten in Ost und West ist es nicht nachvollziehbar, warum der Unterschied immer noch besteht“, sagte IG Metall-Bezirksleiterin Dietze. „Die betrieblichen Kolleginnen und Kollegen haben dies in ihren Berichten anschaulich herausgearbeitet und nachdrücklich Schritte in Richtung einer Lösung eingefordert.“

Keine Antworten aus den 70er Jahren
„Um eines ganz klar zu machen: Wir lassen uns mit Antworten aus den 70er Jahren nicht abspeisen“, sagt Jan Otto. „Wir finden auch unter Corona-Bedingungen kreative Formen des Protests und weiterer möglichen Handlungen. Wenn es die Arbeitgeber zu sehr darauf anlegen, werden wir zeigen, dass nicht nur Corona für einen wirtschaftlichen Shutdown sorgen kann. Das kann niemand wollen. Die Arbeitgeber wissen doch selbst, dass die wichtigste Investition in die Zukunft die in die Beschäftigten selbst ist.“

Abschließend hat die IG Metall die Arbeitgeber aufgefordert, gemeinsam mutig die Zukunft zu gestalten. „Wir erwarten, dass sie spätestens in der nächsten Verhandlungsrunde konstruktive Lösungsvorschläge unterbreiten“, sagt Bezirksleiterin Birgit Dietze.

Einen Termin für die dritte Tarifverhandlung werden VME und IG Metall zeitnah vereinbaren. Im Video-Podcast erläutert Birgit Dietze die vier Kernforderungen der IG Metall für die Tarifrunde.

 

Von: Andrea Weingart, Kathryn Kortmann, Jörn Breiholz

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