28.03.2020 | Tausende Unternehmen sichern gerade mit Kurzarbeit Jobs und Einkommen - gemeinsam mit Betriebsräten und IG Metall. Deutschlands Top-Wirtschaftsvertreter, DIHK-Präsident Eric Schweitzer, will zwar Staatshilfe – aber in seinen Unternehmen nichts geben und nichts garantieren.
Wir machen wegen Corona Kurzarbeit – aber wir zahlen Euch keinen Zuschuss dazu. Nicht mal sichere Arbeitsplätze wollen wir Euch zusagen. Wir wollen Euch trotz Kurzarbeit rauswerfen dürfen.
So ungefähr lautet der Vorschlag des Arbeitgebers beim Metallrecycling-Unternehmen Alba Metall Nord in Rostock. Die Betriebsratsvorsitzende Inga Jeglorz (Alba USS) konnte es kaum glauben. Sie schickte der Geschäftsleitung einen Entwurf für eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit. Der Betriebsrat besteht auf einer Aufzahlung zum Kurzarbeitergeld – damit die Beschäftigten mehr Geld erhalten als nur 60 Prozent (67 Prozent mit Kindern) ihres normalen Nettos. Vor allem besteht der Betriebsrat auf den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Denn dazu ist Kurzarbeit schließlich gedacht: zur Sicherung von Arbeitsplätzen in Krisen.
Besonders pikant: Chef der Alba-Group ist Eric Schweitzer, zugleich Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), dem Interessenverband der gewerblichen Wirtschaft. In Interviews fordert er Hilfen von der Politik - und ruft zu Solidarität auf: „Wir sind eine Organisation von Unternehmerinnen und Unternehmern, die das jetzt gemeinsam durchstehen und danach bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen gemeinsam mit Politik und ihren Belegschaften anpacken wollen.“
Zudem betont Schweitzer in der Öffentlichkeit stets, der Alba-Konzern sei ein „Familienunternehmen“, der alles für Familien tue. Doch während Betriebsräte und IG Metall in tausenden anderen Unternehmen Aufzahlungen aufs Kurzarbeitergeld und die Sicherung der Arbeitsplätze vereinbaren, will DIHK-Chef Schweitzers Familienunternehmen nichts geben und nichts garantieren.
Stattdessen fordert die Unternehmensleitung zwar Solidarität in dieser schweren Zeit – doch zugleich legt sie Betriebsräten Daumenschrauben an: Sie sollen auf Aufzahlungen und sichere Arbeitsplätze in der Kurzarbeit verzichten – und unterschreiben. Ansonsten könnte es nicht ausgeschlossen sein, dass befristete Verträge nicht verlängert, Beschäftigte entlassen oder Standorte geschlossen werden müssten.
So heißt es auch in einem Schreiben „der Mitarbeiter“ mit Alba-Briefkopf an den Betriebsrat: „Mit Entsetzen haben wir erfahren, dass ihr eine Betriebsvereinbarung hinsichtlich Kurzarbeit nicht unterschreiben wollt. Unterschriebt, wie vom Arbeitgeber vorgeschlagen! Solltet Ihr das nicht tun, wird es zu Entlassungen und Standortschließungen kommen!“
„Wenn jemand derart darauf besteht, die Sicherung der Arbeitsplätze aus der Vereinbarung zur Kurzarbeit herauszunehmen, liegt die Vermutung nahe, dass ohnehin Entlassungen geplant sind – und Alba dafür nun noch die Hilfen vom Staat bei der Kurzarbeit mitnimmt“, meint Betriebsrätin Inga Jeglorz.
Denn das ärgert die Betriebsräte besonders: Wegen der Corona-Krise schenkt der Staat den Arbeitgebern zur Erleichterung von Kurzarbeit die Sozialversicherungsbeiträge. „Der Arbeitgeber bekommt die Sozialversicherungsbeiträge vom Staat zurück – und deshalb wollen wir auch den Zuschuss zum Kurzarbeitergeld und keine betriebsbedingten Kündigungen für die Beschäftigten“, erklärt Armin Zander von der IG Metall Rostock.
Doch Alba Metall will den Beschäftigten nichts von den Staatshilfen abgeben. Nicht mal einen Fonds für Härtefälle, wie in vielen anderen Betrieben, will Alba einrichten. Viele Schrott-Recyclingbeschäftigte werden ohnehin schon deutlich unter Tarif bezahlt. Ein Verlust von 40 Prozent ihres Einkommens in Kurzarbeit ohne Aufzahlung bedeutet, dass sie unter 1000 Euro netto rutschen. Nicht mal sichere Arbeitsplätze in der Kurzarbeit will Alba garantieren. Selbst Geschäftsleiter vor Ort schütteln den Kopf: Genau dazu ist Kurzarbeit doch da. Aber die Weisung kommt offenbar von ganz oben, vom Oberhaupt der „Familie“.