31.10.2024 | Morgens um 7.45 Uhr waren heute die Kolleginnen und Kollegen von Hettich und später von SKF im Warnstreik auf der Straße. Insgesamt fünf Betriebe sind am dritten Warnstreik-Tag im Warnstreik in der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie. Ab 10.00 Uhr waren in einem zweistündigen Warnstreik Biotronik und Biotronik Corporate Services aufgerufen. Ab 14.00 Uhr folgte der Warnstreik bei Procter & Gamble.
An den ersten beiden Warnstreiktagen waren schon rund 2.000 Metallerinnen und Metaller aus 14 Berliner Betrieben auf der Straße und vor dem Werktor.
„Das ritualisierte Jammern der Arbeitgeber in Tarifrunden bringt uns nicht weiter. Die IG Metall ist immer gesprächsbereit und sieht die betrieblichen Probleme. Allerdings ist die Umsatzrendite 2023 in der Metall- und Elektroindustrie weitergewachsen. Börsennotierte Unternehmen haben im Schnitt eine Nettoumsatzrendite von 6,1 Prozent erwirtschaftet. Wir sollten aufhören, den Wirtschaftsstandort Deutschland kaputtzureden“, sagte Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin. „Unsere Forderung ist angemessen und wird den Beschäftigten helfen, die Wirtschaft im Lande anzukurbeln.“
In vielen Redebeiträgen auf den Warnstreik-Kundgebungen wird deutlich, dass die Kolleginnen und Kollegen nichts von dem Angebot der Arbeitgeber halten. Nicole Hoffmann, Betriebsratsvorsitzende bei SKF fasst es so zusammen: "Wir sind empört über das Angebot der Arbeitgeber. 1,7 Prozent: Das ist ein Witz! Wir hoffen, dass die Arbeitgeberseite in der nächsten Verhandlung ein anständiges Angebot macht. 1,7 Prozent decken nicht unsere Kosten. Wir spüren alle, was alles teurer geworden ist. Und die Energiepreise sind nicht nur bei den Unternehmen gestiegen. Mieten, Strom, Benzin, Lebensmittel: alles wird teurer. Das muss ausgeglichen werden. Auch in schlechten Zeiten hat das Schwächeln der Industrie nicht nur mit Lohnkosten zu tun. Wir stehen zu unserer Forderung von 7 Prozent!"
Die Kolleginnen und Kollegen bei Biotronik berichteten auf der Warnstreik-Kundgebung von Verunsicherungen durch den Arbeitgeber. „Ich bin stolz, dass so viele rausgekommen sind - trotz der Einschüchterung seitens des Arbeitsgebers”, sagte Konstantin Levit, Betriebsratsvorsitzender Biotronik.
Gunther Seegebrecht, Vertrauenskörperleiter bei Biotronik, schilderte die Lage: “Der Arbeitgeber hat enorm zur Verunsicherung beigetragen. Es gab gestern die Ansage, dass Leute sich ausstempeln müssen, bevor sie die Arbeit niederlegen. Ich weiß von einigen Beschäftigten, dass ihnen konkret mit Abmahnungen gedroht wurden, im Falle der Nichtbefolgung des Ausstempelns. Es gab außerdem eine Rundmail an alle Leihbeschäftigte, dass sie nicht streiken dürfen. Das ist ein Skandal!”
Und zur Forderung ergänzte Gunther Seegebrecht: “Im letzten Jahr ist das Unternehmen in eine Schieflage geraten, und wir haben auf 5,2 Prozent verzichtet, in einem Zukunftstarifvertrag. Das ist für uns alle ein wichtiges Thema. Dieser Lohnverzicht schmerzt sehr und hat auch die Leute sehr frustriert, deswegen ist es wichtig, dass wir heute Stärke zeigen und solidarisch für gerechte Löhne kämpfen!”
Bei Procter & Gamble versammelten sich die Beschäftigten ab 14 Uhr vor dem Werkstor. Michael Henke, Vertrauenskörperleiter bei Procter & Gamble, sagte auf der Kundgebung zu den Kolleginnen und Kollegen: „Wir stehen hier, um unserer klaren und wichtigen Forderung nach 7 Prozent und 170 Euro für unsere Auszubildenden Nachdruck zu verleihen. Diese Forderung steht für Anerkennung und für unsere harte Arbeit und unseren unermüdlichen Einsatz. Und gleichzeitig ist sie auch der Ausdruck unseres Unmutes darüber, dass die Mehrarbeit nicht nachlassen will und die Leistungsverdichtung immer weiter zunimmt.“ Und weiter: „Wir haben viel geleistet in den letzten Jahren und uns allen Herausforderungen hier im Werk gestellt. Auch wenn es viele Veränderungen gab, haben wir immer unser Bestes gegeben und versucht, das Beste daraus zu machen."
Auch Lars Papenbrock, Betriebsratsvorsitzender bei Procter & Gamble, bekräftigte die Forderung der IG Metall: "Die Warnstreikwelle bei Gillette Berlin hat begonnen. Wir fordern 7 Prozent mehr Lohn und Gehalt für die Mitarbeitenden hier am Standort und bundesweit. Und wir fordern 170 Euro mehr für die Auszubildenden."
Die IG Metall fordert für die rund 100.000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg sieben Prozent mehr Entgelt und eine überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 170 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Zudem will sie eine soziale Komponente für untere Einkommensgruppen erreichen und die Wahlmöglichkeiten Zeit statt Geld (T-ZUG-Tage) weiterentwickeln.
Berichterstattung:
Tagesspiegel online, 31. Oktober 2024