27.01.2025 | Bei Hach Lange in Berlin dreht sich fast alles um das Wasser. Das Unternehmen mit rund 600 Beschäftigten kümmert sich weltweit um Wasserqualitätsanalysen. Im Interview berichten Özge Karabulut, Jugend- und Auszubildendenvertreterin und Betriebsratsvorsitzender Stephan Möller.
Stephan und Özge, erklärt ihr bitte kurz, was Hach Lange in Berlin macht?
Stephan: Ich habe 1995 nach dem Abitur hier im Betrieb, damals hießen wir noch Dr. Bruno Lange GmbH, meine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Im September bin ich schon 30 Jahre im Unternehmen. Zehn Jahre habe ich im R&D-Bereich gearbeitet, also in der Entwicklungsabteilung und zehn Jahre im Qualitätsmanagement. Nebenbei hatte ich ein BWL-Abendstudium gemacht. Schon seit 2006 bin ich im Betriebsrat, erst als Stellvertreter und dann seit 2010 als Betriebsratsvorsitzender. Seit 2018 arbeite ich freigestellt, denn der Job als globaler Qualitätsmanager und Vorsitz Betriebsrat war nicht zu schaffen.
Würdest Du bitte noch erklären, was genau ihr hier im Unternehmen in Berlin macht?
Stephan: Natürlich sehr gerne. Wir stellen Geräte zur Wasser- und auch Abwasseranalyse her. Beispielsweise in vielen Klärwerken ist unsere Technik im Einsatz und sorgt dafür, dass das Berliner Abwasser, wenn es gereinigt wurde, auch wirklich richtig sauber ist. Dafür bauen und entwickeln wir die komplette Messtechnik hier am Standort in Berlin. Also Displays, Handheldgeräte, aber auch richtig große Analysenschränke, die so die Größe eines großen Kühlschrankes haben, wo dann mit verschiedensten Chemikalien, die wir auch am Standort in Berlin herstellen, das Wasser gemessen und analysiert wird. Beispielsweise können wir Nitrat und Phosphat messen, und alle anderen wichtigen Parameter, die für sauberes Wasser wichtig sind.
Unser Firmengründer, Dr. Bruno Lange, hat am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin geforscht. Bei seiner Arbeit hat er den photoelektrischen Effekt der Selen-Fotozelle entdeckt und mit Hilfe von Halbleitern deren Wirkungsgrad verbessert. Ein Prinzip, das auch heute noch in abgewandelter Form verwendet wird und uns hilft festzustellen, ob das analysierte Wasser sauber ist oder nicht.
Özge, möchtest Du ergänzen?
Gerne! Hach Lange kümmert sich nicht nur um die Wasserqualität, sondern auch um Ausbildung. Ich selbst habe 2021 hier im Unternehmen eine Ausbildung als Industriekauffrau gemacht und diese vor einem Jahr abgeschlossen. Hach Lange bildet nicht nur Industriekaufleute aus, sondern auch Fachkräfte für Lagerlogistik und Elektroniker/-innen für Geräte und Systeme. Und wir wollen unser Angebot an Ausbildungsberufen erweitern. Aber das ist erst 2026, 2027 in Aussicht.
Und wie viele Auszubildende habt ihr im Moment im Unternehmen?
Özge: Moment sind es acht. Wir haben auch verkürzte Ausbildungszeiten, daher variiert es. Und wir haben momentan 10-12 Werkstudierende in allen Funktionsbereichen bei Hach Lange. Es sind deutlich mehr geworden in den letzten Jahren.
Wie ist die Lage bei Euch im Unternehmen? Spürt Ihr die Krise oder habt Ihr noch eine gute Auftragslage?
Stephan: Glücklicherweise tangiert uns die Krise überhaupt nicht. Abwasser oder schmutziges Wasser gibt es auf der ganzen Welt. Jeder dritte Mensch auf der Welt hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Und das ist genau unser Markt. Daher ist unsere Auftragslage sehr gut. Was wir stark spüren, ist das wir Teile unserer Produktionsmaterialen nicht in den Mengen und in den Qualitäten beschaffen können, in denen wir sie eigentlich benötigen.
Wie hängt Ihr mit anderen Unternehmen zusammen?
Stephan: Wir arbeiten mit Zuliefererbetrieben aus der ganzen Welt zusammen: 50 Prozent haben ihren Sitz in Deutschland und die anderen 50 Prozent gliedern sich auf in Europa und Asien. Unsere Produkte entwickeln und designen wir selbst. Die Beschaffung ist nicht immer einfach, bei niedrigen Stückzahlen im Vergleich zur Autoindustrie. Wenn wir kommen und sagen, dass wir ein spezielles Bauteil brauchen, aber nur 500 Stück im Jahr, treffen wir nicht immer auf offene Ohren bei den Lieferanten.
Wie ist die Stimmung in Eurem Unternehmen?
Özge: Ich glaube, Stephan und ich haben einen unterschiedlichen Blick darauf, wie die Stimmung in unserem Unternehmen ist. Ich, als JAV, bekomme eher was von den Azubis und den Werkstudierenden mit. Gerade ist die Stimmung gut.
Letzte Woche hatten wir unsere JAV-Versammlung. Alle waren zufrieden mit dem Tarifergebnis. Ich konnte allen mit einer Tabelle zeigen, wie sich das Plus von 140 Euro ab Januar auswirkt. Klar, die Azubis spüren die hohen Mieten und finden keine Wohnungen, aber die Resonanz zur Tarifrunde war sehr positiv.
Stephan: Die Stimmung bei uns im Unternehmen ist prinzipiell gut. Kurzarbeit oder Stellenabbau kennen die Beschäftigten nicht, gab es auch noch nie. Auch bauen wir stetig Personal auf, um der Auftragslage gerecht zu werden. Wir sehen aber auch, wie schwer es geworden ist, Fachkräfte bzw. qualifiziertes Personal zu finden – und das gilt für alle Einsatzbereiche im Unternehmen.
Dass es ab April nur 2 Prozent Tariferhöhung gibt, wird schon von einigen Beschäftigten kritisiert und es wird nachgefragt, warum es nicht 5 oder 6 Prozent sind. Im Vergleich zum Automobilsektor sind unsere Auftragsbücher voll und wir arbeiten bereits seit Jahrzehnten sehr kosteneffektiv.
Was erwartet Ihr in den nächsten Monaten und Jahren? Ausblick?
Stephan: Natürlich können wir nicht vorhersehen, was kommt. Als Teil eines amerikanischen Konzernes sind wir außerdem sehr gespannt, ob und welche Auswirkungen die Präsidentschaft von Trump in den nächsten Jahren haben wird. Das Thema Zölle für europäische Unternehmen wird immer wieder erwähnt und wir müssen abwarten und sehen, was passiert und welche Auswirkungen damit verbunden sind.
Als Konzern sind wir aber auch global aufgestellt und haben Schwesterfirmen und Produktionsstandorte in Amerika.
Ansonsten sieht es für uns wirklich positiv aus. Wir brauchen uns die nächsten Jahre keine Sorgen machen, denn die Produkte, die wir haben, sind wirklich sehr gut. Wir sind Weltmarktführer in unserem Segment und wie gesagt, schmutziges Wasser wird es immer auf der Erde geben und wir sorgen dafür, dass es sauber wird.
Wobei unterstützt Euch die IG Metall Berlin?
Özge: Die jungen Leute bei Hach, mich miteingeschlossen, sind sehr gut verknüpft mit der IG Metall und in vielen Gremien und Ausschüssen verteilt, in der Jugendbildungsarbeit, Ortsjugendausschuss, im Bezirksjugendausschuss oder auch im Ortsvorstand. Meine Vorgängerin Fabienne Gehrke war auch schon für die Jugend im Ortsvorstand. Jetzt habe ich das gerne übernommen. Unsere Mädels sind sehr gut vernetzt mit der IG Metall Berlin.
Stephan: Die IG Metall ist immer für uns da, wenn wir sie brauchen. Wir haben einen guten Kontakt zu unseren Ansprechpartnern. Wir wissen, dass wir uns Unterstützung holen können, wenn wir sie brauchen. Aber wir wissen auch, diese Hilfe dosiert in Anspruch zu nehmen. Wir versuchen immer zuerst hausintern alles zu regeln und das gelingt uns auch weitestgehend. Wenn wir dann einmal nicht weiterkommen, dann können wir auf die Hilfe der IG Metall bauen, was uns Sicherheit gibt.
Habt Ihr Forderungen an die Politik in Berlin und im Bund?
Özge: Ich suche seit zwei Jahren erfolglos eine Wohnung in Berlin. Das Thema Wohnung und Miete in Berlin ist für viele Azubis sehr schwierig. Unser Unternehmen liegt im Südwesten von Berlin. Einige Azubis haben Glück, dass sie im Umland etwas günstigere Mieten vorfinden. Für die Politik in Berlin finde ich das Thema Wohnen und Miete extrem wichtig und dass das endlich mal in Angriff genommen wird. Es kann nicht sein, dass vor allem Leute, die hier in Berlin geboren und aufgewachsen sind und hier arbeiten, keine Wohnung finden. Deshalb setzen wir uns auch für ein Azubiwerk ein. Es wird Zeit, dass bezahlbare Wohnungen auf den Markt kommen.
Stephan: Berlin ist wahnsinnig teuer geworden. Es fällt schwer, gute und qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen, auch können sich Berufsanfänger kaum die hohen Mieten leisten, was abschreckt nach Berlin zu kommen. Wir brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum, da muss der Senat schnellstens reagieren, sonst verlieren wir als Industriestadt den Anschluss an andere Regionen. Aber ich denke auch Steuerentlastungen für deutsche Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen. In Deutschland zu produzieren, ist teuer und selbst wenn wir für ein sehr hohes Qualitätsmaß stehen, müssen die Produkte auch bezahlbar sein und die Unternehmen entlastet werden.
Die Politik muss wieder lernen, miteinander und enger zusammenzuarbeiten und an einem Strang zu ziehen. Der Mensch sollte im Fokus stehen und die Demokratie im Lande wieder gestärkt werden.
Hach Lange in Berlin
Bei Hach Lange in Zehlendorf entwickeln und produzieren rund 600 Beschäftigte Produkte rund um die Wasseranalyse. Produkte werden weltweit in einer Vielzahl von Labor-, Feld- und Prozessanwendungen sowohl in kommunalen als auch in industriellen Einrichtungen eingesetzt.