05.02.2025 | Bei GE Energy Power Conversion arbeiten in Berlin-Marienfelde rund 500 Beschäftigte auch daran, die Dekarbonisierung voranzutreiben. Zusätzlich sind 80 Kolleginnen an Außenstandorten unterwegs. Nico Augner und Patrick Nowara berichten im Interview von ihrer Arbeit, ihrem Ergänzungstarifvertrag und mehr.
Nico, Du bist Betriebsratsvorsitzender, kannst Du bitte kurz erklären, was ihr bei GE in Marienfelde macht?
Nico: Mit rund 500 Beschäftigten in der Produktion, Engineering und im Service beschäftigten wir uns hier bei GE Energy Power Conversion in Marienfelde mit der Herstellung von Frequenzumrichtern in diversen Leistungsklassen und die Einbringung in die technologischen Prozesse des Kunden nach Kundenwünschen. An unseren Außenstandorten (Essen, Frankfurt a.M. und Hamburg) arbeiten weitere 80 Kolleginnen und Kollegen.
Was ist ein Frequenzumrichter?
Nico: Frequenzumrichter werden da angewendet, wo Energie umgewandelt wird aus elektrischer Energie in Bewegung oder aus Bewegung in elektrische Energie oder von einer elektrischen Energie in eine andere. Die Anwendungsbereiche sind unter anderem Motor- und Getriebeprüfstände in der Auto- und Windkraftindustrie zum Beispiel oder bei der Energieerzeugung und bei Pumpspeicherkraftwerken. Für uns sind auch die Bereiche Netzstabilisierung und große Fracht- und Lastenkräne wichtig.
Patrick, Du bist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und Gesamtbetriebsratsvorsitzender. Möchtest Du ergänzen?
Patrick: Ergänzen würde ich noch die Schacht- und Förderanlagen von Bergwerken und den Bereich Metallwalzwerke. Die Entwicklung, das Engineering, die Fertigung und der Service sind wichtige Bereiche. Wir versuchen, die Kundenwünsche sehr projektbezogen umzusetzen. Jeder Auftrag erfordert einen neuen Ansatz. Die Kollegen/innen entwickeln meist neu, projektieren, setzen zusammen, das geht bis zur Inbetriebnahme durch unsere Serviceabteilung.
Wie ist die Lage bei Euch im Unternehmen? Spürt ihr die Krise?
Nico: In den letzten Jahren hatten wir eine positive Entwicklung, die auch wieder mit starkem personellem Wachstum verbunden ist. Die gefühlte Lage ist erstmal sehr gut. Aber wir sind von anderen Großindustrien abhängig. Daher blicken wir bei der momentanen politischen Situation mit etwas Sorge in die Zukunft. Es braucht verbindliche politische Zusagen, um abschätzen zu können, welche Investitionen von unseren potenziellen Kunden tatsächlich umgesetzt werden oder vielleicht auch eher verschoben oder zurückgehalten werden. Unsere Lage kann sich schnell verändern.
Patrick: In der Regel sind unsere Aufträge Langläufer. Das heißt, man spricht hier über mehrere Jahre und die Investitionen müssen sich auch amortisieren.
Wie steht es um die Transformation bei Euch im Unternehmen?
Nico: Ja, wir wenden längst moderne Arbeitsmethoden an, von der Fertigung durch alle anderen Bereiche und die aktuellen technologischen Entwicklungen, die zur Verfügung stehen, werden natürlich effizient genutzt.
Patrick: Naja, wir sind in einem Energiesektor unterwegs. Insofern ist die Dekarbonisierung bei uns im Unternehmen ein Thema und wir möchten unseren Teil dazu beitragen, dass die Dekarbonisierung vorangetrieben wird. Aber es hängt natürlich von den Kunden ab, ob sie sich auch in die Richtung entwickeln. Wir haben die technischen Lösungen, um sie umzusetzen.
Wie ist die Stimmung in Eurem Unternehmen?
Nico: Gut! Da wir momentan personell weiter wachsen. Wir haben auch eine laufende Ausbildung bei GE. Die Stimmung ist positiv optimistisch.
Welche Berufe bildet ihr aus?
Nico: Wir bilden Fachkräfte für Lagerlogistik sowie Elektroniker für Geräte und Systeme aus. Und wir bieten auch ein duales Studium der Elektrotechnik an. Im Durchschnitt der letzten Jahre sind das ungefähr sechs Ausbildungsplätze pro Jahr.
Was erwartet Ihr in den nächsten Monaten und Jahren?
Nico: Der Ausblick auf die nächsten Jahre ist wie schon erwähnt schwer einzuschätzen.
Wobei unterstützt Euch die IG Metall Berlin?
Patrick: Wir haben vor einigen Jahren mit der IG Metall Berlin einen Ergänzungstarifvertrag ausgehandelt. In dieser Phase stand das Unternehmen unter einem hohen wirtschaftlichen Druck. Wir hatten gerade einen Personalabbau hinter uns, haben aber das Potenzial in den Märkten erkannt. Das Unternehmen brauchte Luft zum Atmen, würde man in unternehmerischem Deutsch sagen.
Wir haben das als Arbeitnehmer gespürt, haben den Kontakt mit der IG Metall aufgebaut und an die Geschäftsführung vermittelt. So kam es dann über den Tarifvertrag BeschBesch zu einem Ergänzungstarifvertrag. Die Beschäftigten haben auf Lohnbestandteile wie Urlaubsgeld und T-ZUG über eine Laufzeit von zwei Jahren verzichtet.
Nico: Heute können wir rückblickend sagen, es war eine Erfolgsgeschichte. Wir haben viel im Unternehmen diskutiert, aber es gab bei einer Mitgliederbefragung ein Votum von 98,8 Prozent für den Ergänzungstarifvertrag. Heute können wir sagen, dass dieser Ergänzungstarifvertrag sich voll ausgezahlt hat für uns Beschäftigte und für den Standort.
Ergänzen möchte ich noch, dass es durch die IG Metall eine gute Vernetzung auf der Konzern- und Gesamtbetriebsratsebene gibt und einen hilfreichen Erfahrungsaustausch mit anderen Berliner Unternehmen.
Was für Forderungen habt Ihr an die Politik in Berlin und im Bund?
Nico: Ein Punkt ist für uns, dass der Fokus auf Bildung und Qualifikation gesetzt werden muss. Wir müssen die Bildung weiter fördern, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Und das meinen wir unabhängig vom Hintergrund der Person. Wir sollten darauf achten, dass Menschen, die geflüchtet sind oder einen Migrationshintergrund haben, schneller für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und gefördert werden. So gibt es eine Chance auf Integration und die Menschen können einen Platz in unserer Gesellschaft finden.
Ein zweiter Punkt: Wir müssen bei Lohnfortzahlung und Arbeitszeit mindestens unsere Standards erhalten. Wenn wir die Diskussion um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder um die Arbeitszeitgesetze sehen, muss klar sein, dass wir in Richtung Politik fordern, diese nicht anzutasten. Beispielsweise sollten endlich einmal die Arbeitszeiten vernünftig erfasst werden, damit alle geleisteten Stunden bezahlt werden.
Der dritte Punkt: Öffentliche Aufträge sollten ausschließlich an tarifgebundene Unternehmen gehen, um die Tarifbindung zu stärken.
Patrick: Mir ist der erste Punkt sehr wichtig: die Ausbildung, denn wir suchen händeringend nach Fachkräften. Ich bin auch der Meinung, dass Menschen, die nicht auf einem geraden Bildungsweg zu einem Abschluss gefunden haben, eine Chance erhalten sollten, über einen zweiten oder dritten Bildungsweg Qualifikationen zu erreichen.
Die aktuelle Diskussion um Migration finde ich beschämend. Wir brauchen Fachkräfte – auch hier im Unternehmen – egal, woher sie kommen. Wir sind ein internationales Unternehmen. Die Qualifikation liegt mir sehr am Herzen in den Schulen und auch in der Ausbildung. Und auch das Thema Inklusion: Wir sollten auch Menschen mit Einschränkungen in unserer leistungsorientierten Welt einen adäquaten, aber gleichberechtigten Arbeitsplatz geben.
Mir ist extrem wichtig, dass unser gesellschaftlicher Zusammenhalt unsere wirtschaftliche Zukunft sichern kann.
GE Energy Power Conversion:
Insgesamt 580 Beschäftigte arbeiten bei GE Energy Power Conversion GmbH, davon 500 Beschäftigte in Berlin-Marienfelde in der Projektabwicklung u.a. im Engineering, der Produktion, und im Service. Sie beschäftigen sich mit der Herstellung von Frequenzumrichtern in diversen Leistungsklassen und der Einbringung in die technologischen Prozesse des Kunden nach Kundenwünschen.