Fünf Minuten zur Berliner Industrie

Gillette - Made in Berlin – Hauptstadt der Klinge: Interview mit Lars Papenbrock, Betriebsratsvorsitzender bei Procter & Gamble

07.02.2025 | Bei Procter & Gamble in Berlin fertigen rund 560 Beschäftigte die Premium Rasiersysteme. Die modernsten Nassrasur-Systemrasierer kommen seit mehr als 90 Jahren aus dem Gillette Werk im Herzen von Tempelhof. Im Interview berichtet Betriebsratsvorsitzender Lars Papenbrock.

Lars Papenbrock, Betriebsratsvorsitzender bei Procter & Gamble - Foto: IG Metall

Lars, Du bist bei Betriebsratsvorsitzender bei Procter & Gamble Gillette. Erzählst Du bitte kurz, was Ihr produziert?

Wir stellen hier am Berliner Standort für Gillette die Nassrasier-Systeme der Marke Fusion, Skinguard, Venus und Gillette Labs her. Seit Jahren sind wir ein Premium-Standort für die Produktion mit viel Innovation, guten neuen Ideen und werden uns auch über die nächsten Jahre in diese Richtung bewegen. Bei uns arbeitet der Großteil der 560 Beschäftigten in der Produktion. Und wir haben auch Kolleginnen und Kollegen in der Entwicklung. Das ist noch ein kleiner Teil der Belegschaft, aber diesen Anteil wollen wir ausbauen. Es wird langfristig notwendig sein, dass wir neue Technologien, sprich Digitalisierung und Automatisierung verstärkt im Berliner Werk einsetzen.

Was beschäftigt Euch momentan im Betriebsrat?

Wir arbeiten gerade daran, den Tarifvertrag Vision 2030 Plus umzusetzen. Aus diesem geht klar hervor, dass der Berliner Standort modernisiert wird, sich langfristig digital und automatisiert entwickeln wird und eine Führungsrolle im Bereich Gillette einnehmen kann. Wir haben Sicherungsmaßnahmen wie Kündigungsschutz, eine Viertagewoche und mehr vereinbart, wir haben eine langfristige Perspektive für die Beschäftigten entwickelt. Große Teile unseres Sicherungsvertrages wurden in die Konzernstrategie übernommen. In der Viertagewoche haben wir eine sogenannte autonome Nachtschicht. Durch die autonome Nachtschicht sind wir im Vergleich zu anderen Produktionsstandorten in der ganzen Welt sehr konkurrenzfähig. Mit dem neuen Schichtmodell wird die individuelle Viertagewoche und weniger Nachtarbeit erreicht. Die Einbringung von neuen Produktionsanlagen ist auch ein gutes und spannendes Thema, das uns beschäftigt.

Lars, wie ist die Lage bei Euch im Unternehmen?

Das Berliner Gillette Werk hat sich in den letzten drei Jahren sehr positiv entwickelt im Vergleich zu anderen Procter & Gamble-Standorten, die Klingen produzieren. Uns ist es gelungen, durch unseren Sicherungsvertrag den Standort an die Spitze der Klingenproduktion zu bewegen. Jetzt geht es darum, die Position des führenden Klingenstandorts auszubauen und zu halten. Wir haben ausreichend Arbeit für die Beschäftigten, unsere Mengenplanung ist stabil und könnte mit Gillette Labs noch weiter steigen.

Was erwartet Ihr in den nächsten Monaten und Jahren? Ausblick?

Wir erwarten auf jeden Fall, dass in den nächsten Jahren die Berufsausbildung bei uns im Betrieb weiter ausgebaut wird, damit der Bedarf an Fachkräften selbstständig gedeckt werden kann.

Wobei unterstützt Euch die IG Metall Berlin?

Die IG Metall Berlin hat uns bei allen tarifvertraglichen Verhandlungen unterstützt, seit 2014, da ging es los mit den Sicherungsverträgen. Und natürlich ist die gute Vernetzung der Betriebsräte in Industriebetriebe in Berlin wichtig und der Weg über die Gewerkschaft in die Politik.

Was für Forderungen habt Ihr an die Politik in Berlin und im Bund?

An die Berliner Politik adressiere ich als Ortvorstandsmitglied der IG Metall Berlin das Thema Denkmalschutz. Die Beschränkungen durch den Denkmalschutz bewirken oft, dass unsere Prozesse bei Bedarf zu langsam sind und hohe Kosten hervorrufen. Wir sind im internationalen Wettbewerb unterwegs. Andere Unternehmen bauen die Werke neu auf der grünen Wiese und wir sitzen in einem älteren Gebäude und sorgen uns, dass wir Arbeitsplätze verlieren, wenn der Denkmalschutz ein Problem für uns wird.

Eine weitere Forderung ist, Flächen für Industrieansiedlungen bereit zu stellen und der Schutz von vorhandenen Industrieflächen. Industriebetriebe haben in Berlin immer zum Stadtbild gehört und damit verbundene industrielle Arbeitsplätze im Stadtkern. So sollte es auch in Zukunft sein. Hier brauchen wir eine klare Unterstützung des Berliner Senats.

In Richtung Bundespolitik würde ich es begrüßen, wenn die Arbeitnehmer/-innen mehr Steuervorteile bei jeglicher Mehrarbeit bekommen würden. Und auch Steuerfreibeträge für Schichtzuschläge müssten zeitlich ausgeweitet werden, damit die Kolleginnen und Kollegen in Schichtarbeit am Ende des Monats mehr Netto haben.

Ein weiteres Thema an die Bundespolitik ist in meinen Augen der Strompreis. Wir brauchen einen gedeckelten Industriestrompreis. Und wir brauchen bessere Planungssicherheit für Industriestandorte in Bezug auf die Energieversorgung. Mit dem dringenden Netzausbau werden die Netzentgelte in den nächsten Jahren enorm steigen. Wir brauchen auch hier staatliche Lösungen. Die Stromsteuer sollte zudem dauerhaft auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Davon profitieren auch kleinere und mittlere Unternehmen sowie Verbraucher/-innen.

Procter & Gamble:

Rund 560 Beschäftigte fertigen bei Procter & Gamble in Berlin Premium Rasiersysteme. Die modernsten Nassrasur-Systemrasierer kommen seit mehr als 90 Jahren aus dem Gillette Werk im Herzen von Tempelhof. Und ein kleiner Teil der Belegschaft arbeitet in der Entwicklung.

Von: Andrea Weingart

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