12.06.2025 | Trotz wirtschaftlichem Erfolg plant Knorr-Bremse die Verlagerung seiner Berliner Tochter Hasse & Wrede nach Tschechien – zum Unverständnis der Belegschaft. Diese leistet Widerstand und zeigt: Diese Arbeitsplatze sind nicht kampflos aufzugeben.
Das Knorr-Bremse-Management im fernen Süddeutschland hatte vor einigen Monaten beschlossen, die sehr gut laufende Tochter Hasse & Wrede nach Tschechien zu verlagern. Bereits 2017 hatte Knorr-Bremse eine Verlagerung versucht, scheiterte aber am Ende am Widerstand der Belegschaft und am Mangel an geeigneten Fachkräften vor Ort in Tschechien.
Wirtschaftlich kann diese Zerstörung guter Berliner Industriearbeitsplätze nicht begründet werden. Denn der Betrieb liefert schwarze Zahlen, und zwar satt: rund 13 % Plus vor Steuern. Allerdings könnten es, so die Führung in München, ruhig noch 2-3 Prozent mehr sein. Dies erhofft sich das Unternehmen mit der Verlagerung nach Liberec, wo die Lohnkosten etwas niedriger ausfallen als in Berlin.
Allerdings warnen bereits Kenner der Materie, dass der Neuaufbau in Tschechien nach hinten losgehen könnte. Insider sagen, hier handele es sich um einsame technokratische Entscheidungen. Man brauche für die komplexen Schwingungsdämpfer (Nutzfahrzeuge) aus Marzahn bei den nahtlos gestalteten und hocheffizienten Prozessen eine eingeübte und durchtrainierte Belegschaft. Dies lässt sich im Zielort der Verlagerung nicht schnell organisieren, vielleicht sogar nie. Überstarke Fluktuationen der Belegschaften in der Liberecer Industrieregion sind seit Langem bekannt. Zahlt ein Nachbarunternehmen etwas mehr, wandern die Beschäftigten sofort ab und der Anlernprozess beginnt von vorn – und das in Größenordnungen. Aus diesem Grunde zweifeln Beobachter als auch Insider daran, dass die Qualität der wichtigen LKW-Teile in Zukunft überhaupt gewährleistet werden kann. Scania, MAN oder Mercedes als OEM-Hauptkunden dürften nicht besonders erfreut über dieses auf sie zukommende Risiko reagieren.
Anders in Berlin. Hier spielt die Mannschaft verlässlich zusammen und steht für Qualität im Nutzfahrzeuggeschäft. Ebenso die Voraussetzungen dafür: gute und sichere Arbeitsplätze, die die Beschäftigten im Marzahner Werk zu intelligenter und komplexer Zusammenarbeit motivieren. Gesellschaftliche Stabilität vor Ort schafft erst die benötigte Produktivität – gerade unter Bedingungen der just-in-time-Lieferbeziehungen. Das Unternehmen schlägt den Rückwärtsgang ein.
Am 6. Juni 2025 fanden erneut Verhandlungen für einen vom Unternehmen geforderten Interessenausgleich statt. Die Beschäftigten wissen was zu tun ist. Sie demonstrierten direkt vor den Fenstern des Verhandlungsortes und riefen "Wir sind der Dämpfer für Knorr-Bremse". Dies ist konkretes erstes Aufwärmtraining für die Belegschaft. Gespannt sein darf man auf die nächsten Aktionen der komplett in der IG Metall organisierten Belegschaft. Allen ist klar: Dies sind unsere Arbeitsplätze und ohne Not geben wir sie nicht her. Auch das ist Demokratie, wenn einsame Führungsentscheidungen von unten korrigiert werden müssen.
Berichterstattung:
IG Metall Berlin, 16. Mai 2025, Werkschließung bedroht weiterhin Belegschaft von Hasse & Wrede
IG Metall Berlin, 27. März 2025, Trotz Rekordumsatz: Knorr-Bremse kündigt Schließung von Hasse & Wrede in Berlin an