Nachhaltiges Wirtschaften geht anders:

IG Metall lehnt Osram-Übernahme durch Ams ab

16.09.2019 | Das Kapitalmarkt-Geschacher um die Übernahme von Osram gefährdet Standorte und Arbeitsplätze beim Traditionsunternehmen Osram. Die IG Metall und der Konzerngesamtbetriebsrat der Osram AG lehnen daher die vom österreichischen Unternehmen AMS angestrebte Übernahme von Osram ab. Auch die 700 Berliner Beschäftigten könnten von den Änderungen betroffen sein.

In die Zukunft geht es nur mit, nicht gegen die Beschäftigten

Thomas Wetzel, Vorsitzender des Osram-Gesamtbetriebsrates und Betriebsratsvorsitzender bei Osram in Berlin "Wir lehnen eine Übernahme von Osram durch Ams ab"

Ams hat angekündigt, 120 Millionen Euro Personalkosten jährlich einzusparen, indem sie Beschäftigte entlassen. Wesentliche Teile des Münchner Stammsitzes sollen aufgelöst werden, Ams will die Digitalsparte von Osram verkaufen und Osram damit de facto zerschlagen.

„Vertrauensbildung als neuer Investor geht anders“, sagt Thomas Wetzel, Vorsitzender des Osram-Gesamtbetriebsrates und Betriebsratsvorsitzender bei Osram in Berlin. Er kritisiert, dass Ams nicht bereit war, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen: “Die angekündigten jährlichen Synergien laufen auf Entlassungen hinaus. Eine Standortsicherung verliert unter diesen Vorzeichen an Wert. Wir lehnen eine Übernahme von Osram durch Ams daher ab.“

Thomas Wetzel kündigt baldige Betriebsversammlungen an allen Standorten an, um die Beschäftigten zu informieren und auf die aktuelle Situation einzuschwören. IG Metall und Betriebsrat unterstreichen, dass der von Ams geplante Personalabbau nicht so einfach vonstattengehen würde.

„Osram hat großes Potenzial und steht für Zukunft. Deshalb brauchen wir jetzt Zeit und Übergänge statt finanzmarktgetriebene Bieterkämpfe“, sagte Irene Schulz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Sie kritisiert weiter: „Das Geschacher am Finanzmarkt droht tariflich gut bezahlte Industriearbeitsplätze zu vernichten. Osram ist die Nummer Eins bei Auto- und Sensorlicht und auf dem Weg, weitere Innovationen zu entwickeln. Unseren Vorschlag, einen ‚Merger of Equals‘ zu prüfen, hat Ams zurückgewiesen. Hierdurch hätten die Milliarden zur Übernahme stattdessen in die Weiterentwicklung des Geschäfts investiert werden können. Wir lehnen eine Übernahme von Osram durch Ams ab und empfehlen den Aktionären, ihre Aktien nicht Ams anzudienen.“

6,4 Milliarden Euro Schulden: Übernahme bedroht beide Unternehmen

Dazu hat die IG Metall Kontakt zur Allianz als Lead-Investor von Osram aufgenommen und darum gebeten, Ams keine Aktien anzudienen, um die Zukunft von Osram nicht zu gefährden. Zudem wirbt die IG Metall bei Siemens-Aktionären, die viele Osram-Aktien in Streubesitz besitzen, für das gleiche Vorgehen.

IG Metall und Betriebsrat bekräftigen ihre starken Zweifel an einer erfolgreichen Übernahme durch Ams aufgrund der hohen Verschuldung, die Ams dem gemeinsamen Unternehmen und damit auch Osram aufbürden würde, sowie der fehlenden Integrationserfahrung von Ams. Ams will die Übernahme durch Kredite finanzieren und würde somit eine Bruttoverschuldung von 6,4 Milliarden Euro ins Unternehmen einbringen. Das bedroht den Fortbestand beider Unternehmen.

Ams will 17.000 Patente nach Singapur verlegen

Ein zusätzliches Risiko ist, dass Osram ein industriestrategischer Akteur in den Bereichen Hochtechnologie und sicherheitsrelevante Produkte ist. Ams plant, die über 17.000 Patente von Osram nach Singapur zu verlagern und das Unternehmen von Österreich aus zu steuern. Eine Investitionsprüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium ist daher wahrscheinlich und bedeutet ein beträchtliches Transaktionsrisiko für alle Beteiligten. Eine Rückabwicklung, wie sie durch das Bundeswirtschaftsministerium angeordnet werden kann, wäre für Osram insgesamt, besonders aber für Arbeitsplätze und Investitionen, eine große Belastung.

In diesem Zusammenhang fordert die IG Metall alle Bieter auf, bereits im Vorfeld alle Informationen über Verlagerungsabsichten, die Finanzierung ihrer Angebote, auch von allen Hintermännern, sowie die Zukunftspläne gegenüber dem Bundeswirtschaftsministerium offenzulegen und sich vorab um eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu bemühen, damit das Unternehmen gar nicht erst diesem Risiko ausgesetzt wird.

"Osram hat weltweit 24.000 motivierte Kolleginnen und Kollegen, davon ein Viertel in Deutschland“ erläutert Irene Weininger, Vorsitzende des Osram-Konzernbetriebsrates. „Jetzt will Ams, das nur ein Drittel der Größe von Osram hat, unser Traditionsunternehmen übernehmen, um sich einzelne Unternehmensbereiche einzuverleiben und die übrigen Bereiche in eine mehr als unsichere Zukunft zu führen. Uns empört, dass Ams ohne eine wirklich detaillierte Kenntnis der Strukturen und Komplexität von Osram bereits einen Stellenabbau ankündigt. Dieses Vorgehen schafft kein Vertrauen, sondern führt zu Verunsicherung und Misstrauen bei unseren Beschäftigten. Schlüsselpersonen verlassen bereits das Unternehmen.“

 

Von: IG Metall

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