Rechtsberatung

Interview mit Rechtsanwalt Damiano Valgolio

30.07.2014 | Berlin - Rund 300 Rechtsberatungen werden in einem Quartal in Berlin für IG Metall Mitglieder durchgeführt. Rechtsanwalt Damiano Valgolio arbeitet im Team der auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwältinnen und Anwälte des Rechtsberatungsteams. Hier ein ausführliches Interview.

Wie viele Kolleginnen und Kollegen aus Eurer Kanzlei beraten die IG Metall Mitglieder in Berlin?

Damiano Valgolio: Gemeinsam mit Lukas Middel, Anne Weidner, Sandra Kunze und Lutz Seybold aus der Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte beraten wir in Berlin die IG Metall-Mitglieder. Kommt es zu Rechtsstreitigkeiten, werden die Mitglieder vom DGB Rechtsschutz vor Gericht vertreten. Aber wir lösen auch den ein oder anderen Fall außergerichtlich.

Gibt es einen aktuellen Fall, den ihr außergerichtlich lösen konntet?

Damiano Valgolio: Zum Beispiel bei Zeugnisstreitigkeiten können wir oft direkt mit dem Arbeitgeber eine vernünftige Lösung vereinbaren. Oder in dem Fall eines Kollegen, der für den Schaden an seinem Dienstwagen zahlen sollte, was unzulässig war. Die Reparaturkosten waren einfach vom Gehalt abgezogen worden. Da hat ein deutlicher Brief von uns genügt, damit das einbehaltene Geld nachgezahlt wurde. Es gibt Unternehmen, die es bewusst mit dem Recht nicht so genau nehmen. Sie gehen davon aus, dass sich die meisten Arbeitnehmer ohnehin nicht wehren. In solchen Fällen reicht es oft, wenn wir uns melden und weitere Schritte androhen.

Um welche Themen geht es vor allem in der Rechtsberatung?

Damiano Valgolio: Viele Fragen drehen sich um Lohn- und Gehaltszahlungen oder Versetzungen. Die Einhaltung von Ausschlussfristen ist in Beratungen oft Thema und die genaue Berechnung der nicht gezahlten Entgeltbeträge oder Zuschläge. Immer wieder kommen auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer zu uns. Bei ihnen geht es um die Branchenzuschläge und die Besonderheiten der Leiharbeit.

Aber in unseren Beratungen beantworten wir auch viele Fragen zu Kündigungen, Abmahnungen und dem Wunsch von Arbeitgebern, Aufhebungsverträge mit den Mitgliedern abzuschließen. Gerade dann, wenn es um die Beendigung eines Arbeitsvertrages geht, befindet sich ein Mitglied in einer existentiellen Ausnahmesituation. Das müssen wir bei der Beratung berücksichtigen.

Wie viele Beratungen finden im Quartal statt?

Damiano Valgolio: Im Schnitt führen wir 300 Rechtsberatungen im Quartal durch – also rund 1.200 im Jahr. Die Tendenz: ansteigend.

Damit wir gut beraten können, sind häufig auch Zuarbeiten der Mitglieder erforderlich. Beim Thema Eingruppierung beispielsweise muss die Tätigkeit acht bis zwölf Wochen an jedem Arbeitstag möglichst genau dokumentiert werden. Dann können wir den Sachverhalt bewerten und gegebenenfalls auch einen Höhergruppierungsanspruch durchzusetzen. Wenn sich Arbeiten regelmäßig im Wochen- oder im Zwei-Wochen-Rhythmus wiederholen, reicht auch ein kürzerer Zeitraum der Dokumentation aus.

Welche Vorbereitungen sind für Euch Anwälte von Seiten unserer Mitglieder für einen Beratungstermin wichtig?

Damiano Valgolio: Es ist immer wichtig, wenn die Mitglieder ihren Arbeitsvertrag und vorhandenen Schriftwechsel mitbringen. Es hilft auch, wenn die Mitglieder Gesprächsprotokolle und schriftliche Vermerke über konkrete Vorgänge und Gespräche anfertigen, die in der Vergangenheit liegen. Die chronologische Darstellung eines Sachverhaltes und die dazugehörigen Papiere sollten in einer geordneten Form mitgebracht werden. Wenn es um konkrete Forderungen geht, sollten die Mitglieder die genaue Summe bereits vor der Beratung ausrechnen.

Funktioniert das Konzept der Rechtsberatung aus Eurer Sicht?

Damiano Valgolio: Ja, wir beraten die Mitglieder auf einem sehr hohen Niveau. Durch die enge Zusammenarbeit mit der IG Metall und mit den Gewerkschaftssekretären, Betriebsräten und Mitgliedern sind wir sehr nah dran. Dieser direkte Draht in den Betrieb hilft uns oft - und vor allem unseren Mitgliedern. Wir haben Informationen und Kontakte, die externe Anwälte normalerweise nicht haben. Dadurch können wir - auch gemeinsam mit den Betriebsräten - häufig pragmatische Lösungen für die Probleme der Mitglieder finden und durchsetzen. Übrigens sind auch in manchen Personalabteilungen unsere Namen und unsere Arbeitsweise inzwischen bekannt, das hilft manchmal. Und nicht zuletzt ist es für uns Anwälte wichtig, zu wissen, was in den Betrieben passiert und welche konkreten Probleme und Herausforderungen die Mitglieder und Betriebsräte zu bewältigen haben. Denn häufig schulen und beraten wir auch die Betriebsräte.

Wie helft ihr üblicherweise weiter?

Damiano Valgolio: Die meisten Fälle lassen sich dadurch lösen, dass ein konkreter Entgeltbetrag geltend gemacht wird und der Arbeitgeber dann ganz oder teilweise diesen Betrag zahlt. Ansonsten formulieren wir gemeinsam mit den Mitgliedern eine Gegendarstellung, wenn eine Abmahnung ausgesprochen wurde oder erheben eine Kündigungsschutzklage. Wenn sich eine gütliche Einigung mit dem Arbeitgeber nicht herbeiführen lässt, bereiten wir die Klage durch die DGB Rechtsschutz GmbH vor und geben bei Klagereife die Angelegenheit an die DGB Rechtsschutz GmbH ab. Dort werden dann die Mitglieder von sehr guten Prozessanwältinnen und Prozessanwälten direkt vor dem Arbeitsgericht vertreten.

Gibt es Beispiele für Themen, Fragen, die besser schon im Vorfeld beantwortet werden können?

Damiano Valgolio: Ein Kontakt mit dem Betriebsrat im Betrieb ist aus unserer Sicht sehr sinnvoll. Viele Dinge lassen sich bereits im Vorfeld mit dem Betriebsrat klären. Oft fehlen den Mitgliedern bestimmte Informationen zu betrieblichen Vorgängen. Unsere Beratung wird effizienter und schneller, wenn wir Informationen – aufgrund von Gesprächen mit Abteilungsleiter, Betriebsrat und mehr - schriftlich aufbereitet vorgelegt bekommen: Gesprächsprotokolle, schriftliche Vermerke etc. Das gelingt natürlich nicht immer, aber die Beratung kann dann ganz punktgenau und zeitsparend erfolgen.

Wie häufig kommt es nach einer Beratung zu einem Rechtsstreit?

Damiano Valgolio: In rund 10 bis 15 Prozent der Fälle kommt es zu einem Rechtsstreit, da eine gütliche Einigung nicht möglich ist. Wenn eine Kündigung ausgesprochen wurde, wird regelmäßig Kündigungsschutzklage erhoben, da hier eine außergerichtliche Einigung im Vorfeld der Erhebung der Kündigungsschutzklage die ganz seltene Ausnahme ist. In allen anderen Fällen ist eine gütliche Einigung sehr viel wahrscheinlicher und auch zahlenmäßig sehr viel häufiger.

Rechtsanwalt Damiano Valgolio aus der Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte vertritt Arbeitnehmer und Betriebsräte. Er ist seit 2012 im Team der Rechtsberatung für die IG Metall Berlin tätig. Die Kanzlei dka | Rechtsanwälte und Fachanwälte - ein Zusammenschluss von 16 Rechts- und Fachanwälten und -anwältinnen, die in den Themengebieten Arbeitsrecht, Sozialrecht, Öffentliches Recht und Strafrecht spezialisiert sind. Diese Kanzlei vertritt im Arbeitsrecht ausschließlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Interessenvertretungen (Betriebs- und Personalräte, Mitarbeitervertretungen im kirchlichen Bereich) und Gewerkschaften.

Von: aw

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