Kein stumpfes Sparen, stattdessen:

Know-how sichern, Standort Berlin entwickeln!

29.04.2018 | Die Berliner GE-Beschäftigten wehren sich gegen den geplanten massiven Stellenabbau - mit einer Berliner Erklärung zur Beschäftigungssicherung und gemeinsamen Aktionen mit den anderen GE-Standorten in Deutschland.

Sechzehn Jahre lang stand ein Mann an der Spitze von GE: Jeffrey Immelt. Der konnte sich zu Beginn seiner  Amtszeit rühmen, Chef des teuersten Unternehmens der Welt zu sein. Unter der Führung von Immelt schrumpfte jedoch der Unternehmenswert um mehr als 150 Milliarden US-Dollar oder rund 30 Prozent, während die Mitbewerber im S&P 500 Industrial um 134 Prozent zulegten. Seit dem Rücktritt Immelts im Oktober 2017 ging es für die Aktien von GE um weitere 40 Prozent nach unten.
Ein mieser Abgang des Vorgängers also – und ein schlechter Start für seinen Nachfolger John Flannery. Der gilt als harter Hund im Unternehmen. Mit radikalen Sparmaßnahmen im GE Gesundheitsbereich hat sich Flannery für den Chefposten qualifiziert. Aufgrund der miesen Zahlen wird Flannery nun auch als GE-Chef handeln. Gleich drei hochrangige Manager hat er jüngst gekündigt – und verkündet, bis Ende 2018 über das bereits verkündete Sparziel von zwei Milliarden US-Dollar hinausgehen zu wollen. Von den Kahlschlägen eines John Flannery könnte auch Berlin nicht verschont bleiben.

Pankow: Beschäftigte gehen
GE hat an allen drei Berliner Standorten in den vergangenen Jahren Personal abgebaut, etwa am Standort Pankow, wo die Restrukturierung Anfang 2016 bereits eine hohe Anzahl von Arbeitsplätzen gekostet hat. Schon jetzt sind mehr Beschäftigte gegangen, als es der im Interessensausgleich vereinbarte Personalstamm vorgesehen hat. Zumindest aber konnte die Belegschaft in Pankow die mit der Restrukturierung geplanten Kündigungen mit Altersteilzeit auffangen. Auch in Pankow geht der Abbau weiter: 2018 soll ein Drittel der Mitarbeiter in die neue weltweit operierende GE-Firma Fieldcore überführt werden. Hinzu kommt: Seit Abschluss des Interessenausgleiches und des Sozialplans aus dem Februar 2017 liegt kein funktionierendes Konzept für den Service an Dampfkraftwerken vor. Auch der im aktuellen Interessenausgleich zugesicherte Personalstamm ist noch nicht wieder aufgefüllt. „Kundenprojekte werden wegen fehlender Kapazitäten und schlechter Prozesse nur ungenügend abgewickelt“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Toralf Brandt. „Nur das hohe Engagement und Know-How der Mitarbeiter sichert die Qualität unserer Produkte.“ Die aktuellen Planungen des Unternehmens kommen einem vernichtenden Schlag gegen den wichtigsten Ingenieur-Standort des Service in Mannheim, Stuttgart und der Schweiz gleich. Sollte dieses so passieren ist, das gleichzusetzen mit dem Verlust der wichtigsten internen Kunden des Pankower Standortes. Dieses dürfen wir nicht zulassen.

Marienfelde: Den Standort mit neuer Organisationsstruktur stärken
Seit GE das Werk 2011 übernommen hat, geht es Schlag auf Schlag. Das Management verlagerte das erfolgreiche Mittelspannungsgeschäft nach Frankreich und rasierte das wichtige Anlagen- und Systemgeschäft.
2015 baute das Management zunächst zehn Prozent der Arbeitsplätze ab – um dann 2017 gleich 139 Kollegen und damit jeden Fünften nach Hause zu schicken. Begründung diesmal: Solar- und Windumrichter wolle man nun in Indien und China fertigen, Engineering, Entwicklung und Service gleich mitkürzen. „Trotz all dieser aus unserer Sicht wenig durchdachten Konzepte haben wir uns als Betriebsrat immer konstruktiv verhalten und gute Lösungen ohne betriebsbedingte Kündigungen für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen finden können“, sagt Martin Ruess, Betriebsratsvorsitzender in Marienfelde. „Nun ist das Management gefordert, mit der Umsetzung der seit April gültigen neuen Organisationsstruktur den Standort zu stabilisieren und mit einem Zukunftskonzept das Geschäft wieder stärker auf kundenorientierte Systemlösungen im Segment Industrie auszurichten. Die damit verbundene Dezentralisierung von Entscheidungsbefugnissen zugunsten der Ländergesellschaften bietet dazu gute Perspektiven. Der geplante Abbau von 500 Arbeitsplätzen und die Schließung der Fertigung stehen dazu im Widerspruch und müssen endlich vom Tisch.“

Neukölln: Strategische Ausrichtung nicht erkennbar
Auch die Netzexperten der ehemaligen Alstom Grid in Neukölln sind verunsichert und fühlen sich nicht mitgenommen. Die weitreichenden Strukturveränderungen wirken sich negativ auf Auftragseingang und Geschäftsentwicklung aus. „Auch deswegen haben wir bei uns viel Know-How und Kundenzugänge verloren. Zahlreiche Leistungsträger haben uns aus Frustration bereits verlassen“, sagt Gunnar Röhr, der Betriebsratsvorsitzende. Strategie? Fehlanzeige: „Eine strategische Ausrichtung des Konzerns für die weitere Entwicklung der ehemaligen Alstom-Bereiche ist nicht erkennbar.“

IG Metall Berlin: GE soll Zukunftsperspektive bieten
Die Betriebsräte aller drei GE-Standorte fordern daher ein Ende des Ausblutens von Know-How und Beschäftigung. „Die Energiesparte ist mit fast 100.000 Beschäftigten weltweit die wichtigste Geschäftseinheit von GE und eine zukunftsträchtige Einkommensquelle. Denn der Energiebedarf wird weltweit weiter steigen“, sagt Andreas Buchwald von der IG Metall Berlin. „Wenn GE ein weiteres Ausbluten seines Know-hows verhindern will, sollte die Unternehmensspitze der Belegschaft signalisieren, dass GE ihnen eine Zukunftsperspektive bieten will.“

 

Die GE-Betriebsräte fordern:
•    eine Beschäftigungssicherung für alle Standorte
•    den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen
•    eine Standortsicherung der deutschen Standorte
•    eine Zukunftsstrategie für das Unternehmen, um die Standorte zu sichern und zu entwickeln

Für Pankow:
•    Investitionen in die Standortsicherheit und die Infrastruktur
•    Erhalt der Einheit von Verkauf, Fertigung und Fieldservice am Standort
•    Unterstützung der Strategie des Standortes durch eine planbare Energiepolitik sowohl auf Landes als auch auf Bundesebene

Für Marienfelde:
•    Rücknahme der Personalabbaupläne
•    Keine Schließung der Fertigung
•    Ein Zukunftskonzept mit Entwicklung, Engineering, Fertigung und Service – ohne betriebsbedingte Kündigungen.
•    Eine nachhaltige Investitionsstrategie

Für Neukölln:
•    Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit im Energieübertragungsmarkt durch Fokussierung auf unsere Kernkompetenzen
•    Strategische Erschließung neuer Geschäftsfelder durch Entwicklungen von marktfähigen Produkten und Stärkung des Vertriebes
•    Kritische Überprüfung der Strukturen und Anpassung an die Bedingungen des lokalen Marktes

Die Berliner Erklärung der IG Metall-Betriebsräte bei General Electric:
Wir sind General Electric Berlin. Wir sind Exzellenz in Sachen Energie. Wir wollen ein starker Berliner GE-Standort bleiben. Wir Berliner GE-Beschäftigte können Schiffsantriebe, Windparks und Umspannwerke. Wir bauen Antriebe in Walzwerken, Turbogeneratoren und Windkraftanlagen. Wir reparieren auf bis zu sechzehn Meter langen Drehbänken und mit neunzehn Meter langen Wuchtanlagen. Wir verteilen den erzeugten Strom mit Hochspannungsanlagen – egal ob regenerativ oder fossil erzeugt, ob Off- oder Onshore. Wir haben in Berlin weit über tausend hoch qualifizierte Beschäftigte, die für Exzellenz in Sachen Energieerzeugung, Effizienz und Energienetze stehen. Mit unseren drei Standorten haben wir Berliner Unternehmensgeschichte geschrieben. Wir stehen für Berliner Weltspitze in der Metall- und Elektroindustrie. Wir liefern erstklassige Produkte zu marktfähigen Preisen. So schaffen wir Mehrwert für GE als weltweit operierenden Konzern und verdienen damit das Geld, das wir für uns und unsere Familien benötigen. Und auch wenn das Management in den vergangenen Jahren den Konzern als Ganzen mit falschen Konzepten und schlechter Umsetzung in die Krise führte und auch an unseren Standorten Fehler machte: Wir lassen uns das von uns Geleistete nicht wegnehmen. Wir werden unsere Arbeitsplätze behalten und wollen mit einem klugen Management und nachhaltigen Konzepten endlich in die Zukunft starten.

Wir bleiben!

 

Von: ab

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