06.11.2024 | Am frühen Morgen brachen in Spandau die ersten Belegschaften auf in einen mehrstündigen Warnstreiks. Die Belegschaften von BMW, Rhenus, Osram, Innomotics, Siemens Energy Global, Siemens AG Schaltwerk, Siemens Mobility Spandau, Siemens Niederlassung Berlin, Siemens Energy Außenstelle und BSH Hausgeräte treffen sich nach einem Sternmarsch gegen 9.20 Uhr vor dem Headquarter von Siemens in der Nonnendammallee zu einer mehrstündigen Warnstreik-Kundgebung.
Schon ab 8.00 Uhr läuft eine Kundgebung am Siemens Headquarter. Ab 9.20 Uhr trafen sich alle Demozüge am Kundgebungsort vor dem Siemens Hauptquartier.
„Jetzt wird noch einmal sichtbar, wie hoch die Unzufriedenheit mit dem Angebot der Arbeitgeber ist“, so Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin. „Die betrieblichen Kolleginnen und Kollegen sind sauer, dass sich die Arbeitgeber nicht bewegen. Und spürbar ist auch, dass sie bereit sind, für ihre Arbeitsbedingungen so lange vors Tor zu gehen, bis ein Angebot auf dem Tisch liegt, dass es wert ist, darüber zu verhandeln.“
Markus Kapitzke, Betriebsratsvorsitzender im BMW Motorradwerk berichtete von der dritten Tarifverhandlung: "Wir saßen gestern am Verhandlungstisch mit den Arbeitgebern. Halloween ist ja schon vorbei, aber das Angebot, das sie uns gestern noch einmal hingelegt haben, ist absolut gruselig. Sie bleiben bei ihren 3,6 Prozent für 27 Monate. Ich sage das ganz laut: Nicht mit uns!" Für die Auszubildenden fordert die IG Metall 170 Euro mehr. "Alles wird teurer auf dieser Welt, deswegen 170 Euro für unsere Azubis mehr Geld!" Und weiter: "Das Gejammer der Chefs ist übertrieben, daher fordern wir die 7! Herr Arbeitgeberpräsident, gib uns unsere 7 Prozent! Wir sind hier zu unserem Wohle, dafür brauchen wir die Kohle!"
Benjamin "Benny" Schöttler, Vertrauensmann im BMW Motorradwerk, sagte: "Nur gemeinsam sind wir stark und können unsere Zukunft selber machen. Und gerade im Tarifkampf heißt es: "No Tarifkampf - No Glory!"
Die Beschäftigten des Siemens Gasturbinenwerks in der Huttenstraße versammelten sich ab 12.00 Uhr zum Warnstreik vor dem Unternehmen. Enrico Wiesner, Sprecher der Vertrauensleute im Siemens Gasturbinenwerk in der Huttenstraße, berichtete vom Warnstreik: "Die Stimmung am zweiten Warnstreiktag ist kämpferischer. Deutlich mehr Kolleginnen und Kollegen sind mit vor das Tor gekommen. Die Stimmung ist aufgeheizt. Wir fanden schon das erste Angebot der Arbeitgeber war eine Provokation, aber dass in der dritten Tarifverhandlung keine Nachbesserung auf den Tisch gelegt wird, ist schon heftig. Wenn hier nicht ordentlich nachgebessert wird, dann raucht hier die Bude weiterhin." Und an die Arbeitgeber gerichtet, sagte er: "Sozialpartnerschaft muss gelebt werden. Eigentlich müsste in der Verhandlung auch ein Vertreter von Siemens Energy mit am Tisch sitzen. Bewegt Euch, Arbeitgeber! Vor den Betrieben ist Bewegung, in der Verhandlung aber ist Stillstand. So kann es nicht weitergehen. Bessert nach beim Angebot!"
"Ich muss ehrlich sagen, es ist unglaublich, dass die Arbeitgeber so ein Angebot auf den Tisch legen", sagte Günter Augustat, Betriebsratsvorsitzender bei Siemens Energy (Gasturbinenwerk). "Wir bauen hochwertigste Produkte in der Metall- und Elektroindustrie. Wir sind global führend im Energieanlagenbau und fertigen hier am Standort Huttenstraße. Im Blick auf Teuerungsraten und hohe Preise ist das Angebot eine Schweinerei. Deswegen sind die Kollegen auch draußen im Warnstreik und extrem motiviert. Wir sind diesmal mehr und wir werden noch mehr werden, wenn die Arbeitgeber nicht endlich mal Pragmatismus walten lassen und ein vernünftiges Angebot in Richtung 7 Prozent machen." An die Arbeitgeber gerichtet betonte er: "Wir sind auf dem Weg der Energiewende. Hochqualifizierte Beschäftigte bauen hier in Berlin große Gasturbinen, die auch wasserstoff-fähig sind, wenn regenerativer Wasserstoff zur Verfügung steht. Die Kollegen sollten sich auf ihre Arbeit konzentrieren können und sich nicht Sorgen machen, ob sie sich ihr Leben leisten können. Ich fordere ein vernünftiges Angebot, damit sich alle wieder auf ihre Arbeit konzentrieren können."
Und ab 13.00 Uhr starteten die Beschäftigten von Siemens Mobility in der Kiefholzstraße in den Warnstreik. Insgesamt waren in Berlin am Mittwoch zwölf Belegschaften zum Warnstreik aufgerufen. Frank Kasischke, Betriebsratsvorsitzender bei Siemens Mobility, sagte: "Die Kosten für den Lebensunterhalt und Miete in Berlin steigen stetig. Die Gewinne der Konzerne tun es aber auch: Siemens und Siemens Mobility geht es gut und wir feiern einen Erfolg nach dem anderen.Erst zu Beginn der Woche konnten wir in den Zeitungen lesen, dass Siemens fast 10 Milliarden Euro für den Kauf eine Softwarefirma ausgibt. Die Kasse ist gut gefüllt im Hause Siemens und dennoch jammert der Chef des VME -Herr Moschko- wie schlecht es der deutschen Wirtschaft und Siemens geht. Ich habe es letzte Woche schon gesagt und wiederhole mich hier sehr gerne, denn wie unser erster Bevollmächtigter gerne zu sagen pflegt: Wir werden der Arbeitgeberseite zeigen, wo der Frosch seine Locken hat, Kolleginnen und Kollegen.Und ich setze noch einen drauf: Er bekommt auch ordentlich den Kopf gewaschen!"
Die IG Metall fordert für die rund 100.000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg sieben Prozent mehr Entgelt und eine überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 170 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Zudem will sie eine soziale Komponente für untere Einkommensgruppen erreichen und die Wahlmöglichkeiten Zeit statt Geld (T-ZUG-Tage) weiterentwickeln.
Die Meldung wird laufend aktualisiert.
Berichterstattung:
Tagesspiegel, 6. November 2024
rbb Abendschau, 6. November 2024, ab Minute 1.22