11.08.2022 | Stellenabbau und Verlagerung kennen die Berliner Siemens Energy-Beschäftigten schon aus den vergangenen Jahren. Jetzt will das Management von Siemens Energy im Berliner Schaltwerk schon wieder Arbeitsplätze abbauen. Schon vor vier Jahren verloren in Berlin-Spandau bereits 510 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz. Dieses Mal soll mehr als 400 Kolleginnen und Kollegen ihre Existenzgrundlage genommen werden.
Das Management von Siemens Energy begründet den Stellenabbau mit Verlagerung ins Ausland, mal wieder. Es geht um die bisherigen Hochspannungs-Schaltanlagen aus dem Freiluftbereich. Im Berlin-Spandauer Werk werden unter anderem die weltweit ersten „Blue Air-Schaltanlagen“ hergestellt. Diese Schaltanlagen sind frei von Schwefelhexafluorid und damit klima- und umweltfreundlich, aber auch teurer als die bisherigen Schaltanlagen. Auf EU-Ebene ist eine F-Gas-Verordnung geplant, diese wurde hier technisch bei der Blue-Air-Schaltanlage bereits umgesetzt.
„Wenn das die Transformation ist, dann verzichten wir Beschäftigten gerne darauf“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Rüdiger Groß. „Es kann doch nicht sein, dass das Management erst einen ökologisch sinnvollen Produktwechsel beschließt, um damit dann die Arbeitsplätze abzubauen. Die Transformation wird nur funktionieren, wenn die Beschäftigten nicht den Nachteil tragen müssen. Statt Arbeitsplätze zu vernichten, sollte das Management zusammen mit allen gute Lösungen suchen: für Klima und Beschäftigung.“
Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin: „Dass Siemens Energy weltweit die ersten klimaneutralen Schaltanlagen produzieren kann, verdankt es seinen exzellenten und motivierten Beschäftigten. Siemens Energy könnte ein technologischer Vorreiter für ökologisch sinnvolle Produkte sein. Niemand bestreitet heutzutage ernsthaft, dass wir starke wirtschaftliche Unternehmen brauchen, die in der Lage sind, einerseits solche Innovationen voranzutreiben und andererseits Phasen, in denen sich neue Produkte am Markt etablieren müssen, zu überbrücken. Siemens Energy ist ein solch wirtschaftlich starkes Unternehmen und sollte gerade jetzt die Verantwortung für seine qualifizierten Fachkräfte übernehmen. Eine Produktverlagerung ins Ausland zum gegenwärtigen Zeitpunkt zeigt einmal mehr, dass Siemens die Marge in den Mittelpunkt seines Handels stellt.“
„Die IG Metall Berlin fordert in der jetzigen Situation, die Lieferketten zu verkürzen und die Wertschöpfungsketten zu erweitern“, so Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin. „Kritische und komplexe Produkte sollten besser in Deutschland hergestellt werden, um Umweltschutz und Qualität zu gewährleisten.“
Zum Hintergrund Schaltanlagen und F-Gas Verordnung:
Die geplante EU-F-Gas Verordnung sieht im Entwurf null schädliche Gase zur technischen Anwendung bei Hochspannungsschaltanlagen vor.
Im Schaltwerk-Energy in Berlin werden weltweit die ersten sauberen „Blue-Air- Schaltanlagen“ mit bis zu 420kV Schaltleistung produziert. Sie haben gegenüber alten Anlagen folgende Vorteile: Sie sind sauber und wartungsärmer, weil ein Wechseln und Herstellen des nicht mehr vorhandenen CO²-schädlichen Schwefelhexafluorids entfällt. Schaltanlagen aus Berlin-Spandau erhalten und sichern nach jeder Energiequelle die vom Kunden gewünschte Hochspannung gegen Über- und Unterspannung. Damit werden weltweit Stromverteilnetze bis hin zur „Steckdose“ gesichert.
Die Lebensdauer der Anlagen beträgt circa 25 Jahre. Wer heute eine Blue-Air-Schaltanlage anwendet, tut dies für eine CO²-freiere Zukunft.
Berichterstattung:
Tagesspiegel, 11. August 2022, online
Süddeutsche Zeitung, 11. August 2022, online
Handelsblatt, 11. August 2022, online
B.Z. Berlin, 11. August, online
Augsburger Allgemeine, 11. August 2022, online
Der Tagesspiegel, 16. August 2022, online
Morgenpost, 16. August 2022, online