Rechtstipp

Rechtsanwalt Damiano Valgolio: Anspruch auf Übernahme

30.10.2015 | Auszubildende sollen nicht auf der Straße stehen, wenn sie ausgelernt haben. Deshalb gibt es einen tariflichen Anspruch auf Übernahme. Noch weiter gehen die Rechte von Jugend- und Auszubildendenvertretern. Wie weit geht der Anspruch auf Übernahme? Was ist zu beachten? Warum spielen Betriebsräte eine wichtige Rolle bei der Übernahme von Auszubildenden? Rechtsanwalt Damiano Valgolio, Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte beantwortet diese Fragen und erklärt den Hintergrund.

Auszubildende sollen nicht auf der Straße stehen, wenn sie ausgelernt haben. Sie sollen die Chance auf einen Einstieg ins Arbeitsleben haben. Deshalb ist für die Berliner Metall- und Elektroindustrie tariflich geregelt, dass Azubis unbefristet übernommen werden sollen (Ziffer 4, Tarifvertrag Beschäftigungssicherung vom 23.05.2012). Meint das Unternehmen, dass eine unbefristete Übernahme nicht möglich ist, muss es dies zunächst mit dem Betriebsrat beraten und die Gründe darlegen.

Ein einklagbarer Rechtsanspruch besteht auf eine befristete Übernahme für 12 Monate. Einzige Ausnahme sind entgegenstehende „personenbedingte Gründe“. Wann diese vorliegen, ist umstritten. Nach unserer Auffassung nur, wenn ein Azubi für das Unternehmen aufgrund von Krankheit oder Ähnlichem  nicht einsetzbar ist. Die Rechtsprechung lässt teilweise auch erhebliches Fehlverhalten während der Ausbildung genügen. Allerdings muss der Arbeitgeber dann – ähnlich wie im Kündigungsschutzprozess – nachweisen, warum er davon ausgeht, dass das Arbeitsverhältnis während der 12 Monate schwer gestört werden wird.

Kann der Arbeitgeber die befristete Übernahme mit dem Argument verweigern, es sei „keine Arbeit da“? Laut Tarifvertrag nur, wenn der Betriebsrat ausdrücklich zustimmt. Sonst muss zwingend für 12 Monate übernommen werden. Wird nur befristet übernommen, muss nach 9 Monaten noch einmal die Möglichkeit der Entfristung geprüft werden. Auch jetzt muss noch einmal gemeinsam mit dem Betriebsrat nach einem Dauerarbeitsplatz gesucht werden.

Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder Azubis, die Mitglieder im Betriebsrat sind, haben einen gesetzlichen Anspruch auf unbefristete Übernahme. Dies ist in § 78a BetrVG geregelt. Allerdings nur, wenn dieser Anspruch in den letzten drei Monaten des Ausbildungsverhältnisses schriftlich geltend gemacht wird. Hier sollte auf einen Nachweis geachtet werden, beispielsweise eine Empfangsbestätigung des Arbeitgebers. Es gibt keinen Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz nach der Übernahme. Aber die Tätigkeit muss dem Ausbildungsstand entsprechen. Eine geringer qualifizierte oder schlechter bezahlte Tätigkeit darf nach der Übernahme nicht zugewiesen werden. Mit dem Ende der Ausbildung entsteht durch die gesetzliche Vorschrift automatisch ein Arbeitsverhältnis. Wenn trotzdem ein neuer Arbeitsvertrag vorgelegt wird, sollte vor Unterschrift genau geprüft werden, ob damit nicht eine Verschlechterung vereinbart wird.

Rechtsanwalt Damiano Valgolio vertritt Arbeitnehmer und Betriebsräte in allen betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten, Partner <link http: www.dka-kanzlei.de external-link-new-window external link in new>Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte

Von: dv

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