Rund 150 Siemens-Beschäftigte protestieren gegen die Abspaltung des Bereichs elektrische Großantriebe in den Bereich LDA – parallel zur Hauptversammlung von Siemens

10.02.2022 | Am Donnerstagmorgen protestieren rund 150 Siemens-Beschäftigte vor dem Siemens-Dynamowerk in der Nonnendammallee in Berlin gegen die geplante Ausgliederung des Bereichs Large Drive Applications (LDA) - übersetzt: elektrische Großantriebe - aus dem Konzern. Von einer Abspaltung wären rund 450 Beschäftigte in Berlin betroffen. Die Beschäftigten fordern den Verbleib der Einheit im Konzern.

Parallel zur digitalen Hauptversammlung von Siemens war der Vorstandsvorsitzende Roland Busch als überlebensgroße Plastik mit dabei. Mit einer Hand an einer Sprengzündung saß er während der Aktion auf einem LDA-Motor.

„Die Beschäftigten im Dynamowerk haben ein großes Fachwissen. Hier werden Elektromotoren für die Grundstoffindustrie produziert, die beispielsweise in der Stahlindustrie und beim Schiffsantrieb eingesetzt werden“, erklärte Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. „Im Werk werden Spezialanfertigungen hergestellt, die ein hohes Experten- und Erfahrungswissen voraussetzen. Bei den ökologischen Herausforderungen, vor denen wir heute stehen, brauchen wir Alternativen zu den Antriebstechnologien. Diese können und sollten wir vor Ort entwickeln und mit der Digitalisierung verknüpfen. Deshalb machen die Abspaltung und der mögliche Verkauf des Dynamowerks keinen Sinn.“

Katerndahl weiter: „Meine Erfahrung mit Siemens ist, dass nach einer Ausgliederung der Verkauf folgt und dann wird die Personalfrage gestellt: die Zusammenlegung von Aufgaben im Betrieb, Flexibilisierung und damit droht Personalabbau. Wir werden gemeinsam mit den Beschäftigten von Siemens für gute Tarifarbeitsplätze und eine sichere Perspektive kämpfen.“

Markus Ochmann, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender erklärte, die Entscheidung zur Verselbständigung sei falsch. „Wir haben hier im Dynamowerk schon viel erlebt und können kämpfen. Es muss jetzt langsam jedem klar sein, dass eine Ausgliederung meist auch einen Verkauf nach sich zieht. Wir haben unsere wirtschaftliche Situation deutlich verbessert und schreiben schwarze Zahlen. Deshalb ist die getroffene Entscheidung vom Vorstand für unsere Kolleginnen und Kollegen unverständlich. Themen wie beispielsweise Tarifverträge, Altersteilzeit oder auch Standort- und Beschäftigungssicherung sind für uns nicht verhandelbar.“

„Wir haben in den letzten Jahren eine große Umstrukturierung und den Verlust von Arbeitsplätzen erlebt“, berichtet Matthias Reifenberger, Vertrauenskörperleiter im Siemens-Dynamowerk. „Die Sorgen um die Zukunft und eine große Unsicherheit ist zurück bei den Kolleginnen und Kollegen, die trotz Coronapandemie jeden Tag Höchstleistung abliefern. Wir werden uns nicht kampflos verkaufen lassen.“

Olaf Bolduan, Vorsitzender des Vereins „Wir für Siemens“: „Wir halten diese Ausgliederung – wie auch schon vorangegangene – für falsch. Unser Begriff dafür lautet „Ausgliederitis“. Siemens will die digitale Welt und die reale Welt zusammenbringen. Aber die reale Welt wird bei Siemens durch Ausgliederungen immer kleiner, das halten wir für einen Fehler. Außerdem gehört Elektrifizierung zur Energiewende: Ohne hocheffiziente Elektroantriebe funktioniert im Bergbau die Gewinnung seltener Erden viel schlechter und klimaschädlicher. Und: Ohne seltene Erden keine Digitalisierung! Wir sagen: Schluss mit der Ausgliederitis! Hocheffiziente elektrische Antriebe sind Bestandteil der geforderten Nachhaltigkeit. Siemens kann das doch. Man muss in Zukunftstechnologien weiter investieren, Pioniergeist ist gefordert, Denken in Generationen und nicht in Quartalen.“

„Wir für Siemens“ bündelt als Mitarbeiter-Aktionärsverein die Stimmen von Mitarbeiter-Aktionären zum Beispiel zu Hauptversammlungen. Wir für Siemens vertritt viele Beschäftigte aus allen Ebenen, die Mitarbeiter-Aktien halten.

Hintergrund:

Das Siemens Dynamowerk stellt in Berlin mit rund 400 Beschäftigten große Hochleistungsmotoren her. Dies sind Elektromotoren mit 100 Megawatt-Leistung in Größe von Einfamilienhäusern beispielsweise für die Stahlindustrie und für den Schiffsbau. Das Siemens-Werk gilt als Keimzelle des Konzerns und wurde 1906 in Berlin gegründet. 2017 sollte die Fertigung im Werk stillgelegt werden. Nach harten Auseinandersetzungen wurden 400 von 700 Arbeitsplätzen erhalten.

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Für Rückfragen: Andrea Weingart, 0170 33 33 025

Von: igm

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