04.07.2024 | Sabrina Lamers arbeitet seit Mai mit großer Begeisterung im Digitalteam der IG Metall Berlin. Wie sie zur gewerkschaftlichen Arbeit kommt, welchen kulturellen Background sie mitbringt und warum sie das Projekt spannend findet: Hier im Interview.
Sabrina, Du bist seit Mai im Digitalteam der IG Metall Berlin. Was interessiert Dich am Projekt?
Wie funktioniert betriebliche Mitbestimmung in der digitalen Welt? Wie kann politische Wirksamkeit und Solidarität hergestellt werden, wenn Arbeit und Produktion nur noch im digitalen Raum stattfinden? Das sind für mich spannende Fragen und Herausforderungen. Die betriebliche und die gewerkschaftliche Arbeit hat sich durch Messenger, Social Media und digitale Tools verändert. Hier brauchen wir also neue Ideen und Formate, um unsere Kampagnen zu unterstützen. Gleichzeitig funktioniert „Digital Organizing“ auch nur nach bekannten Prinzipien: Wir müssen Verbindlichkeit schaffen, menschliche Beziehungen aufbauen und eine Hands-On-Mentalität mitbringen, also ins Machen kommen. Das geht digital und analog. Die Kombination ist in meinen Augen die erfolgreichste Variante. Und das weiterzuentwickeln, macht schon heute viel Freude!
Kannst Du etwas über dich erzählen?
Ich bin in Manila auf den Philippinen geboren und in den Nullerjahren in einer Brandenburger Kleinstadt aufgewachsen. Das war schon ein Kulturschock. Dafür kann ich mich aber gut in verschiedene Lebenswelten reinversetzen und besitze kulturelle Sensibilität, die mir in meiner Arbeit oft hilft. Meine Jugend habe ich, wie viele andere in meiner Generation, häufig im Internet verbracht. Das heißt aber nicht, dass wir verkommen sind! Für mich war das Internet das Tor zu einer politischen Welt und zur Vernetzung.
In meinem Master der Sozialwissenschaften habe ich zum Thema ostdeutsche Transformationsgesellschaft geforscht. Das war eine spannende Zeit, da ich noch einmal mehr verstanden habe, wie die Abwicklung der Industrie komplette Lebensrealitäten zerstört hat, auch in meiner Heimat. Das hat mich sehr politisiert. Seit ich 18 Jahre bin, engagiere ich mich politisch, unter anderem bei Verdi. So habe ich recht früh gelernt, wie man Menschen mobilisieren kann. 2023 habe ich ein paar Monate in den USA verbracht. Dort habe ich Menschen von der Gewerkschaft UAW kennengelernt und bin seitdem fasziniert, wie erfolgreich US-Gewerkschaften junge Menschen ansprechen. Das letzte halbe Jahr habe ich für die IG Metall in der Erschließung im Bereich erneuerbare Energien, also konkret in der Batterieproduktion in Thüringen, gearbeitet.
Wie kommst Du denn zur IG Metall?
Ich fand die IG Metall schon immer cool. Ich finde es sehr wichtig, dass bei uns Menschen aus der klassischen Produktion und dem Angestelltenbereich vereint werden. Die IG Metall ist ein riesiger Player in der Industriepolitik. In meinen Augen ist die IG Metall auch eine migrantische Organisation, das hat mich persönlich sehr angesprochen.
Hat Dich Berlin als Stadt zum Arbeiten und Leben gereizt?
Die Brandenburger Kleinstadt liegt am Stadtrand von Berlin. Daher habe ich auch immer mit einem Fuß in Berlin gelebt. Meine Familie und Freunde leben hier. Ich fühle mich sehr zuhause im Team der IG Metall Berlin, vor allem wenn die Bevollmächtigten anfangen zu berlinern.
Worauf konzentrierst Du Dich im Digitalteam?
Mir ist die betriebliche Arbeit und das Miteinander am allerwichtigsten. Ich arbeite gerne eng mit unseren Betriebsräten, Vertrauensleuten und Aktiven zusammen. Mir macht die Beziehungsarbeit Spaß und zu sehen, wie sich Leute anfangen zu beteiligen und ermächtigt fühlen. Zurzeit mache ich auch Veranstaltungsorganisation. Am 9. Juli laden wir ein zu einem Vernetzungstreffen der Tech Workers, die in der IG Metall organisiert sind.
Was sind Deine ersten Erfahrungen?
Es macht mir unfassbar viel Spaß, mit Menschen aus der ganzen Welt zu arbeiten, Englisch sprechen zu dürfen und internationale Solidarität in der IG Metall voranzutreiben. Und es macht mir eine große Freude, kollektive Orte zu schaffen, an denen sich die Beschäftigten begegnen können, gerade in Betrieben, in denen die Belegschaft sehr individualisiert arbeitet. Es ist richtig cool, zu erleben, wie neue Räume der Solidarität entstehen und mit Leben erfüllt werden.
Im Digitalteam bin ich sehr gut angekommen. An dieser Stelle möchte ich aber auch Thomas Weber, Daniel Gamer und Sören Lieske herzlich danken für ihre jahrelange, intensive Vorarbeit in der IG Metall Berlin. Sie haben ein starkes Fundament für uns gelegt.
Was baut Dich auf? Wo und wie tankst Du Energie?
Energie tanke ich bei ruhigen Sachen: im Freibad oder auf dem Tempelhofer Feld genieße ich den Feierabend. Mein Hobby baut mich auf, denn ich mache Mixed Martial Arts – also einer Mischung aus Thai-/Kickboxen und Grappling. Und ich gehe wahnsinnig gerne auf Konzerte und mag sehr viele Genres: von Pop bis Punk. Nur Metal war nie wirklich meins, auch, wenn viele Metallerinnen und Metaller das nicht gerne hören werden.