Jahresklausur der Berliner Siemens-Betriebsratsvorsitzenden

Siemens: Gute Zukunft der Beschäftigten hat absolute Priorität

12.05.2019 | In ihrer jährlichen Klausur diskutierten die Berliner Betriebsratsvorsitzenden von Siemens über die Perspektiven der Berliner Standorte. Zu bereden gab es viel, auch weil der Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser den radikalen Umbau betreibt. Was die beschlossene Ausgliederung von Gas & Power für die Beschäftigten auf lange Sicht bedeutet, weiß noch niemand. Beruhigend ist das nicht.

35 reicht! Dahinter stehen von links nach rechts: Von links nach rechts: Günter Augustat BRV vom Gasturbinenwerk, Ulrich Hengst von der Siemens-Niederlassung, die GBR-Vorsitzende Birgit Steinborn, Predrag Savic vom Dynamowerk, Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall, Rüdiger Groß vom Schaltwerk, André Wienert vom Messgerätewerk und Udo Rauchert von Siemens Mobility. Fotos: Siemens BRV.

Neu gemischt, gleiche Forderung: Günter Augustat, Predrag Savic, Jürgen Kerner, Hauptkassierer der IG Metall, Regina Katerndahl, André Wienert, Ulrich Hengst und Udo Rauchert.

Die Ankündigung von Joe Kaeser Anfang der Woche, die Gas & Power-Sparte ausgliedern und an die Börse bringen zu wollen, war für alle Berliner Beschäftigten der sechs Siemens-Standorte ein Schock. Logisch, dass die Pläne Kaesers auch Thema auf der jährlichen Klausurtagung der Berliner Siemens-Betriebsratsvorsitzenden waren.

„Betriebsratsvorsitzende und IG Metall werden die Ausgliederung von Gas & Power im Hinblick auf die Entwicklung des Berliner Standortes kritisch sowie konstruktiv begleiten, wenn der Vorstand diese im Sinne der Beschäftigten und einer modernen Industrie- und Beschäftigungspolitik betreibt“, sagte Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall nach der zweitägigen Klausur.

Zu dieser waren auch Birgit Steinborn, die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats sowie Jürgen Kerner, Hauptkassierer der IG Metall und – wie Birgit Steinborn – Aufsichtsratsmitglied bei Siemens dazugestoßen und hatten mit den Betriebsratsvorsitzenden Pläne und Perspektiven diskutiert. Nach langen Verhandlungen hatte die Arbeitnehmerseite den Plänen von Joe Kaeser zugestimmt, dafür aber wichtige Eckpunkte durchgesetzt. So wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben, der neue Energiekonzern bleibt tarifgebunden, seinen Sitz wird er in Deutschland haben, womit alle Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten erhalten bleiben.

Nach der Zustimmung stehen nun intensive Verhandlungen über den Interessenausgleich an. Was die Entwicklung für die rund 6.000 direkt betroffenen Berliner Kolleginnen und Kollegen bedeuten kann, diskutierten die Betriebsratsvorsitzenden. „Es ist klar, dass sich die Beschäftigten große Sorgen machen. Eine gute Zukunft der Kolleginnen und Kollegen hat für uns in den anstehenden Verhandlungen absolute Priorität“, sagte Regina Katerndahl. Konkrete Zahlen und Zielvorgaben für den künftigen Energieriesen mit seinen 80.000 Beschäftigten, davon 20.000 in Deutschland, sind im Detail nicht bekannt. „Spekulieren wollen wir nicht, sondern werden alle Beschäftigten über den aktuellen Stand zeitnah informieren“, fügte die Zweite Bevollmächtigte hinzu.

Günter Augustat, Betriebsratsvorsitzender vom Gasturbinenwerk und Sprecher der Berliner Siemens-Betriebsratsvorsitzenden hatte die Entscheidung am Dienstag (7.5.) so kommentiert: „Die ersten Informationen über die geplanten Ausgliederungen lassen uns für die Zukunft die Möglichkeit, dass wir als Berliner Gas & Power-Kolleginnen und Kollegen sicher unsere Produkte fertigen und unsere Fähigkeiten auch in Zukunft weiterentwickeln können. Detaillierte Verhandlungen stehen darüber aber noch aus.“

Rüdiger Groß, Betriebsratsvorsitzender vom Siemens Schaltwerk wiederum hätte sich vom Siemens-Vorstand mehr Mut zum Weitermachen gewünscht: „Siemens ist ein starkes Unternehmen mit großartigen Mitarbeitern wie Mitarbeiterinnen und weltweiten Möglichkeiten. Der Konzern könnte intelligenter handeln. Im Schaltwerk ist ein Teil der Hochspannung betroffen. Damit stellen sich viele Fragen für die Kolleginnen und Kollegen. Das werden wir gemeinsam diskutieren müssen.“

Für alle Betriebsratsvorsitzenden ist klar: Gerade angesichts des von Joe Kaeser betriebenen Umbaus des Siemens-Konzerns ist es wichtiger denn je, dass sie sich zusammen mit der IG Metall intensiv über all die Vorstandspläne austauschen und die Perspektiven für die Beschäftigten ausloten. Sollten die Pläne den Interessen der Kolleginnen und Kollegen zuwiderlaufen, werden Betriebsratsvorsitzende, IG Metall und Beschäftigte entsprechend reagieren.

35 Stunden für alle – Siemens-Betriebsräte und IG Metall setzen Zeichen
Die Vorsitzenden waren sich zudem vollkommen einig, dass die Blockade der Arbeitgeber bei der Angleichung der Arbeitszeit vollkommen unangemessen und es endlich an der Zeit ist, dass alle Beschäftigten in Deutschland 35 Wochenstunden arbeiten. „Die Tarifmauer und die damit verbundene Ungleichheit muss endlich fallen, 35 Wochenstunden für alle sind genug“, sagte Udo Rauchert, Betriebsratsvorsitzender bei Siemens Mobility. Gerade an seinem Standort in Treptow gibt es Kolleginnen und Kollegen, die gleich verdienen und dasselbe arbeiten, die meisten aber drei Stunden mehr pro Woche arbeiten müssen. Das ist im höchsten Maße ungerecht.

 

Von: rk

Unsere Social Media Kanäle