12.03.2016 | Laut, bunt und fröhlich - mehr als 1.000 Kolleginnen und Kollegen demonstrierten in Leipzig auf der zentralen Auftaktveranstaltung der IG Metall für 5 Prozent mehr Geld und eine höhere Tarifbindung. Außerdem sollen die Ausbildungsvergütungen an das Facharbeiter-Entgelt angebunden werden. Aus Berlin kamen rund 120 Metallerinnen und Metaller.
„Für die konjunkturelle Schwarzmalerei der Arbeitgeber besteht kein Anlass: Die Ertragssituation ist auf einem ebenso hohen Niveau wie die Beschäftigung“, erklärte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. Das sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern stärke auch die Binnennachfrage. Die spielt eine zunehmend wichtige Rolle, gerade wenn die Exportmärkte schwächeln. „5 Prozent sind sozial gerecht, wirtschaftlich vernünftig und bezahlbar“, sagte IG Metall-Bezirksleiter Olivier Höbel auf der Abschlusskundgebung.
Neben einer angemessenen Entgelterhöhung wird die IG Metall die anstehende Tarifrunde auch nutzen, um die Tarifbindung zu stärken. „Beschäftigte in nicht-tarifgebundenen Betrieben verdienen bei vergleichbarer Tätigkeit im Durchschnitt 24,6 Prozent weniger. Deshalb werden wir in dieser Tarifrunde verstärkt Belegschaften aus Betrieben ohne Tarifbindung einbeziehen“, sagte Jörg Hofmann. Im Osten liegt die Tarifbindung unter 50 Prozent. „Hier haben wir einen Nachholbedarf gegenüber dem Westen. Nur eine hohe Tarifbindung schafft Einkommensgerechtigkeit“, erklärte Olivier Höbel.
Im Bezirk Berlin-Brandenburg will die IG Metall zudem die Ausbildungsentgelte an die Tarifverhandlungen anbinden, so wie es in den meisten Bezirken schon lange üblich ist. „Die Ausbildungsentgelte sind in den kommenden Jahren ein wichtiges Argument bei der Werbung junger Menschen für die Metall- und Elektroindustrie“, sagte Olivier Höbel. „Deshalb wollen wir die Gleichstellung der Berlin-Brandenburger Azubis mit den sächsischen Auszubildenden erreichen.“
Zahlreiche Metallerinnen und Metaller aus Berlin sind in Leipzig dabei
Aus Berlin sind rund 120 Kolleginnen und Kollegen nach Leipzig gereist und demonstrierten, wie entschieden die Arbeitnehmerschaft für ihre Ziele in dieser Tarifrunde streiten wird. „Ich erlebe eine große Geschlossenheit für unsere Forderung nach fünf Prozent mehr Entgelt“, sagte Klaus Abel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin. Er freute sich über die vielen Kolleginnen und Kollegen, die aus nicht tarifgebundenen Betrieben nach Leipzig gekommen waren.
„Wir nehmen diese Aufbruchstimmung mit nach Berlin und das Gefühl, dass die Kollegen eng an unserer Seite stehen“, sagte Matthias Piepenschneider, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Redknee. Die Geschäftsführung will das Berliner Unternehmen schließen, um aus der Tarifbindung nach Potsdam zu fliehen. „Das ist kein deutsches, sondern ein internationales Problem und Gewerkschaften rund um den Globus müssen hier neue Wege der Solidarität gehen“, so Matthias Piepenschneider.
Wie wichtig die Solidarität ist, betonte Susanne Hensel, Betriebsratsvorsitzende beim Berliner Mercedes Benz Bank Service Center. „Wir haben uns die Tarifbindung für unser neu gegründetes Unternehmen erkämpfen können, weil uns die Kolleginnen und Kollegen im Saarbrücker Service Center tatkräftig unterstützt haben.“ Predrag Savic, der Betriebsratsvorsitzende im Berliner Dynamowerk von Siemens, betonte einen anderen Aspekt der Solidarität: „Ich fand gut, dass wir in Leipzig nicht nur auf die Tarifrunde geschaut haben, sondern uns als Gewerkschafter auch für die Schwächeren einsetzten, wie zum Beispiel Leiharbeiter oder Flüchtlinge.“
In diesem Jahr sind auch zahlreiche Auszubildende nach Leipzig gekommen. „Wir wollen in diesem Jahr die Eckanbindung klarmachen. Die Auszubildenden bei Pierburg sind in dieser Frage sehr motiviert“, sagt Franz Senft, Jugendausbildungsvertreter in dem Berliner Betrieb. Felix Kienzler von Procter & Gamble erlebte den Tarifauftakt zum ersten Mal. „Ich habe ein gutes Gefühl für die Tarifrunde und bin gespannt mitzuerleben, wie viele Kolleginnen und Kollegen unsere Forderung teilen und hinter uns stehen werden“, sagt der angehende Industriemechaniker im dritten Lehrjahr.