Der Rechtstipp:

Urlaub in Zeiten von Kurzarbeit und Corona

28.05.2020 | Während viele Betriebe aufgrund der Corona-Pandemie in Kurzarbeit arbeiten, rückt die Urlaubszeit näher. Wie wirkt sich die Kurzarbeit auf den Urlaub aus? Was gilt bei Kurzarbeit null? Und wie wird der Urlaub während der Kurzarbeit vergütet? Rechtsanwältin Mechtild Kuby von der Kanzlei dka Rechtsanwälte Fachanwälte hat die Antworten.

Urlaub ist vom Arbeitgeber im Kalenderjahr zu gewähren und wird meistens zum Jahresbeginn für das Kalenderjahr festgelegt. Jetzt kann es passieren, dass Kurarbeitszeiträume und Urlaubszeiträume zusammentreffen. Im Urlaub ist der Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Dies gilt genauso in der Kurzarbeit.

Allerdings kann hier alles vereinbart werden, von Kurzarbeit „null“ bis zu einer Verkürzung der Arbeitszeit um nur wenige Stunden pro Woche. Viele, zum Teil komplizierte Fragen stellen sich. In der Praxis können bei ihrer Beantwortung leicht Fehler gemacht werden. Es lohnt sich, genau hin zu schauen, nachzufragen und gegebenenfalls Rechtsrat einzuholen.

Grundsätze der Urlaubsgewährung
Arbeitnehmer haben gem. § 1 BUrlG Anspruch auf „bezahlten“ Urlaub. Der Arbeitnehmer kann also zu Hause bleiben oder verreisen, muss aber gleichzeitig das gleiche Entgelt erhalten, welches er erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte. Der Arbeitnehmer soll im Urlaub nicht weniger verdienen. Auf diesen „bezahlten“ Urlaub haben die Beschäftigten einen gesetzlichen Anspruch: mindestens 4 Wochen Urlaub im Jahr, beziehungsweise 24 Werktage bei einer 6 Tage-Woche (§ 3 Abs. 1 BUrlG).

In den Tarifverträgen der IG Metall ist der Urlaubsanspruch deutlich höher. So haben die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg nach dem Urlaubstarifvertrag Anspruch auf eine Urlaubsdauer von 30 Arbeitstagen bei einer 5 Tage-Woche.

Urlaubsgewährung
Der Urlaub ist vom Arbeitgeber im laufenden Kalenderjahr zu gewähren. Dazu können die Beschäftigten Wünsche äußern und dadurch den Arbeitgeber zur Festlegung des Urlaubs veranlassen. Gewährt der Arbeitgeber den Urlaub, werden die Arbeitnehmer für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum von der Arbeitspflicht befreit.

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs hat der Arbeitgeber die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen und dabei gleichzeitig dringende betriebliche Belange und die Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer abzuwägen (§ 7 Abs. 1 S. 1 BurlG). Viele Betriebe erstellen zum Jahreswechsel die Urlaubsplanung für das kommende Jahr. Dadurch ist der Urlaub für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich festgelegt.

Bindung an die Festlegung
Ist diese Festlegung einmal erfolgt, sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich hieran gebunden. Dies bedeutet für Beschäftigte, dass sie den einmal gewährten Urlaub nicht einfach wieder zurückgeben können, etwa weil sie eine geplante Urlaubsreise nicht antreten konnten, sie verschieben wollen oder in Kurzarbeit arbeiten. Wenn allerdings Arbeitgeber und Arbeitnehmer einverstanden sind, können sie den Urlaubszeitraum nachträglich verändern, solange der Urlaub noch nicht angetreten wurde.

Wenn der Arbeitgeber (Zwangs-)Urlaub früher gewähren will, weil gerade wenig Arbeit vorhanden ist und er hofft, dass er später im Jahr die Arbeitskräfte (dringend) braucht, ist dies nur eingeschränkt möglich. Ist der Urlaub für den späteren Zeitraum festgelegt, ist der Arbeitgeber hieran gebunden. Er kann dies lediglich in existenzgefährdenden Ausnahmesituationen verändern. Ist der Urlaub aber noch nicht festgelegt, kann ihn der Arbeitgeber unter Berücksichtigung des Wunsches des Arbeitnehmers und unter Abwägung der dringenden betrieblichen Belange und der Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer gewähren. Dabei muss er allerdings eine ausreichende Ankündigungsfrist einhalten, damit sich die Beschäftigten auch auf ihren Urlaub einstellen können.

Sozialversicherungsrechtlich wird verlangt, dass Arbeitnehmer vor der Einführung von Kurzarbeit für den Bezug von Kurzarbeitergeld ihren Urlaub, zumindest den Resturlaub des Vorjahres, zur Verhinderung von Kurzarbeit einbringen. Dadurch verschiebt sich gegebenenfalls der Zeitraum der Kurzarbeit nach hinten. In der Corona-Krise im Frühjahr 2020 verlangt die Bundesagentur befristet bis zum Jahresende von den Arbeitnehmern ausnahmsweise nicht, dass sie vor der Bewilligung von Kurzarbeitergeld den Urlaub des laufenden Jahres einbringen.

Was passiert beim Zusammentreffen von gewährtem Urlaub und Kurzarbeit?
Was passiert nun mit bereits festgelegtem Urlaub, der in einem Zeitraum liegt, in dem in Kurzarbeit gearbeitet wird? Beide, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sind hier an die Urlaubsfestlegung gebunden. Dabei ist im ersten Schritt zu klären, wie die Kurzarbeit ausgestaltet ist. Während Urlaub immer für ganze Tage gewährt wird, kann Kurzarbeit ganz anders umgesetzt werden: Beispielsweise so, dass an einzelnen Tagen nicht gearbeitet wird (zum Beispiel 3 Tage arbeiten, 2 Tage frei) oder auch so, dass gar nicht gearbeitet wird (Kurzarbeit „null“). Oft wird aber an jedem Tag unter Verkürzung der arbeitstäglichen Arbeitszeit gearbeitet (5 Stunden statt 7 Stunden pro Tag arbeiten).

Wie viele Urlaubstage nimmt der Arbeitnehmer in einer Urlaubswoche, in der er – hätte er keinen Urlaub gehabt – an drei Tagen gearbeitet und an zwei Tagen aber wegen Kurzarbeit nicht gearbeitet hätte? Beim Zusammentreffen von tageweiser Kurzarbeit mit Urlaub führt dies dazu, dass die Beschäftigten aufgrund zwei unterschiedlicher Sachverhalte „bezahlt“ nicht arbeiten müssen. Da aber eine doppelte Freistellung nicht möglich ist, wird dies von der Rechtsprechung so gelöst, dass die zuvor erfolgte Urlaubsgewährung „ins Leere“ geht.

Die Arbeitnehmer erhalten für die Tage der Kurzarbeit ihr Kurzarbeitergeld. Für den Urlaub, der zuvor für diese Tage gewährt wurde, erhalten sie Ersatzurlaub, der dann später gewährt werden muss. Hätte der Arbeitnehmer also in einer Urlaubswoche ohne den Urlaub an 3 Tagen gearbeitet und an 2 Tagen wegen Kurzarbeit nicht, verbraucht er für diese Urlaubswoche nur 3 Urlaubstage, für die beiden Tage wegen Kurzarbeit hat er später einen Anspruch auf 2 Tage Ersatzurlaub.

Beantragt der Arbeitnehmer erst nach Einführung der Kurzarbeit Urlaub, verbraucht er in diesem Beispiel genauso nur 3 Urlaubstage, um 5 Tage frei zu habe, da an den zwei weiteren Tagen aufgrund von Kurzarbeit und nicht aufgrund von Urlaub arbeitsfrei ist.

Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass sich bei länger andauernder Kurzarbeit auch der Urlaubsanspruch reduziert, so wie er sich auch für Teilzeitbeschäftigte reduziert. Wird zum Beispiel aufgrund von Kurzarbeit „null“ in einem Monat gar nicht gearbeitet, entsteht für diesen Monat auch kein anteiliger Urlaubsanspruch.

Anders ist hingegen die Situation, wenn aufgrund der Kurzarbeit die Arbeitszeit pro Arbeitstag verkürzt wird, also an 5 Tagen pro Woche gearbeitet wird, aber nur 5 statt sonst 7 Stunden zu arbeiten ist. Dann muss der Arbeitnehmer für die Urlaubswoche auch 5 Urlaubstage nehmen.

Urlaubsentgelt bei Urlaub während Kurzarbeit
Ist die Frage geklärt, wie viele Urlaubstage genommen werden müssen, bleibt noch die Frage, wie dieser Urlaub zu vergüten ist.

Grundsätzlich berechnet sich das Urlaubsentgelt nach dem Entgelt, das in den 13 Wochen vor der Urlaubsgewährung verdient worden ist. War in diesem Zeitraum bereits Kurzarbeit angeordnet, würde dies dazu führen, dass sich die Kurzarbeit nachteilig auf die Höhe des Urlaubsgeldes auswirken würde. Hierzu hat der Gesetzgeber aber eine Regelung getroffen, die dies verhindert: § 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG legt fest, dass Verdienstkürzungen aufgrund von Kurzarbeit in den 13 Wochen vor dem Urlaub bei der Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht zu bleiben haben. Für die Tage der Kurzarbeit ist also hier fiktiv das Entgelt zu berechnen, das ohne die Kurzarbeit verdient worden wäre. Dies bedeutet, dass sich die Kurzarbeit nicht nachteilig für die Höhe des Urlaubsentgelts auswirkt.

Kurzarbeit „null“
Da dem Arbeitnehmer bei Kurzarbeit „null“ kein Urlaub gewährt werden kann, erhält er nur das Kurzarbeitergeld und behält seinen Urlaubsanspruch. Der nicht verbrauchte Urlaub ist dann zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren.

Kurzarbeit mit arbeitsfreien Tagen
Hat ein Arbeitnehmer eine Woche „Urlaub“, hätte er aber ohne Urlaub an 3 Tagen gearbeitet und an 2 Tagen wegen Kurzarbeit nicht, erfolgt eine Mischberechnung. Die Höhe der Vergütung ist tageweise zu ermitteln, und zwar danach, aufgrund welcher Regelung der Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht befreit ist.

Für die Tage, an denen die Freistellung von der Arbeitspflicht durch Urlaub erfolgt, erhält der Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt, berechnet nach der Vergütung in den letzten 13 Wochen. So erhält der Arbeitnehmer das Entgelt, das er verdient hätte, wenn er gearbeitet hätte.

Kurzarbeit mit arbeitstäglicher Arbeitszeitreduzierung
Bleibt noch die Frage zu klären, welches Urlaubsentgelt zu zahlen ist, wenn die Kurzarbeit so durchgeführt wird, dass die arbeitstägliche Arbeitszeit reduziert wird, also beispielsweise statt 7 Stunden nur 5 Stunden pro Tag hätte gearbeitet werden müssen?

Hier könnte man auf die Idee kommen, nur 5 Stunden pro Tag zu vergüten. Dies wäre aber europarechtswidrig, da dies dazu führen würde, dass ein durch Vollzeitarbeit erworbener Urlaubsanspruch nur mit einer Teilzeitvergütung vergütet werden würde. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Einführung von Kurzarbeit einem Wechsel in eine Teilzeitbeschäftigung gleichzustellen („vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer”). Dies führt dazu, dass bei Kurzarbeit mit einer verminderten arbeitstäglichen Arbeitszeit während des Urlaubs die Urlaubstage dennoch mit dem Vollzeitentgelt zu vergüten sind.

Nach den ersten Monaten des Jahres 2020, in denen verstärkt und in vielen Betrieben und Branchen in Kurzarbeit gearbeitet wurde, zeigt sich, dass etliche Arbeitgeber die Folgefragen für Urlaubsanspruch und -vergütung nicht korrekt berechnen. Hier sollten Beschäftigte kein Geld verschenken und im Zweifelsfall Rechtsrat einholen.

Viele Fragen rund um Kurzarbeit und Arbeitsrecht in Krisenzeiten können hier nachgelesen werden: Helm/Bundschuh/Wulff, Arbeitsrechtliche Beratungspraxis in Krisenzeiten, Nomos-Verlag, 1. Auflage 2020.

 

Von: Mechtild Kuby

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