OSRAM und LEDVANCE

„Vielleicht werden OSRAM-Produkte am Ende teurer“

23.06.2016 | Zum 1. Juli wird die Abspaltung des traditionellen Lampengeschäfts bei OSRAM vollzogen. Dieses firmiert dann unter LEDVANCE. In Berlin wechseln 260 Beschäftigte in das neue Unternehmen. Was bedeutet die Abspaltung für die Beschäftigten? Was hat der Betriebsrat ausgehandelt und wo liegen die Chancen der Zukunft? Ein Interview mit dem im Juni neu gewählten Betriebsratsvorsitzenden Thomas Wetzel.

Beschäftigte von Osram demonstrieren im September 2014 gegen einen weiteren Stellenabbau.

(c) Thomas Wetzel und Christian von Polentz/transitfoto.de

In den Werkshallen ziehen Handwerker Wände hoch, bauen Türen. Die Betriebsspaltung zwischen OSRAM und dem zum 1.7.2016 ausgegliederten Unternehmen LEDVANCE wird nun auch faktisch sichtbar. Ziel der OSRAM-Geschäftsführung ist es, LEDVANCE an einen Investor zu verkaufen. Was bedeutet diese Trennung für die Beschäftigten in Berlin?

Thomas Wetzel: Von den aktuell rund 1.150 Beschäftigten werden künftig 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für LEDVANCE arbeiten. Wie sicher ihre Arbeitsplätze sind, können wir nicht mit Gewissheit sagen. Zyniker sagen, dass man die Sparte auslagere, damit sie woanders sterben könne. So schwarz sehe ich das überhaupt nicht. Es gibt Lampentypen im traditionellen Bereich, die wird es auch in Zukunft noch länger geben. De facto haben wir mit der Geschäftsführung eine Vereinbarung ausgehandelt, die den Beschäftigten Sicherheit gibt, die über den gesetzlichen Rahmen hinaus reichen. Darauf sind wir stolz.

Was sieht diese Vereinbarung vor?

Danach verpflichtet sich die Geschäftsführung, einen redlichen Käufer zu suchen, der das Geschäft auch fortführen und nicht nur abwickeln will. Da werden wir sie in die Pflicht nehmen. Ermutigend finde ich, dass LEDVANCE eine sehr engagierte Führungsmannschaft bekommt. Deren Strategie kann erfolgreich sein. Sicher ist das aber nicht.

OSRAM lagert sein klassisches Lampengeschäft aus, weil es angesichts innovativer Technologien langfristig zurückgehen wird. Macht das wirtschaftlich Sinn?

Klar ist, dass sich der klassische Lampenmarkt weltweit verändert und weiter verändern wird und sich ein Unternehmen daran anpassen muss. Nach wie vor sind die Margen gut, arbeitet die Sparte profitabel. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr rund zwei Milliarden; bei einem Gesamtumsatz von 5,4 Milliarden Euro. Es war ein wichtiges Standbein. Dieses auszulagern, ist wirtschaftlich gesehen natürlich riskant. Was passiert, wenn die Strategie der Geschäftsführung bei OSRAM nicht aufgeht? Ich jedenfalls bin damit aufgewachsen, dass Unternehmen gut damit fahren, mehrere Standbeine zu haben. Dazu gehört natürlich auch, neue zu entwickeln.

Was bedeutet die Betriebsteilung für den Standort Berlin und seine Beschäftigten?

Das ist die Frage. Auf den ersten Blick sind vor allem die 260 Beschäftigten betroffen, die nun einen anderen Arbeitgeber erhalten. Deren Produkte, wie Shop und Straßenbeleuchtung, deutlich stärker durch den Technologiewandel bedroht sind. Für den bei der OSRAM verbleibenden Teil, der zum Beispiel Xenon-Lampen für die Automobilindustrie oder auch Speziallampen für Foto, Film und Entertainment fertigt, sieht es noch positiver aus. Aber auch hier zeigen deutliche Mengenrückgänge auf eine angespannte Situation hin.

Am Standort stellen die Beschäftigten ihr Glas selbst her, ein wichtiger Abnehmer war bislang die traditionelle Beleuchtungssparte. Welche Folgen hat die Abspaltung für das Glaswerk?

Das ist richtig. In der Vereinbarung haben wir festschreiben können, dass LEDVANCE für einen gewissen Zeitraum sein Glas auch weiterhin von uns beziehen muss. Langfristig können wir nicht verhindern, dass LEDVANCE sein Glas dann in Asien oder woanders kauft. Dann nimmt der Druck auf die Arbeitsplätze zu, weil wir substantielle Umsätze verlieren. Können diese nicht durch Glasverkäufe an Dritte ausgeglichen werden, sinkt die Auslastung des Werkes. Dadurch würden alle Produkte hier am Standort am Ende teurer. Das wirkt sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit aus. Dieses Szenario ist möglich.

Wie wirkt sich die Betriebsteilung auf den Betriebsrat aus?

Wir vom OSRAM-Betriebsrat haben für zwölf Monate ein Übergangsmandat. Das hat mit dem 1. April begonnen und endet im Frühjahr 2017. Dann finden bei LEDVANCE Betriebsratswahlen statt. Die gewählten Betriebsräte agieren dann selbstständig.

Was sehen die Pläne der Geschäftsführung für den Standort Berlin vor?

Wir vermissen derzeit eine langfristige Strategie, die die Vorzüge des Standortes nutzen will. In Berlin haben wir gute Universitäten, es gibt zahlreiche Start-ups. Hier sind wir mit der Geschäftsführung im Gespräch und wollen, dass sie diese Vorteile auch für unser Unternehmen noch stärker genutzt werden. Seit 2008 durchlaufen wir jedoch immer neue Restrukturierungsphasen. Damals hatten wir noch 2.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ab 1.7. werden es unter 1.000 sein.

Werden am Berliner Standort auch neue, innovative Produkte produziert?

Ja die gibt es. Allerdings nicht in einem Rahmen, der das alte Geschäft eins zu eins ersetzen kann. Im traditionellen Segment haben wir eine interne Wertschöpfung von rund 90 Prozent, bei LED-Lampen dürfte diese eher zehn Prozent ausmachen. Was das für die Beschäftigten langfristig heißt, liegt auf der Hand. Gerade deswegen fordern wir mehr Anstrengungen und mehr Investitionen in die Zukunft am Standort. Hier können sich alle sicher sein, dass wir mit Nachdruck für unseren Standort kämpfen werden.

Unsere wichtigste Ressource in Berlin sind die sehr gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Viele von ihnen haben die technologischen Umwälzungen im Lampenbereich mitgetragen. Sie sind motiviert und wollen auch die nächsten Innovationsschritte aktiv mitgehen. Dazu muss man ihnen aber auch die Chance geben.

Von: mn

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