12.06.2025 | Trotz monatelangem Kampf der Beschäftigten steht nun das Aus für das Hartmetallwerk G-Elit in Reinickendorf fest. Doch der Widerstand hat sich gelohnt: Durch anhaltenden Druck konnte ein starker Sozialplan durchgesetzt werden.
Ende Februar 2025 schockte das Management der Gühring-Gruppe aus Albstadt mit der Ansage, das Hartmetallwerk G-Elit mit 280 Beschäftigten in Reinickendorf zum Jahresende abzuwickeln. Sofort schlossen die Beschäftigten ihre Reihen und organisierten sich komplett in der IG Metall. In den anlaufenden Interessenausgleichsverhandlungen versuchten Betriebsrat und IG Metall ein alternatives Geschäftsmodell zu entwerfen. Denn das Werk stellt höchstwertige Werkzeuge für spanabhebende Prozesse her. Komplexe Bohrer und Fräsköpfe von Gühring sind begehrt und stellen ein Alleinstellungsmerkmal des Berliner Werkes dar. Aber auch ein Wirtschaftskonzept mit verschlankter Mannschaft würde die Fixkosten des in die Jahre gekommenden Werkes und vor allem die seit Längerem verbuchten Absatzverluste nicht auffangen können.
Hintergrund für diese Situation ist vor allem die Krise in der Autoindustrie und in Teilen des Maschinenbaus. Allerdings hätte die Konzernführung bereits vor einigen Jahren mit Weitblick auf diese Situation reagieren können. Denn ein Zukunftstarifvertrag mit der IG Metall, flankiert von einem tragfähigen Umbau bei den Geschäftsmodellen, wäre erfolgversprechend gewesen. Leider hat die Gühring-Gruppe zu lange geschwiegen und abgewartet. Andere Werke des Konzerns trifft es nun ebenso.
In den nun abgeschlossenen Verhandlungen öffnete sich das Unternehmen dann erstmalig so weit, dass die IG Metall Berlin die tatsächliche Reichweite der Problemlagen erkennen konnte. Die nicht nur Berlin betreffende wirtschaftliche Schieflage ließ keinen Spielraum für den Erhalt des Werkes in Reinickendorf. Die organisierte Belegschaft erzeugte dennoch außerordentlichen Druck auf das Management. Allen war klar, dass der Sozialplan inkl. Abfindungen gut werden musste. Eine Billigvariante hätte niemand akzeptiert. Kurz vor der Gründung einer Tarifkommission und dem daraus folgenden Einstieg in einen Arbeitskampf gelang der Durchbruch. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Für einige gibt es Ersatzarbeitsplätze (abgesicherte bisherige Entgelte) im Schwesterbetriebsteil in der Lengeder Str., ebenfalls in Reinickendorf. Die Anzahl von 280 ursprünglich betroffenen Beschäftigten reduzierte sich somit auf 200 Kollegen/-innen am Ende. Diejenigen, die nun ihren Arbeitsplatz verlieren werden, erhalten für jedes Kind 7.500 Euro und für unterhaltspflichtige Personen 5.000 Euro, ebenso 5.000 Euro für Schwerbehinderte. Alles on top auf die bis 150.000 Euro gedeckelten Abfindungen. Bedenkt man die teilweise jahrzehntelange Betriebszugehörigkeit, sind dies ordentliche Summen. Hinzu verhandelt wurde eine Transfergesellschaft, in der das Transferkurzarbeitergeld auf 80% aufgestockt wird. Dies erleichtert den Eintritt in neue Beschäftigungsverhältnisse enorm.
Letztendlich tut es aber allen weh hier abzuschließen. Immer noch sagen viele, man braucht doch den "Mercedes" unter den Hartmetallwerkzeugen. Wieso sollen wir für eine verfehlte Unternehmensführung die Konsequenzen tragen? Alles in allem sind sich die Beschäftigten einig. Der Gegendruck von unten und die Vorbereitung auf einen längeren Arbeitskampf zusammen mit der IG Metall Berlin haben sich gelohnt. Erst diese Energie hat das Unternehmen überzeugt, allgemein guten Lösungen für das Ausscheiden der Beschäftigten zuzustimmen.