18.12.2024 | In Berlin arbeiten rund 200.000 Menschen in der klassischen Industrie und in Unternehmen der Digitalwirtschaft. Stellenabbau und Standortschließungen werden zurzeit in zahlreichen Unternehmen verkündet. Wie sieht es in Berlin aus? Sind Berliner Unternehmen vom Stellenabbau in der Autoindustrie und in Zuliefererbetrieben betroffen?
Im Sommer war die Lage noch relativ ruhig. Gemeinsam wurde eine Forderung von 7 Prozent mehr Entgelt in der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie beschlossen. Und dann kamen die Einschläge immer näher. Der Technologiekonzern ZF – Autozulieferer für Porsche und andere Marken – gab bekannt, insgesamt 14.000 Arbeitsplätze allein in Deutschland abzubauen. Als Grund dafür wurde die Marktlage an deutschen Standorten angegeben. Im November meldete ZF, dass beispielsweise in Schweinfurt die Arbeitszeit auf 32,5 Stunden pro Wochen abgesenkt werden solle. Das betrifft 9.800 Beschäftigte am Standort. Mit der Arbeitszeitverkürzung sollen Überkapazitäten ausgeglichen und Stellenabbau verhindert werden.
Siemens in Berlin ist ein Begriff. Noch sind in der Hauptstadt mehr als 10.000 Menschen bei der Siemens AG und Siemens Energy beschäftigt und in Ausbildung. Im Juli 2024 verkündete der Konzern, dass weltweit 17.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren sollen, davon 5.250 in Deutschland. Obwohl Siemens im November Rekordgewinne feierte, die Prognosen optimistisch ausfielen, verkündete Siemens-Chef Roland Busch, dass in der Vorzeigesparte Digital Industries (DI) Stellen abgebaut werden sollen. Seine neue Strategie „One Tech Company“ sei „ein Wachstumsprogramm“, beteuerte er bei Vorlage der Bilanz, berichtete das Handelsblatt. Doch der Weg dahin sei schwierig. Die Kernsparte Digital Industries stecke wegen der schwachen Nachfrage nach Industrieautomatisierungstechnik in der Krise.
Dies sind nur zwei Beispiele für den täglich verkündeten Stellenabbau in Deutschland. „In Berlin sind die Einschläge noch nicht so hart“, berichtet Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin. „Aber Berlin wird nicht verschont werden. Gerade jetzt müssen wir in den Betrieben stärker werden, um Stellenabbauplänen von Arbeitgebern sofort begegnen zu können. Mit der IG Metall im Rücken geht das besser!“
Ende November verkündete der Autozulieferer Bosch, dass wegen der schwachen Nachfrage weltweit bis zu 5.500 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. In Deutschland betrifft das 3.800 Kolleginnen und Kollegen. Der Zulieferer begründet die Sparpläne mit der Krise in der Autoindustrie. Die tagesschau meldete: "Die globale Fahrzeugproduktion wird in diesem Jahr bei rund 93 Millionen Einheiten stagnieren, wenn nicht sogar gegenüber dem Vorjahr leicht zurückgehen", teilte das Unternehmen Bosch mit. Auch der Wettbewerbs- und Preisdruck habe sich verschärft. Eine Erholung sei allenfalls geringfügig in Sicht in Sicht. Auch wenn Bosch keine Produktionsstätten in Berlin hat, gibt es die Tochterunternehmen Bosch Digital, die sicherlich auch mittelbar betroffen sind.
Derzeit fertigen rund 3.300 Beschäftigte im BMW Motorradwerk täglich im Schnitt 900 Motorräder. Das Werk punktet mit E-Motorradwerken und wurde in der Vergangenheit am Standort in Spandau aufgestockt, da die Fläche keine Ausweitung der Fertigungshallen zuließ. Derzeit ist die Lage im Werk stabil, die Auftragslage sehr gut. Aber auch bei BMW gibt es eine Gewinnwarnung und erste Einschnitte.
Der niederländische Konzern ASML hat in den letzten Jahren seinen Standort Berlin stark vergrößert und baut weiter aus. Rund 1.000 Beschäftigte stellen bei ASML in Berlin in der Produktion komplexe Lithografie Systeme her, die für die Produktion von Mikrochips entscheidend sind. Insgesamt arbeiten mehr als 1.800 Beschäftigte bei ASML in Berlin, da am Standort auch entwickelt und geforscht wird.
Die Kolleginnen und Kollegen von CARIAD haben erst im Frühjahr 2024 einen Tarifvertrag für die Beschäftigungssicherung erreicht. Damit sind betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2029 ausgeschlossen. Allerdings wirkt sich die Krise des Volkswagen-Konzerns und der angekündigte Stellenabbau von 12.000 Beschäftigten und die mögliche Schließung von drei Standorten, womöglich auch auf die konzernweit 120.000 Beschäftigten und die rund 1.400 Beschäftigten bei CARIAD in Berlin aus. Bundesweit entwickeln 6.000 Menschen in der Softwaresparte des VW-Konzerns grundlegende Software, beispielsweise auch Fahrassistenten für die Marken von Volkswagen.