Keine Zeit für neue Mauern

You are leaving the 35-Stunden-Sector

12.05.2019 | 60 Kolleginnen und Kollegen der Thales Group positionierten sich am Donnerstag entlang der ehemaligen Mauer, Beschäftigte von Siemens Mobility verspeisten einen Tag später symbolisch die 38 Stundenwoche. Damit sie trotzdem satt wurden, gab es auch Würstchen und Kekse.

Die Mauer ist weg - und immer noch da. Thales-Beschäftigte fordern: Weg mit der Tarifmauer. (c) privat

Sie verlassen den 35 Stunden-Sektor.

Siemens Mobility - 38 Stunden - nicht mit uns. Foto (c) privat

Die Kolleginnen und Kollegen wissen genau, was sie mit den drei Stunden mehr Zeit machen wollen.

„Bei Thales gibt es Büros, da arbeiten die einen 35 Stunden und die anderen müssen drei Stunden länger ran, obwohl sie das Gleiche machen und verdienen“, kritisiert Dorothea Lay, Betriebsratsvorsitzende bei der Thales Group. „Das finden die Kolleginnen und Kollegen vollkommen ungerecht“, fügt sie hinzu. Genau deshalb opferten am Donnerstag 60 Kolleginnen und Kollegen aus der Berliner Thales-Belegschaft ihre Mittagspause, um auf die nach wie vor existente Tarifmauer aufmerksam zu machen, die sich durch die Hauptstadt zieht. Ein Plakat fasste den Skandal in Worte: „Your are leaving the 35h-Sector“.

Auch bei Siemens Mobility arbeiten die Kollegen im 38-Stunden-Sektor, wobei manche drei Stunden weniger am Arbeitsplatz sitzen müssen. Im Rahmen der Aktionswoche legten die Kolleginnen und Kollegen nach und verspeisten am 10. Mai symbolisch die 38-Stundenwoche. Richtige Würstchen gab es Dank der IG Metall auch, zudem Gebäck, wenn auch nicht die genialen 35er-Kekse, die Kolleginnen und Kollegen für die vorausgegangene Aktion bei Mobility gebacken hatten.

Viele der Beschäftigten schrieben auf Stellwände, was sie machen würden mit den drei Wochenstunden, würden sie diese nicht mehr zusätzlich arbeiten müssen.  „Mehr Zeit für Kinder, Enkel und die Familie“, „meine Oma pflegen“, „mich gemeinnützig engagieren“ oder „mit meinen Braunschweiger Kollegen Feierabend machen“.  „Dass wir diese ungerechte Situation immer wieder thematisieren und Verhandlungen darüber in der Tarifrunde erzwungen haben, finden alle gut. Sie wollen jetzt aber auch, dass sich die Arbeitgeber endlich bewegen“, sagt Frank Kasischke, Gesamtbetriebsrat bei Siemens Mobility.

Denn bei allen grandiosen, lustigen und schönen Aktionen bleibt das Unding, dass sich die Arbeitgeber seit 30 Jahren auf Kosten der im Tarifgebiet Ost Beschäftigten bereichern. Manche von ihnen nutzten die Tatsache schamlos aus, dass es zwei Tarifgebiete in Berlin gibt und verlegten ihren Firmensitz einfach mal in den Osten. Damit verschärften sie die Ungerechtigkeit. „Es ist überfällig, dass dieser unhaltbare Zustand endet, dass alle Beschäftigten 35 Wochenstunden arbeiten“, sagt Birgit Dietze, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin.

Keine Einigung um jeden Preis
Dass auch die Arbeitgeber endlich bereit zu konstruktiven Gesprächen sind, begrüßt Birgit Dietze, die selbst im Osten Berlins groß geworden ist und ihre ersten Berufsjahre in einem Kombinat arbeitete. „Die Arbeitgeber stehen auch in der sozialen Verantwortung, die Angleichung der Arbeitszeit auf 35 Stunden einzuleiten und auch ihrerseits für einen Abschluss zu sorgen“. Die Erste Bevollmächtigte der IG Metall betont zudem, dass IG Metall und Arbeitnehmervertreter keinen Deal um jeden Preis abschließen würden. Dass die Arbeitgeber sich fundamental bewegen müssen, ist allen klar. Sie sollten es endlich tun.  

 

Von: mn

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