Siemens Schaltwerk

Stellenabbau im Siemens Schaltwerk? Interview mit Horst Hennig, Betriebsratsvorsitzender

12.06.2015 | Am Dienstag wurden auf einer Betriebsversammlung im Schaltwerk die MitarbeiterInnen informiert, dass der Stellenabbau nicht nur das Gasturbinenwerk, sondern auch im Schaltwerk mit rund 3200 Beschäftigten, darunter 130 Auszubildende Arbeitsplätze und Prozesse überprüft werden. Die Beschäftigten im Werk sind sehr verunsichert und bangen um ihre Arbeitsplätze. Ein Interview mit Horst Hennig, Betriebsvorsitzender im Schaltwerk.

Fotos: Christian von Polentz/transitfoto.de

Horst, was wurde vom Vorstand bekannt gegeben?

Leider müssen wir am Standort Schaltwerk auch dem Programm „1by16“ Arbeitsplätze opfern. Zusätzlich wird ähnlich wie im Gasturbinenwerk  das Thema Fertigungstiefe überprüft. Komponenten in der Montage und die vorgelagerten Prozesse, wie Vorfertigung und Logistik. Die Überprüfung der Fertigungstiefe scheint eins der zentralen Themen in Werken zu werden.  Aber wir fertigen komplexe Systeme, dafür ist das notwendig.

Was bedeutet ein Stellenabbau in diesem Umfang für das Schaltwerk?

Das Schaltwerk ist das zweitgrößte Siemens-Werk in Berlin. Es hat in der Vergangenheit schon den einen oder anderen Tiefpunkt gegeben. Mitte der 90ziger, alte aber zuverlässige Produkte, lange Montagezeiten und rote Zahlen. Dann kam der Warnschuss vom Vorstand. Mit neuen Produkten und schnelleren Produktabläufen kam die Wende. Die Kunden gaben uns das Vertrauen und wir konnten unsere Lieferzahlen deutlich steigern. 

Ein zweites Beispiel: 2004 wurde unser Behälterzentrum mit 12 Millionen Euro modernisiert. Die alten Maschinen konnten den Bedarf nicht mehr bewältigen. Mitten in einer Durststrecke eine Investition mit der Folge, dass innerhalb von 24 Stunden Behälter in die Montage geliefert werden können. „Just in Time“ auf dem Werksgelände.

Die „Überprüfung“ in der Vorfertigung kann aus unserer Sicht die gewonnenen Vorteile wieder in Frage stellen und einen weiteren gravierenden Abbau von Arbeitsplätzen auslösen.

Das Schaltwerk ist  der zweitgrößte Ausbildungsstandort von Siemens Berlin, mit dem Vorteil, die zentrale Ausbildung vor der Tür. Das ist für uns ein wichtiges Standbein.  Auch dafür ist es wichtig, dass wir die Fertigungstiefe bzw. die anderen Prozesse behalten.

Siemens ist der größte industrielle Arbeitgeber in Berlin und auch ein Trendsetter in der Hauptstadt. Siemens spielt – zu Recht – auch in den örtlichen Verbänden und in der industriellen Entwicklung  eine wichtige Rolle.

Wie sind die Reaktionen im Schaltwerk bei den Kolleginnen und Kollegen?

Die Reaktionen sind unterschiedlich. Sie liegen zwischen „nicht schon wieder“ und „das darf nicht sein“.

Wir haben  vor Jahren ein Teilstück abgeben müssen. Unser Bereich Niederspannung war in vieler Hinsicht Vorreiter im Schaltwerk: schnelle abgestimmte Prozesse, Liefertreue und eine gute eingespielte Mannschaft. Die Verlagerung nach Tschechien war für viele Kolleginnen und Kollegen ein Schock. Die Arbeit ging raus und sie bekamen im Werk neue Aufgaben.

Das war auch ein Grund für uns, die „Schaltwerker“ frühzeitig über die aktuelle Situation auf einer Betriebsversammlung  zu informieren.

Viele sind schon lange „Schaltwerker“, hier gelernt,  Weiterbildung, dann neue Aufgaben. Und bei uns im Schaltwerk arbeiten auch ganze Familien.      

Wie sehen jetzt Eure nächsten Schritte als Betriebsrat aus?

Wir müssen jetzt alle unsere Hausarbeiten machen. Wir sind in einer frühen Phase und haben, so hoffe ich, noch alle Möglichkeiten eine positive Weiterentwicklung im Schaltwerk zu erreichen.

Der Betriebsrat hat vom Gesamtbetriebsrat das Projekt übertragen bekommen. Wir haben die Arbeit dazu  aufgenommen und es geht jetzt darum, Zahlen, Daten, Fakten zu sammeln, auszuarbeiten und auszuwerten. Wir benötigen den einen oder anderen Input, die Unterstützung aus der Mannschaft, damit wir selbst ein alternatives Konzept aufstellen können. Wir werden selbst und auch über unsere Vertrauensleute über die Fortschritte und die neuen Entwicklungen berichten.

Die Mannschaft wird sicher in den nächsten Monaten, einmal mehr die Ärmel hochkrempeln müssen. In den Werkstätten ist zurzeit gut zu tun. Aber wir haben uns am Dienstag als Mannschaft präsentiert und deshalb ist mir nicht bange. Gemeinsam werden wir das stemmen.

Horst, letzte Frage: Was ist die „Rose der Hoffnung“ und warum sucht ihr einen Platz?

Regina Katerndahl von der IG Metall Berlin hat Günter Augustat vom Gasturbinenwerk und mir für das Schaltwerk am Siemens-Aktionstag eine Rose der Hoffnung überreicht. Diese werden wir einpflanzen, damit wir in zwei Jahren zum 100. Jubiläum eine schöne, große Rose und hoffentlich und hoffentlich noch viele Arbeitsplätze im Werk feiern können.

Von: aw

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