Betriebsräte/Vertrauensleute

IG Metall-Jugend wirkt:

Das neue Berufsbildungsgesetz

18.02.2020 | Das zum 1. Januar stark überarbeitete Berufsbildungsgesetz regelt fast alle Aspekte der dualen Ausbildung. Die IG Metall-Jugend hat sich für viele Verbesserungen im BBiG eingesetzt – einige Vorschläge haben es mit in das neue Gesetz geschafft. Jetzt geht es darum, diese Verbesserungen in den Betrieben durchzusetzen.

Gute Tarifbedingungen = gute Ausbildung

Das neue Berufsbildungsgesetz (BBiG) beinhaltet dank eines gemeinsamen Vorschlags von DGB und Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) eine in wesentlichen Punkten verbesserte Mindestvergütungsregelung für Auszubildende. So wird die Mindestvergütung für Auszubildende nicht an das Schüler-BAföG, sondern an den Durchschnitt der Ausbildungsvergütungen gekoppelt. Neu im Gesetz ist zudem, dass die Mindestvergütung jährlich automatisch entsprechend der Durchschnittswerte aller Ausbildungsvergütungen angepasst wird. Bis 2023 sind in einer Einführungsphase feste Beträge der Mindestvergütung für Auszubildende vorgesehen.

Mindestausbildungsvergütung größter Pluspunkt
Die Mindestausbildungsvergütung überzeugt nicht nur dadurch, dass sie eine unterste Haltelinie – vergleichbar dem Mindestlohn – für Ausbildungsvergütungen einzieht. Die Neuregelung definiert nun erstmals per Gesetz die Angemessenheit von Ausbildungsvergütungen. Angemessen sind zukünftig klipp und klar tarifliche Ausbildungsvergütungen. Das stärkt die Rolle der Tarifpartner in der Berufsausbildung, aber auch ihre Verantwortung für die Auszubildenden.
Die Neuregelung findet auch ihren Niederschlag im Sozialgesetzbuch (SGB) III und ist auch für Auszubildende in außerbetrieblicher Ausbildung gültig. Sie gilt zusätzlich auch für Menschen mit Behinderung, die eine von der Bundesagentur für Arbeit (BA) geförderte außerbetriebliche Ausbildung aufnehmen. Damit verbessert das BBIG Integration und Inklusion in der Berufsbildung.

Rechte von Auszubildenden gestärkt
Der Bundestag hat auch die von uns geforderte gesetzlich garantierte Freistellung aller Auszubildenden für die Berufsschule sowie die Freistellung am Arbeitstag vor schriftlichen Prüfungen ergänzt. Damit ist erstmals seit über 20 Jahren die Freistellung für die Berufsschule sowie deren Anrechnung auf die Ausbildungszeit wieder  vernünftig für volljährige Auszubildende geregelt.
Im Ergebnis dürfen nun auch volljährige Auszubildende vor oder nach einem langen Berufsschultag nicht mehr in den Betrieb zitiert werden. Das stärkt den Lernort Berufsschule und macht die Ausbildung in Betrieb und Schule für die Jugendlichen attraktiver. Vor allem aber sind die Rechte der Auszubildenden damit gestärkt. In diesem Zusammenhang wird auch das Jugendarbeitsschutzgesetz angepasst werden.
Ein weiterer wichtiger Fortschritt ist, dass die Ausbildungsmittelfreiheit künftig auch für Fachliteratur gilt. Angesichts eines zunehmenden Einsatzes digitaler Fachliteratur während der Ausbildung bleiben diese Kosten den Auszubildenden damit erspart.

Das Prüferehrenamt ist gestärkt
Für ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer gibt es nun endlich eine gesetzlich garantierte Freistellung. Das wird den Generationenwechsel im Prüferehrenamt zumindest ein bisschen leichter machen. Viele Prüferinnen und Prüfer hatten es bisher schwer, vom Betrieb für ihr Ehrenamt freigestellt zu werden. Zudem hat der Gesetzgeber mit den ebenfalls neu eingeführten (Transparenz-)Regelungen zur Benennung und Berufung sowie zum Einsatz des Prüferehrenamtes diese Verfahren verlässlicher gestaltet und zukünftig auch nach-vollziehbar gemacht.

Evaluierung umstrittener Neuregelungen
Dass die Novelle des Berufsbildungsgesetzes zwischen den Akteuren in den wesentlichen Punkten umstritten war, zeigt sich daran, dass die wichtigsten Neuregelungen nach fünf Jahren wieder auf den Prüfstand gestellt werden sollen. Dies gilt für die Mindestausbildungsvergütung, die Regelungen zur Prüferdelegation und die neu eingeführte Rückfalloption bei der Ausgestaltung von Ausbildungsordnungen in „verwandten“ zwei- und dreijährigen Ausbildungsberufen.
In einem gesonderten Entschließungsantrag fordert der Bundestag das zuständige Ministerium auf zu evaluieren, ob bei den eingeführten drei Fortbildungsstufen Berufsspezialist/in, Bachelor professional und Master professional struktureller oder qualitativer Verbesserungsbedarf besteht. Diese Ergebnisse sollen in fünf Jahren vorliegen.

Duales Studium bleibt Thema
Beim dualen Studium hatte der DGB gefordert, die betrieblichen Phasen des praxisintegrierten dualen Studiums in den Geltungsbereich des BBiG aufzunehmen. Dieser Schritt ist leider ausgeblieben. Ein gemeinsamer Prozess von Bund, Ländern und Sozialpartnern soll dieses Thema aber weiter bearbeiten. Unser Ziel bleibt es, dass die Dual Studierenden genauso wie die Auszubildenden von den Qualitätsstandards und den Schutzrechten des Berufsbildungsgesetzes im Betrieb profitieren.

Fazit: Wichtige Verbesserungen & bleibender Handlungsbedarf

Der DGB hat sich eine mutigere Novelle des BBiG gewünscht. Angesichts des verstolperten Referentenentwurfs und massiver Widerstände anderer Akteure der Berufsbildung kommen wir zur Einschätzung, dass das BBiG mit der Mindestausbildungsvergütung, der Freistellung für das Prüferehrenamt sowie der Freistellung für die Berufsschule und vor Prüfungstagen große Fortschritte enthält. Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass viele Neuregelungen Probleme bereiten werden:
•    Auch durch den Vorschlag neuer Titelbezeichnungen für die höherqualifizierende Berufsbildung wie Berufsspezialist/in, Bachelor professional und Master professional 01511 623wird die Neuregelung der beruflichen Fortbildung nicht besser. Die Sachverständigen in den Neuordnungsverfahren sowie unsere Beauftragten im Hauptausschuss des BIBB haben nun die undankbare Aufgabe, diese Etiketten mit Inhalt zu befüllen.
•    Die vorgeschlagenen Neuregelungen im Prüfungswesen ist im Gesetzesentwurf dahingehend überarbeitet worden, dass die Parität und das Kollegialprinzip im Prüfungswesen erhalten und mehr Transparenz bei der Berufung und Benennung wie auch zum Einsatz von Prüfenden hergestellt wird. Allerdings sehen wir Gefahren im Hinblick auf die Durchführung rechtssicherer Prüfungen.
•    Die vorgeschlagenen Anrechnungs- und Anerkennungsmöglichkeiten bei der Ausgestaltung von Ausbildungsordnungen von verwandten zwei- und dreijährigen Ausbildungsberufen bergen die Gefahr, dass die Zahl gestufter Ausbildungen erhöht wird.

Von: DGB

Unsere Social Media Kanäle