Management und Inhaber bei Knorr Bremse & KB Powertech:

„Zutiefst asozial“

24.02.2017 | Sie haben eine prall gefüllte Kasse, kaufen ein Unternehmen nach dem anderen auf und drangsalieren deren Belegschaften. Management und Inhaber von Knorr Bremse sind besonders gut in Wasser predigen und Schampus saufen: Jetzt wollen sie den gut 350 Berliner Beschäftigten von KB Powertech in Tegel sieben Stunden (!) mehr Arbeit pro Woche aufdrücken – ohne einen Cent mehr bezahlen zu wollen. Ein Tag länger arbeiten für umme: Wo gibt es das denn?

Der Spiegel über Klaus Deller, CEO bei Knorr Bremse: "rund elf Millionen Euro, ohne dass der 52-Jährige auch nur einen Tag für das Familienunternehmen gearbeitet hat" Bild: Knorr Bremse AG

So einfach soll es gehen: einen einseitigen Wisch mit zwei Paragrafen aufsetzen und schon arbeiten 350 Männer und Frauen einen Tag länger pro Woche - für umsonst?

KB-CEO Deller: "nicht so schlimm, länger zu arbeiten.“

Es ist immer eine Frage, wie man die Dinge sagt: Der Arbeitgeber spricht von einem „Angebot zur Vertragsänderung“ und einer Unterschrift, die „freiwillig“ sei. So steht es jedenfalls in einer Mitteilung der Geschäftsleitung des Tegeler Werkes vom Donnerstag der Woche. So reden manche, wenn andere Kreide fressen sollen und man ihnen vorher Honig um den Bart schmiert.

Standard in der Metall- und Elektroindustrie ist die 35 Stunden-Woche. Im Knorr Bremse-Konzern allerdings müssen die Kollegen 42 Stunden arbeiten. Nun sollen auch die Berliner Beschäftigten bei KB Powertech in Berlin die in der Branche unüblichen 42 Stunden arbeiten. Bezahlen wollen die Manager allerdings keinen Cent mehr – zumindest den Arbeitnehmern nicht. Ein Angebot ist das also nicht, eher eine Drohung. Und besonders freiwillig ist es auch nicht.

48 oder 84 Minuten pro Tag mehr?  

Einen Tag später, am Freitag, kam dann der Chef vom Ganzen, Klaus Deller, und legte noch einen nach. Vor der versammelten Belegschaft der KB Powertech sagte der Vorstandsvorsitzende von Knorr-Bremse, man wolle den Standort sanieren. Dafür solle die Belegschaft „ihren Beitrag leisten.“ Es sei doch nicht so schlimm, „48 Minuten pro Tag länger zu arbeiten.“

Bloß: „Die Zahlen von Herrn Deller sind schlicht falsch“, sagt Klaus Abel, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. „Es ist richtig, dass die Kollegen schon lange ihren Beitrag zur Gesundung des Standorts leisten. Mit 38 Stunden pro Woche arbeiten sie bereits drei Stunden länger und bekommen nur 35 Stunden bezahlt.  Sie verzichten also seit Jahren auf den ihnen eigentlich zustehenden Lohn, damit der Standort gesunden kann.“  
Zum  1. Juni nun läuft der Änderungsvertrag aus und die Belegschaft kehrt laut abgeschlossenem Tarifvertrag zur 35 Stunden Woche zurück. Statt der von Klaus Deller formulierten „48 Minuten“ sollen die Kollegen also sieben Stunden länger pro Woche arbeiten: Und das sind 84 Minuten mehr. Pro Tag.

Klaus Deller, verantwortlich für mit Stand 2015 weltweit 25.000 Mitarbeiter und 5,8 Milliarden Euro Umsatz, machte am Freitag gleich Nägel mit Köpfen. Er ließ einen einseitigen Wisch namens „Änderungsvertrag“ verteilen (siehe Anhang zum Download unten), wonach die „regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 42 Arbeitsstunden“ betrage. Und: „Die Vergütung wird durch diese Arbeitszeitvereinbarung nicht verändert.“ Die Kollegen sollten doch gleich unterschreiben, ließ die Konzernspitze verkünden.

Auf keinen Fall unterschreiben

„Das sollten sie auf keinen Fall tun“, sagt der Berliner IG Metall-Chef Klaus Abel. „Kein Arbeitnehmer muss freiwillig sieben Stunden länger arbeiten und sich gleichzeitig um seinen Verdienst berauben lassen.“

Abel empfiehlt der Belegschaft daher, sich von der IG Metall eingehend über ihre Rechte beraten zu lassen und dann eine kollektive Lösung anzustreben, die eine Besserstellung und nicht eine Schlechter-Stellung der Belegschaft beinhaltet: „Natürlich leisten die Kollegen auch weiterhin einen Beitrag zum Erhalt des Standortes. Aber nur wenn das Management endlich seine Aufgaben macht und die Steuerung des Unternehmens im Griff hat.“  Am Ende des Artikels finden Interessierte mehrere Unterlagen zum Herunterladen mit Antworten auf die offenen Fragen.

„Das Agieren von Knorr Bremse und seinen Eigentümern ist zutiefst asozial“, sagt Klaus Abel. „Sie pressen nicht nur ihre Belegschaften aus, sondern machen auch die Märkte kaputt. Denn während die Mitkonkurrenten 35 Stunden pro Woche arbeiten, kann Knorr mit seinen 42 Stunden jedes Angebot unterbieten. Das ist ein unglaublich unfaires Agieren am Standort Deutschland.“

Wasser predigen, Schampus saufen: 11 Millionen Euro für keinen Tag Arbeit  

Zumal für das Management von Knorr Bremse andere Gesetze zu herrschen scheinen. Denn wenn Klaus Deller die Maßstäbe, die für ihn selber gelten,  auch für seine Berliner Kollegen bei KB Powertech anwenden würde, würde es teuer werden für Knorr Bremse. So soll er laut „Spiegel online“ elf Millionen Euro überwiesen bekommen haben, ohne einen Tag zu arbeiten: „Der Automobilzulieferer Schaeffler zahlt Klaus Deller rund elf Millionen Euro, ohne dass der 52-Jährige auch nur einen Tag für das Familienunternehmen gearbeitet hat.“ Hintergrund: Deller sollte Chef beim Automobilzulieferer Schaeffler werden, hat aber seinen Job nicht angetreten, weil sich die Eigentümer anders entschieden. Also bekam er den Vertrag ausbezahlt.

So gibt es Regeln für die  einen, die einen Arbeitstag pro Woche umsonst arbeiten sollen. Und Regeln für die anderen, die elf Millionen Euro einsacken, ohne einen Tag zu arbeiten. Gefallen lassen sollte man sich das nicht.

Von: ab

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