Rechtstipp

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Austritt aus dem Arbeitgeberverband und die Folgen

26.02.2016 | „Tarifflucht“ ist ein nach wie vor drängendes Thema und bewegt die Gemüter. Doch kann sich ein tarifgebundenes Unternehmen so einfach dem Tarifvertrag entziehen? Hilft etwa ein Blitzaustritt aus dem Arbeitgeberverband? Im Zweifel nicht. Die Sache ist komplex.

Fachanwalt Dr. Lukas Middel

Zunächst einmal sind Tarifvertragsparteien Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber (beim Haustarif-vertrag) sowie Vereinigungen von Arbeitgebern, beispielsweise der Verband der Metall- und Elektroindustrie (VME) in Berlin und Brandenburg. Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien, also die Gewerkschaftsmitglieder und die Mitgliedsunternehmen im Arbeitgeberverband.



Verbandsaustritt, Mitgliedschaft ohne Tarifanbindung, was ist das eigentlich?
Um aus der Tarifverbindung auszusteigen, haben Arbeitgeber mehrere Optionen. Dazu muss man wissen, dass sich die Arbeitgeberverbände in der Regel als Vereine organisieren. Aus diesen Vereinen kann ein Arbeitgeber austreten und sich damit der Tarifbindung entziehen. Die Fristen regelt die jeweilige Vereinssatzung. Die Kündigungsfrist darf indes nicht länger als 6 Monate betragen.

Der Arbeitgeber kann auch im Verband bleiben und dort von der Mitgliedschaft in die Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (MOT) wechseln, wenn der Arbeitgeberverband eine solche Möglichkeit zulässt. Rechtlich verstößt der Verband damit nicht gegen die Verpflichtung, seine Mitglieder gleich zu behandeln.

Gleichwohl gelten für einen Blitzwechsel in die OT-Mitgliedschaft besondere Regeln. So kann ein Wechsel in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung - trotz satzungsmäßiger Zulässigkeit - tarifrechtlich unwirksam sein, wenn dieser während laufender Tarifverhandlungen erfolgt und die an den Verhandlungen beteiligte Gewerkschaft nichts davon weiß.

Was bedeutet der Verbandsaustritt oder der Wechsel in die OT-Mitgliedschaft für die Geltung der Tarifverträge?
Mit dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband oder den Wechsel in eine OT-Mitgliedschaft endet aber nicht automatisch die Tarifbindung. Für die Dauer der satzungsmäßigen Kündigungsfrist bleibt die Tarifbindung uneingeschränkt bestehen. Auch neu abgeschlossene Tarifverträge, die während der Kündigungsfrist abgeschlossen werden, gelten für das scheidende Mitgliedsunternehmen bis der Tarifvertrag ausläuft. Juristen sprechen hier von einer Nachbindung.

Die „Tarifbindung“ gilt aber auch in dem – unwahrscheinlichen – Fall, dass ein Tarifvertrag ausläuft, ein neuer Tarifvertrag aber erst einmal nicht zustande kommt. In diesem Fall gilt die „Tarifbindung“, bis der neue Tarifvertrag geschlossen ist. In diesem Fall sprechen Juristen von der Nachwirkung des alten Vertrages.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Rechtsnormen eines abgelaufenen und damit außer Kraft getretenen Tarifvertrages weiter "nachwirken". Der gesamte Tarifvertrag als Grundlage des Arbeitsverhältnisses verlöre sonst mit seinem Ablauf jede Wirksamkeit.

Dr. Lukas Middel ist Spezialist im Betriebsverfassungs- und dem übrigen kollektiven Arbeitsrecht, Partner der Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte in Berlin
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Von: lm

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