Rechtstipp

Rechtstipp

Gesetzliche Regelungen zur Brückenteilzeit

02.03.2019 | Seit dem 1. Januar ist das Gesetz zur Brückenteilzeit in Kraft. Dieses bietet Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Unternehmen mit mehr als 45 Beschäftigten die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für einen befristeten Zeitraum zu reduzieren, ohne dass Gründe wie Kinderbetreuung oder Pflegezeit vorliegen. Dieses Gesetz verbessert die Möglichkeiten von Menschen in der „Teilzeitfalle“. Wie, das weiß Mechthild Kuby, von der Kanzlei dka Rechtsanwälte Fachanwälte.

Nachdem die Tarifvertragsparteien in den IG-Metall-Tarifverträgen bereits Möglichkeiten für die Inanspruchnahme einer Brückenteilzeit geschaffen haben, hat der Gesetzgeber im Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts und zur Einführung der Brückenteilzeit erstmals einen gesetzlichen Anspruch geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen - ohne das Vorliegen von Gründen wie zum Beispiel Kinderbetreuung - die Arbeitszeit für einen zeitlich begrenzten Zeitraum zu reduzieren. Damit ist das Recht verbunden, nach dem Ende dieser Zeit wieder in Vollzeit bzw. der ursprünglichen Arbeitszeit zu arbeiten.

Die Teilzeitfalle – einmal Teilzeit, immer Teilzeit
Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sitzen in der Teilzeitfalle. Nach der Geburt von Kindern, bei denen pro Kind maximal bis zu drei Jahren nach den Regelungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) die Arbeitszeit befristet reduziert werden kann, besteht nach diesen drei Jahren in vielen Fällen der Wunsch, noch über einen längeren Zeitraum die Arbeitszeit zu reduzieren, um den Bedürfnissen der Kinder, der Familie besser gerecht werden zu können. In dieser Situation war es bislang so, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich nur entscheiden konnten, dauerhaft die Arbeitszeit zu reduzieren, ohne dass damit eine sichere Perspektive verbunden wäre, wieder in die Vollzeit wechseln zu können. In der Teilzeitfalle, also einmal Teilzeit immer Teilzeit, stecken nach wie vor deutlich mehr Frauen als Männer.
Auch gibt es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht aus familiären Gründen, sondern weil sie sich zum Beispiel nebenberuflich weiterbilden wollen, weil sie ausprobieren wollen, ob es ihnen mit weniger Arbeit besser geht oder auch weil sie „einfach so“ für einen befristeten Zeitraum ihre Arbeitszeit reduzieren wollen. Auch für diese Beschäftigten gab es bislang keinen Anspruch, nur befristet in Teilzeit zu arbeiten. Sie haben also ebenfalls keine Garantie, nach einem bestimmten Zeitraum wieder in Vollzeit arbeiten zu können.
Seit dem 01.01.219 ist es jetzt grundsätzlich möglich, zeitlich befristet in Teilzeit zu arbeiten. Diese sogenannte Brückenteilzeit ist ein erster guter Schritt, wenngleich die Hürden und Voraussetzungen, an die das Gesetz den Anspruch knüpft, recht hoch sind. Außerdem wurden die Möglichkeiten zur Geltendmachung der Erhöhung der Arbeitszeit deutlich verbessert.

Unter welchen Voraussetzungen kann „Brückenteilzeit“ beantragt werden (§ 9 a TzBfG)?
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die mehr als 6 Monate bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, der in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt haben laut diesem Gesetz den Anspruch, die Arbeitszeit für einen Zeitraum zwischen mindestens einem und maximal fünf Jahren die Arbeitszeit zu reduzieren. Hierzu muss:
•    spätestens drei Monate vor dem geplanten Beginn eine Mitteilung an den Arbeitgeber erfolgen und
•    der Umfang der Reduzierung, also die gewünschte künftige Wochenarbeitszeit,
•    die Dauer der Reduzierung, also von wann bis wann in einem Zeitraum zwischen einem und fünf Jahren, in Textform – E-Mail reicht nicht – mitgeteilt werden.
Weiter sollen die Antragsteller, sie müssen es aber nicht, die gewünschte Lage der reduzierten Arbeitszeit mitteilen. Dabei ist es auch möglich, die Arbeitszeitreduzierung von der Lage der künftigen Arbeitszeit abhängig zu machen, denn es kann durchaus vorkommen, dass für die Beschäftigten die Reduzierung der Arbeitszeit nur sinnvoll ist, wenn sie die künftige Arbeitszeit zu einer bestimmten Zeit belegen können.
Da mit der Antragstellung Fristen zu laufen beginnen, ist es sinnvoll, die Antragstellung so zu dokumentieren, dass der Zugang nachgewiesen werden kann.

Wie kann der Arbeitgeber reagieren?
Die Antragstellung löst die Verpflichtung des Arbeitgebers aus, den Antrag mit dem Beschäftigten mit dem Ziel der Vereinbarung zu erörtern.
Kommt es zu keiner Vereinbarung, kann der Arbeitgeber den Antrag- wie auch bei der dauerhaften Absenkung der Arbeitszeit – aus betrieblichen Gründen oder wegen Unzumutbarkeit ablehnen.
Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Arbeitszeitreduzierung die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht (§ 8 Abs. 4 TzBfG). Will sich der Arbeitgeber auf solche Gründe berufen, muss er sie darlegen und im Zweifelsfall auch beweisen.
Auf Unzumutbarkeit kann sich der Arbeitgeber in Betrieben mit bis zu 200 Beschäftigten berufen, wenn – abhängig und gestaffelt nach der Anzahl der Beschäftigten – bereits eine bestimmt Anzahl von Arbeitnehmern nach den Regelungen zur Brückenteilzeit ihre Arbeitszeit verringert haben. So ist es zum Beispiel unzumutbar, wenn in Betrieben mit 46 bis 60 Arbeitnehmern bereits vier Arbeitnehmer, in Betrieben mit 195 bis 200 bereits 14 ihre Arbeitszeit befristet reduziert haben. Dabei wird nur auf die Arbeitszeitreduzierungen abgestellt, die nach den Regelungen zur Brückenteilzeit vereinbart wurden.
Will der Arbeitgeber die Arbeitszeitreduzierung ablehnen, muss er dies dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitreduzierung schriftlich und in einem unterschriebenen Brief mitteilen. Unterlässt er dies oder macht er dies zu spät, so gilt der vom Beschäftigten geäußerte Wunsch als vereinbart.
Aus diesem Grund ist es wichtig, bei der Antragstellung präzise mitzuteilen, was gewünscht wird, da dies im Zweifelsfall für bis zu 5 Jahren die neue Arbeitszeitvereinbarung darstellt. Ob und für welchen Zeitraum ein solcher Antrag gestellt wird, sollten sich die Beschäftigten vorher gut überlegen, da sie an den Antrag gebunden sind und für die Dauer der Absenkung nicht eine weitere Absenkung oder eine Erhöhung verlangen können. Der Arbeitgeber kann natürlich immer zustimmen, muss es aber nicht.
Da hier präzise vorgegangen werden muss, ist es sinnvoll, sich hier vor der Antragstellung rechtlichen Rat einzuholen.

Was tun wenn der Arbeitgeber den Antrag ablehnt?
Lehnt der Arbeitgeber den Antrag berechtigt ab, kann der Arbeitnehmer frühestens nach 2 Jahren einen erneuten Antrag stellen. Hat der Arbeitgeber dem Antrag zugestimmt, kann der Arbeitnehmer frühestens ein Jahr nach der Rückkehr in die ursprüngliche Arbeitszeit erneut die Reduzierung verlangen.
Hat der Arbeitgeber den Antrag abgelehnt, kann der Arbeitnehmer gegen die Ablehnung gerichtlich vorgehen. Grundsätzlich stehen dem Arbeitnehmer hier die Klage und eventuell sogar der einstweilige Rechtsschutz zur Verfügung, da ein gerichtliches Verfahren regelmäßig länger dauert als ein Monat zwischen dem Zeitpunkt der Ablehnung und dem gewünschten Beginn der Absenkung der Arbeitszeit. Im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wird der Arbeitnehmer dann ggf. auch offen legen müssen, warum er die Reduzierung der Arbeitszeit wünscht.
In der Praxis wird sich zeigen, ob und wie viel von den Anspruch Gebrauch gemacht wird und ob die Unzumutbarkeitsregelungen eine Rolle spielen werden. Dadurch, dass die Regelung nur für Arbeitgeber mit mehr als 45 Arbeitnehmern gilt, ist der Anwendungsbereich in jedem Fall stark eingeschränkt.

Verlängerung der Arbeitszeit, (§ 9 TzBfG)
Den Beschäftigten bei Arbeitgebern mit 45 Beschäftigten und weniger, die die Arbeitszeit reduzieren wollen, bleibt auch künftig nur die Teilzeitfalle.
Denn sie können, unter den bislang auch schon geltenden Regelungen des § 8 TzBfG von Arbeitgebern, die mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigten, verlangen, ihre Arbeitszeit dauerhaft zu reduzieren. Auch hier kann sich der Arbeitgeber gegen diesen Anspruch darauf berufen, dass betriebliche Gründe entgegenstehen, nicht jedoch auf „Unzumutbarkeit“.
Für diejenigen, die dauerhaft in einer Teilzeitbeschäftigung sind, hat der Gesetzgeber mit der Änderung zum 01.01.2019 (§ 9 TzBfG) eine begrüßenswerte Neuregelung gestaltet. Schon bislang konnten Teilzeitbeschäftigte gegenüber ihrem Arbeitgeber den Wunsch äußern, ihre Arbeitszeit zu erhöhen. Hiergegen kann der Arbeitgeber einwenden, dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter einer Erhöhung der Arbeitszeit entgegenstehen, was der Arbeitgeber im Zweifelsfall beweisen muss.
Bislang war es dann so, dass die Beschäftigten beweisen mussten, dass es einen freien Arbeitsplatz gibt. Da die Beschäftigten die Gegebenheiten beim Arbeitgeber häufig nicht so gut kennen, führte dies oft dazu, dass die Arbeitnehmer ihr Recht nicht durchsetzen konnten.
Diese Situation hat sich mit der Neuregelung für die Arbeitnehmer verbessert. Denn jetzt muss der Arbeitgeber darlegen und im Zweifelsfall beweisen, dass es sich nicht um einen entsprechenden freien Arbeitsplatz handelt oder dass der Arbeitnehmer für den Arbeitsplatz nicht mindestens gleich gut geeignet ist.

Möchten Teilzeitbeschäftigte daher ihre Arbeitszeit erhöhen, ist es wichtig, den Wunsch dem Arbeitgeber klar mitzuteilen und im Falle der Nichtberücksichtigung rechtzeitig ggf. auch auf gerichtlichem Weg den Anspruch geltend zu machen.


Mechtild Kuby arbeitet für die Kanzlei dka Rechtsanwälte Fachanwälte.

Von: mk

Unsere Social Media Kanäle