Rechtstipp

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JAV-Wahlen 2022! Same procedure as every two years? Nein, dieses Mal ist vieles anders!

29.08.2022 | Von Oktober bis November 2022 ist es wieder so weit, die regelmäßigen Wahlen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) finden statt. Zeit also sich zu überlegen, eine JAV dort zu wählen, wo es sie noch nicht gibt, aber geben müsste. Und dort, wo es sie gibt, ist es Zeit, sich auf die Wahl vorzubereiten.

Micha Heilmann, dka Fachanwälte - Foto: Sven Serkis

Doch: die Spielregeln für die JAV-Wahlen in diesem Jahr sind in vielen Punkten anders als bei vergangenen Wahlen. Es gibt wesentliche Änderungen der Wahlvorschriften, die im letzten Jahr mit dem sogenannten Betriebsrätemodernisierungsgesetz und der im Oktober 2021 geänderten Wahlordnung eingeführt worden sind.

Hier ein kurzer Überblick über wichtige Änderungen. Allen, die praktisch JAV-Wahlen in diesem Jahr durchführen wollen, kann nur dringend geraten werden, rechtzeitig ein Seminar für Wahlvorstände zu besuchen.

Wo kann eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt werden?

In allen Betrieben, in denen mindestens fünf jugendlichen Arbeitnehmer/-innen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder Auszubildende unabhängig von ihrem Alter beschäftigt werden, ist eine JAV zu wählen. Es gehört zu den Pflichtaufgaben eines Betriebsrates, die Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung vorzubereiten und durchzuführen (§ 80 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG). Die Bestellung des Wahlvorstandes obliegt dem Betriebsrat (§ 63 BetrVG). Besteht im Betrieb kein Betriebsrat, kann, so die herrschende Meinung unter Juristen/-innen, keine JAV gewählt werden.

Wer darf wählen?

Neu ist, dass es jetzt keine Altersbegrenzung für das aktive Wahlrecht der Auszubildenden mehr gibt. Die Altersgrenze von 25 Jahren wurde gestrichen. Auszubildende können jetzt unabhängig von ihrem Lebensalter die JAV wählen. Weiterhin wahlberechtigt sind die sog. jugendlichen Arbeitnehmer/-innen, die das 18. Lebensjahr am Tag der Wahl noch nicht vollendet haben.

Wer kann gewählt werden?

Alle Auszubildenden können jetzt für die JAV kandidieren. Dies ist die Folge einer Änderung des § 61 BetrVG im vergangenen Jahr. Darüber hinaus können, wie bisher alle Arbeitnehmer/-innen des Betriebs, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gewählt werden. Anders als beim aktiven Wahlrecht kommt es hier auf den Beginn der Amtszeit der JAV an.

Wahlverfahren

Für die Wahl der JAV gibt es zwei Wahlverfahren: das normale und das vereinfachte Wahlverfahren. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen durch ihre Dauer. Neu ist, dasss jetzt das vereinfachte Wahlverfahren zwingend für alle JAV-Wahlen in Betrieben Anwendung findet, in denen in der Regel von fünf bis zu 100 Wahlberechtigten beschäftigt sind (§ 63 BetrVG). Damit dürfte das Vereinfachte zum Regelwahlverfahren geworden sein. In Betrieben mit 101 bis 200 Wahlberechtigten kann der Wahlvorstand, nicht der Betriebsrat, mit dem Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren.

Keine elektronische Wahl

Auch wenn es für vielen Wähler/-innen angesichts aller Arten von votings überraschend sein mag: eine elektronische Stimmabgabe bei der JAV Wahl sehen Gesetz und Wahlordnung nicht vor. Wird gegen diese Regel verstoßen, macht das die Wahl anfechtbar. Grund hierfür sind fehlende gesetzliche Regelungen und auch Bedenken gegen die elektronische Stimmabgabe im Grundsätzlichen.

Minderheitengeschlechtsquote, Geschlecht divers; x

Das Gesetz sieht vor, das bei einer JAV mit mindestens drei Mitgliedern die Minderheitengeschlechtsquote Anwendung findet. D.h. dem Geschlecht, das im Betrieb in der Minderheit ist, steht eine bestimmte Anzahl von Mindestsitzen zu. Berechnet wird die Minderheitengeschlechtsquote nach dem d’Hondtschen Höchstzahlensystem. Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen dem dritten Geschlecht divers rechtliche Anerkennung verschafft. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung gehen aber weiterhin davon aus, dass bei der Berechnung und Anwendung der Minderheitengeschlechtsquote nur Männer und Frauen berücksichtigt werden. Grund hierfür ist, dass Art 3 Abs. 2 Grundgesetz festlegt: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Diesem Zweck dient die Minderheitengeschlechtsquote. im Betriebsverfassungsgesetz. Der Gesetzgeber hat es im vergangenen Jahr versäumt, im Rahmen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes die Sache klarzustellen. Und: auch Gerichtsentscheidungen, die diese Auffassung bestätigen, gibt es noch nicht.

Micha Heilmann, dka Fachanwälte

 

 

Von: aw

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