Rechtstipp

Rechtstipp - metallzeitung Juni 2015

Rechtsanwalt Dr. Lukas Middel beantwortet Fragen zum Mindestlohn

29.05.2015 | Seit 1. Januar gilt der Mindestlohn in Deutschland. Gilt der Mindestlohn für alle Branchen, alle Beschäftigungsgruppen, für Akkord- und Stücklohn? Die Einführung wirft zahlreiche Fragen auf, die von Rechtsanwalt Dr. Lukas Middel aus dem Rechtsberatungsteam der IG Metall Berlin und Partner in der Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte Antworten gibt.

Rechtsanwalt Dr. Lukas Middel

Zum Mindestlohn (Teil 1)

Alle Arbeitnehmerinnen  und  Arbeitnehmer  haben  seit Jahreswechsel Anspruch auf  Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des Mindestlohns. Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde, § 1 Mindestlohngesetz (kurz „MiLoG“).

Durch die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns werden, so die Gesetzesbegründung, „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen geschützt“. Zugleich soll der Mindestlohn dazu beitragen, dass der Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Vereinbarung immer niedrigerer Löhne stattfindet.

Gilt der Mindestlohn uneingeschränkt für alle Branchen?

Noch nicht. Während einer Einführungsphase gilt für Branchenmindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eine Übergangsregelung, wonach diese Branchenmindestlöhne bis zum 31. Dezember 2016 auch unterhalb des allgemeinen Mindestlohns liegen (können). Branchenmindestlöhne existieren zum Beispiel im Bauhauptgewerbe, im Dachdecker-, Maler- und Lackierer- sowie Elektrohandwerk, der Gebäudereinigung, der Abfallwirtschaft und auch in der Zeitarbeitsbranche.

Diese stufenweise Heranführung der Entlohnungsbedingungen bis zum 1. Januar 2017 soll hinreichend Vorlaufzeit für unter Umständen erforderliche branchenspezifische Anpassungsprozesse ermöglichen.

Gilt der Mindestlohn für alle Beschäftigtengruppen?

Im Wesentlichen: Ja. Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 18 Jahren. Eine Ausnahme gilt indes für Langzeitarbeitslose. In den ersten sechs Monaten der Beschäftigung kann bei ihnen vom Mindestlohn abgewichen werden.

Gibt es Besonderheiten für andere Personengruppen?

Ja. Der Mindestlohn gilt nicht für Auszubildende und echte ehrenamtliche Tätigkeiten. Besonderheiten gelten auch für Praktikantinnen und Praktikanten. Grundsätzlich können diese den Mindestlohn verlangen, es sein denn, es handelt sich etwa um ein verpflichtendes Praktikum auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung (vgl. zu den Einzelheiten § 22 MiLoG)

Dürfen Zulagen und Zuschläge angerechnet werden?

Bei dem Mindestlohn handelt es sich um einen Bruttolohn je Zeitstunde. Welche Zulagen und Zuschläge auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen, ist noch nicht abschließend geklärt. Wir plädieren dafür, dass beispielsweise folgende Zulagen und Zuschläge nicht im Rahmen des Mindestlohngesetzes berücksichtigt werden: Akkordprämien, Qualitätsprämien, Arbeit zu besonderen Zeiten (beispielsweise Überstunden, Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit), Arbeit unter erschwerten oder gefährlichen Bedingungen (zum Beispiel Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen), und alle sonstigen Zulagen und Zuschläge, die eine vertraglich nicht geschuldete Zusatzleistung ausgleichen.

Gilt der Mindestlohn auch für Akkord – und Stücklohn?

Ja. Die Vereinbarung von Stücklöhnen und Akkordlöhnen ist auch nach Einführung des Mindestlohns möglich und zulässig, wenn gesichert ist, dass der Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden erreicht wird.

Welche Auswirkungen hat das MiLoG auf Vereinbarungen, die den Mindestlohn unterschreiten?

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Das bedeutet, dass der ortsübliche Lohn gem. § 612 BGB verlangt werden kann – und dieser ist in der Regel sogar höher als der Mindestlohn.

Rechtsanwalt Dr. Lukas Middel wird in Kürze in einem zweiten Teil weitere Fragen zum Mindestlohn beantworten. Rechtswalt Dr. Lukas Middel ist Spezialist im Betriebsverfassungs- und dem übrigen kollektiven Arbeitsrecht, Partner Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte.

Von: aw

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