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Rechtstipp - August 2015

Rechtsanwalt Nils Kummert: Urlaub - die schönste Zeit des Jahres

31.07.2015 | Es ist die schönste Zeit des Jahres - und dennoch kann es auf den letzten Metern vor Antritt des Sommerurlaubs noch unangenehme Überraschungen geben, die die Einleitung der richtigen rechtlichen Schritte erforderlich machen. Ob es der Streit um die Urlaubszeit während der Schulferien ist oder ein Widerruf der Urlaubsgenehmigung wegen dringender Arbeiten. Es tauchen rechtliche Fragen auf. Was jetzt? Kann der Betriebsrat helfen? Im Rechtstipp dreht sich diesmal alles um Fragen rund um das Thema Urlaub. Rechtsanwalt Nils Kummert – Kanzlei dka Rechtsanwälte beleuchtet rechtliche Fragen und Aspekte.

Der Urlaub ist die schönste Zeit des Jahres.

Bevor der Urlaub angetreten werden kann, muss der Beschäftigte jedoch Urlaub vom Arbeitgeber gewährt erhalten, wenn er in einem Arbeitsverhältnis steht. Ohne Genehmigung ist der Gang in die freien und bezahlten Tage nicht zulässig.

Die Gewährung des Urlaubs erfolgt nach den Rechtsgrundsätzen des § 7 Abs. 1 des Bundesurlaubsgesetzes. Der Arbeitnehmer macht einen Urlaubswunsch geltend und muss den Zeitraum konkretisieren. Dieser Antrag sollte aus Beweisgründen schriftlich gestellt werden.

Betriebsvereinbarungen zum Urlaub

Gelegentlich sehen Betriebsvereinbarungen oder zumindest eine Anordnung des Arbeitgebers vor, dass Beschäftigte ihren Urlaubswunsch in eine sogenannte Urlaubsliste eintragen. Oft muss dies bis zu einem bestimmten Stichtag geschehen, der schon weit im Frühjahr oder noch im Vorjahr liegt. Der Zeitpunkt sollte nicht verpasst werden.

Der Arbeitgeber hat nach den Regeln des § 7 Abs. 1 des Bundesurlaubsgesetzes den Antrag zu bescheiden und darf den Urlaubsantrag nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe gegen den Urlaubszeitpunkt sprechen oder Urlaubswünsche anderer Beschäftigter, die möglicherweise Vorrang haben, dagegen stehen.

Das Problem besteht darin, dass die dringenden betrieblichen Gründe im Einzelfall sehr unterschiedlicher Natur sein können und im Ernstfall der Ablehnung des Urlaubsantrages der Beschäftigte in der Regel auch wegen der nur kurzen Zeit bis zum Urlaubsbeginn seinen Anspruch nur mit Hilfe des Arbeitsgerichtes durchsetzen kann. Wegen der Eilbedürftigkeit kommt in diesem Fall nur die Beantragung einer einstweiligen Verfügung in Betracht. Während eines laufenden Arbeitsverhältnisses seinen eigenen Arbeitgeber zu verklagen oder gar mit einer einstweiligen Verfügung zu überziehen, fällt naturgemäß vielen Beschäftigten sehr schwer. Es ist aber die einzige Möglichkeit, wie der urlaubswillige Beschäftigte seinen Anspruch durchsetzen kann, zumal er auch auf anderem Wege nicht wirklich überprüfen kann, ob dringende betriebliche Gründe vorliegen oder nicht.

Genehmigung von Urlaub

Und: Ohne Genehmigung darf der Beschäftigte nicht von der Urlaubsgewährung ausgehen, es sei denn, es gibt eine (beweisbare) Praxis, dass das das Schweigen des Arbeitgebers den Erklärungsinhalt einer Genehmigung hatte. Die Nichtgenehmigung des Urlaubs kann wegen des Verlustes von Frühbucherrabatten sehr ärgerlich sein.

Hinzu kommt dann, dass oftmals erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens die Gründe auf den Tisch kommen und in Bezug auf die richterliche Entscheidung wegen des großen Entscheidungsermessens ein hohes Prognoserisiko besteht.

Das alles macht den Weg der Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf Urlaubsgewährung schwerfällig und nahezu unzumutbar im Falle einer Versagung des Urlaubs. Das lässt sich aber angesichts der gesetzlichen Konstruktion, die vielfach kritisiert wird, nicht ändern.

Betriebsräte können helfen

An dieser Stelle kann tatsächlich nur eine tatkräftige Arbeitnehmervertretung helfen: Nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 des Betriebsverfassungsgesetzes ist es den Betriebsräten möglich, zu Urlaubsgrundsätzen und zum laufenden Urlaubsplan des Kalenderjahres eine Betriebsvereinbarung abzuschließen.

Der Betriebsrat kann auch mit der Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens helfen, wenn im Einzelfall der Urlaubsantrag abgelehnt wird. Es ist der einzige im Gesetz vorgesehene Fall, in dem ein Betriebsrat der Lage ist, im Einzelfall ein betriebsverfassungsrechtliches Einigungsstellenverfahren durchzuführen, um einem einzelnen Beschäftigten zu helfen. Der Gesetzgeber hat das Mitbestimmungsrecht so stark ausgebaut, weil es für den einzelnen Beschäftigten im Ernstfall so schwer und belastend ist, einen Urlaubsanspruch gegen den Willen des Arbeitgebers gerade bei nicht tragfähiger Begründung der Ablehnung durchzusetzen.

In der Praxis ist immer wieder erstaunlich, dass es so wenige Probleme bei der Urlaubsgewährung gibt angesichts dünner Personaldecken und großer Personalnot in vielen Unternehmen und Betrieben. Letztendlich weiß der Arbeitgeber jedoch, dass er den (berechtigten) Urlaubsanspruch nicht einfach so ablehnen kann. Es droht auch eine Gefahr, dass nicht realisierte Urlaubsansprüche aufgespart werden und dann zum Ende des Jahres geballt genommen werden. Im wohlverstandenen Interesse des Unternehmers liegt es, eine geordnete Urlaubsplanung mit vernünftigen Vertretungsregeln und gleichmäßiger Verteilung der Urlaubszeiten zu organisieren.

Urlaubsanspruch geltend machen!

Was viele Arbeitnehmer nicht wissen: Zum Ende des Kalenderjahres geht der Urlaubsanspruch automatisch unter, wenn er zuvor nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde. Nur dann, wenn gegen Ende des Jahres der Arbeitnehmer krank ist und krankheitsbedingt den Urlaub nicht nehmen kann, wird der Urlaubsanspruch in das erste Quartal des Folgejahres übertragen. Zum Ende des ersten Quartals des Folgejahres geht der Anspruch allerdings unwiederbringlich unter, wenn er bis zum Zeitpunkt nicht genommen wurde. Das gilt nicht, wenn der Beschäftigte weiterhin und auch zu diesem Zeitpunkt krank ist. Auch wenn der Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht bis zum Ende des Kalenderjahres genommen werden kann, wird er automatisch übertragen in das erste Quartal des Folgejahres. Es fällt jedoch dem Arbeitnehmer regelmäßig schwer, zu beweisen, dass auf Seiten des Arbeitgebers betriebliche Gründe vorlagen, die einer Urlaubsgewährung entgegenstanden. Um die Beweissituation entscheidend zu verbessern, ist der Arbeitnehmer gehalten, einen Urlaubsantrag rechtzeitig vor Jahresende zu stellen.

Vor dem 31. Dezember Antrag stellen!

Wichtig ist also in jedem Fall: Der Beschäftigte muss rechtzeitig vor dem 31. Dezember des laufenden Kalenderjahres seinen Jahresurlaub so beantragt haben, dass alle Urlaubstage im Kalenderjahr bei ordnungsgemäßer Gewährung hätten genommen werden können. Wenn der Arbeitgeber den Antrag nicht bewilligt, entsteht auf Seiten des Arbeitnehmers ein Schadensersatzanspruch, der auf die Gewährung des Urlaubs in Natur gerichtet ist und nicht auf Geld. Auf jenseits der Fristen wird dann der Urlaubsanspruch auch nach Ablauf des 31. Dezember des ersten Quartals des Folgejahres gewährt werden müssen.

Wichtig ist weiterhin, dass der Beschäftigte nicht während des gewährten Urlaubs arbeitet und ein Einkommen erzielt. Eine Erwerbstätigkeit während der Urlaubszeit ist gesetzlich unzulässig und kann Schadensersatzansprüche beziehungsweise Abmahnung und Kündigung zur Folge haben.

Selbstbeurlaubung ist unzulässig!

Wenn der Arbeitnehmer während der Urlaubszeit erkrankt, sollte er sich schon ab dem ersten Tag sofort eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erteilen lassen. Das gilt auch während eines Auslandsaufenthalts. Der Arbeitgeber muss diese Krankheitstage während der Urlaubszeit als Urlaub nachgewähren. Aber Vorsicht: Eine Selbstbeurlaubung ist absolut unzulässig. Eine eigenmächtige, nicht mit dem Arbeitgeber abgesprochene oder genehmigte Verlängerung des gewährten Urlaubs kommt nicht in Betracht und kann im Ernstfall das Arbeitsverhältnis gefährden. Jede Urlaubsnahme ohne entsprechende Genehmigung des Arbeitgebers ist rechtswidrig und für den Beschäftigten sehr gefährlich.

Was viele Arbeitnehmer auch nicht wissen: Der Urlaubsanspruch entsteht erst nach sechs Monaten der Betriebszugehörigkeit. Wer vor Ablauf der sechs Monate ausscheidet, hat einen Teilurlaubsanspruch und bekommt anteilig Urlaub gewährt oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt. Gleiches gilt bei Ausscheiden während des laufenden Urlaubsjahres. Auch hier wird anteiliger Urlaub gewährt beziehungsweise ausgezahlt. Es sind Bereich der Metall- und Elektroindustrie immer die tarifvertraglichen Besonderheiten zu beachten, insbesondere auch in Bezug auf die Teilurlaubsregelungen bei vorzeitigen Ausscheiden.

Bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wird restlicher noch nicht genommener Urlaub abgegolten nach § 7 Abs. 4 des Bundesurlaubsgesetzes. Der Abgeltungsanspruch ist übertragbar und vererblich, auch wenn es der eigentliche Urlaubsanspruch selbst nicht ist. Im laufenden Arbeitsverhältnis darf Urlaub nie ausgezahlt werden. Er muss in Natur genommen werden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird der Urlaub, der nicht während des Arbeitsverhältnisses gewährt worden ist, ausgezahlt.

Wenn Fragen zum Urlaub auftauchen und schnelle Hilfe notwendig ist: Der Rechtsbereich der IG Metall hilft weiter.

Ansonsten gilt: Machen Sie etwas aus ihrem Urlaub. In vielen Ländern auf dieser Erde gibt es keine Urlaubsansprüche im nennenswerten Umfang. Ein selbstbestimmtes Leben verlangt Zeit für sich selbst, für Familie und Freunde. Der Urlaub dient nicht (allein) dem Konsum, sondern einem solchen selbstbestimmten Leben. Diese Errungenschaft gilt es zu verteidigen.

Rechtsanwalt Nils Kummert, seit 18 Jahren Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Spezialist im Betriebsverfassungs- und dem übrigen kollektiven Arbeitsrecht, Partner <link http: www.dka-kanzlei.de external-link-new-window external link in new>Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte.

 

Von: aw

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