Erhalt, aber Stellenabbau im Siemens-Dynamowerk

„Jetzt geht der Marathon erst richtig los“

26.09.2018 | Predrag Savic ist seit April 2017 Betriebsratsvorsitzender des Siemens Dynamowerks. Im Interview erklärt er, was der ausgehandelte Kompromiss zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern für das Dynamowerk bedeutet, und wirft einen Blick in die Zukunft.

Preddy, wie geht’s Dir, kurz nach der Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern?
Wir haben sehr anstrengende Verhandlungen hinter uns. Aber die eigentliche Arbeit geht jetzt erst los. Ich habe immer gesagt, dass wir einen Marathon laufen. Wir haben jetzt die ersten zehn Kilometer hinter uns, die anstrengenden Kilometer, wenn die Beine schwer werden, die Lunge pfeift und die ersten Krämpfe auftauchen, die kommen noch.

Wie sieht das Ergebnis für das Dynamowerk aus?
400 der gut 700 Arbeitsplätze sollen in den kommenden zwei Jahren abgebaut werden, 288 bleiben. Ursprünglich sollten nur 150 bleiben. Das heißt, wir haben die Arbeitsplätze von 138 Kolleginnen und Kollegen, die gestrichen werden wollten, erhalten. Davon sind etwa 80 gewerbliche Arbeitsplätze, also Kollegen und Kolleginnen in der Produktion. Und wir können auch die >schleichende Schließung< des gesamten Standortes verhindert. Damit haben wir die Chance, das Dynamowerk mit einem guten Teil der Produktion dauerhaft zu sichern, wenn auch mit einer weit geringeren Wertschöpfungskette.

Was wird jetzt schwer werden?
Wir müssen einerseits die Chance nutzen, das Dynamowerk jetzt wirklich dauerhaft zu sichern. Das wird nicht einfach werden, da wir knallharte Vorgaben und Meilensteine haben, die wir erreichen müssen. Und wir müssen für jeden Einzelnen, der gehen wird, eine Lösung finden, ob in der Siemens-Welt in anderen Berliner Werken, an anderen Standorten in Deutschland oder auch außerhalb von Siemens. Und das Ganze bei vollen Auftragsbüchern, die Tendenz für unsere Produkte ist positiv.

Wie bewerten die Kollegen das Ergebnis?
Viele von außen sagen: Das ist ein gutes Ergebnis. Und unter den Rahmenbedingungen, unter denen wir angetreten sind, ist das ein tolles Ergebnis. Aber klar: Für diejenigen die jetzt angesprochen werden, zu gehen, ist das nichts Tolles.   

Wie soll das passieren?
Wir lassen keinen alleine, sondern kümmern uns um jeden, der geht: Sei es, dass wir gucken, welche Chancen es Siemens-intern gibt. Wir haben einen sehr guten Sozialplan mit vielen zusätzlichen Leistungen. Für die Jungen gibt es jede Menge Chancen bei Siemens, für die älteren Kollegen die Option der verbesserten Altersteilzeit. Und für die mittlere Altersrange haben wir zwei Coachs in Berlin, die sich um jeden individuell kümmern. Da hat sich auch der Arbeitgeber jede Menge einfallen lassen.

Was ist mit dem Innovationscampus?
Wir haben in den letzten Jahren viele Innovationen im Dynamowerk angestoßen, auch mithilfe des von der IG Metall mit initiierten Innovationsfonds. Wir arbeiten mit dem Senat an einem Innovationscampus, der in den frei werden Hallen hier im Dynamowerk neue Produkte und neue Beschäftigung entwickeln soll. Das ist fast ausverhandelt, da sind wir in den letzten Zügen. Da werden Senat und Siemens 1:1 Finanzen und Ausrüstung einbringen. Wir reden hier von bis zu einhundert Arbeitsplätzen, das sind gute Chancen für unsere Kolleginnen und Kollegen, die gehen werden.

Viele hier in Berlin haben Euch in Eurem Kampf unterstützt. Wie war das für Euch?
Das Dynamowerk hat nur diese Chance zum Weitermachen bekommen, weil alle an einem Strang gezogen haben: Weil Beschäftigte, Betriebsräte und IG Metall gemeinsam gekämpft haben. Und auch weil die Berliner und Berlinerinnen und  die Politik uns parteienübergreifend so toll unterstützt haben. Alleine hätten wir keine Chance gehabt. Darum möchte ich mich hier sehr herzlich bei allen bedanken.

 

Von: rk

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