Jugend – Ausbildung - Betriebsratswahlen

Wählen gehen mit 16! Zukunft selbst gestalten!

17.03.2022 | Seit Anfang März wählen viele Beschäftigte in den Betrieben ihre Betriebsräte. Neu in dieser Wahlperiode: Das Wahlalter wurde durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz herabgesetzt. Beschäftigte wählen jetzt bereits ab dem 16. Lebensjahr ihren Betriebsrat. Das hat weitreichende Folgen.

Mitglieder des Ortsjugendausschusses Berlin (OJA) im März in Berlin - Foto: IG Metall

In vielen Betrieben könnte sich die Betriebsratsgröße ändern. Und selbst für einige Beteiligungsrechte spielt die Wahlberechtigung eine Rolle. Mit vollendetem 18. Lebensjahr sind alle Beschäftigten wählbar, können sich also als Kandidaten aufstellen lassen. Aber wählen gehen können schon alle mit vollendetem 16. Lebensjahr, also mit 16.

Wichtig ist, dass auch die jungen Metallerinnen und Metaller wählen gehen. „Der Betriebsrat stellt, zusammen mit der Jugend- und Auszubildendenvertretung, Deine Interessenvertretung im Betrieb dar“, erklärt Lea Raddatz, Mitglied im Ortsjugendausschuss der IG Metall Berlin. „Der Betriebsrat macht sich für gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen stark und hat nicht nur ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Anzahl der Ausbildungsplätze oder die Auswahl am Snack-Automaten geht. Er ist maßgeblich an der Entscheidung Deiner Übernahme nach der Ausbildung beteiligt. Genau deshalb ist es wichtig, dass Ihr schon mit 16 Jahren wählen dürft. Nehmt Euer Recht zur Mitbestimmung im Betrieb selbst in die Hand und entscheidet selbst, wer Eure Zukunft gestaltet.“

Mehr Betriebsratsgründungen
Ein Betriebsrat kann in Betrieben ab fünf Beschäftigten gewählt werden. Die Beschäftigten müssen aber alle wahlberechtigt sein, ist im Paragraph 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) festgelegt. Ab sofort zählen auch Beschäftigte ab dem 16. Lebensjahr mit und damit in der Regel die Auszubildenden. Mehr Betriebe können also wegen des herabgesetzten Wahlalters Betriebsräte wählen.

Betriebe ohne Betriebsrat
Gibt es noch keinen Betriebsrat, muss auf einer Betriebsversammlung ein Wahlvorstand gebildet werden, der die Betriebsratswahlen organisiert. Zu so einer Betriebsversammlung müssen drei wahlberechtigte Arbeitnehmer/innen einladen. Und ab sofort können auch Beschäftigte mit 16 Jahren einladen. (§ 17 BetrVG).

„Mit den neuen Regelungen haben junge Beschäftigte mehr Gehör im Betrieb“, so Simon Sternheimer, Jugendsekretär in der IG Metall Berlin. „Das Recht, den Betriebsrat mitzuwählen, ist ergänzend zur Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) (Link setzen: Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) :: IG Metall Berlin (igmetall-berlin.de) zu sehen. Somit haben junge Beschäftigte mehr Möglichkeiten, ihre Themen einzubringen und durchzusetzen.“

Betriebsratsgröße könnte sich überall ändern
Die Größe des Gremiums hängt – jedenfalls in kleinen und mittelgroßen Betrieben – von der Zahl der wahlberechtigten Beschäftigten ab. Bei bis zu 20 wahlberechtigten Beschäftigten darf ein Betriebsratsmitglied gewählt werden, bei 21 bis 50 Bschäftigten besteht der Betriebsrat aus drei Personen. Werden nun bereits 16-jährige Beschäftigte mitgezählt, könnte sich ein größeres Gremium ergeben. Bei 51 bis 100 Beschäftigten besteht beispielsweise das Betriebsratsgremium aus fünf Personen (§ 9 BetrVG).

„Meiner Meinung nach ist das Herabsetzen des Wahlalters längst überfällig, da es schon Debatten darüber gibt, ob 16-Jährige den Deutschen Bundestag und sogar das Europäische Parlament wählen dürfen“, so Florentine Hensel, Mitglied im Ortsjugendausschuss der IG Metall Berlin. „Die Wahlberechtigung gewinnt an Bedeutung, wenn der Betriebsrat sich dadurch vergrößert oder sogar erst entsteht. Das hat einen entscheidenden Einfluss auf das Informations-, Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und Widerspruchsrecht.“

Stützunterschriften für Kandidaten zur Betriebsratswahl
Stützunterschriften für die Kandidaten zur Betriebsratswahl sind in kleinen Betrieben nicht mehr erforderlich. Es kommt allerdings auf Anzahl der wahlberechtigten Beschäftigen an, zu denen jetzt auch die Beschäftigten ab 16 Jahren zählen. In Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müssen keine Wahlvorschläge unterschrieben werden. In größeren Betrieben sind sie gestaffelt erforderlich (siehe § 14 Abs. 4 BetrVG).

Auswirkungen auf Beteiligungsrechte der §§ 99 und 111 BetrVG
Das Herabsetzen des Wahlalters könnte auch Auswirkungen auf einige Beteiligungsrechte haben. Bei mehr als 20 Beschäftigten greift das enorm wichtige Beteiligungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen: Erst dann hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben. Ab sofort zählen auch die  Beschäftigten ab 16 mit.

Bei mehr als 20 wahlberechtigte Beschäftigten muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat beraten (§ 111 BetrVG). Die Informations- und Beratungspflicht für mehr Betriebe könnte relevant werden.
 

 

Von: Simon Sternheimer-aw

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