Neuer Tarifvertrag Bildung

Wir gestalten die Bildungsvereinbarung!

21.05.2015 | Das erste Seminar zum neuen Tarifvertrag Bildung wurde durchgeführt. Es wurde deutlich, wie viele Möglichkeiten der Ausgestaltung die Betriebsräte bei der Anwendung des Tarifvertrags Bildung haben. Im zweiten Interview mit Fritzi Matthies, in der Bezirksleitung zuständig für das Thema Berufliche Bildung, wollen wir im zweiten Teil näher auf die Bildungsvereinbarung aus dem Tarifvertrag Bildung eingehen.

Fritzi, der neue Tarifvertrag Bildung sieht vor, eine Bildungsvereinbarung abzuschließen. Wann sollte diese abgeschlossen werden und wer schließt diese ab?

Voraussetzung für den Abschluss einer Bildungsvereinbarung ist eine vereinbarte Entwicklungsqualifizierung oder persönlich berufliche Weiterbildung. Laut Tarifvertrag Bildung muss die Bildungsvereinbarung den Rahmen für die Ausgestaltung dieser Qualifizierung festlegen. Die Bildungsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in dem die Durchführung einer Qualifizierung geregelt und vereinbart wird.

Was sollte in der Bildungsvereinbarung alles geregelt werden?

Der Tarifvertrag führt zehn Punkte auf, welche in der Bildungsvereinbarung geregelt werden sollten:

1. Beginn und Dauer der gesamten Qualifizierungsmaßnahme, inklusive Geldansparphase – falls vereinbart

2. Die Einrichtung eines Bildungskontos (um Geld für die Qualifizierungsmaßnahme anzusparen)

3. Regelungen zur Finanzierung aus dem Bildungskonto

4. Zeit der Freistellung für die Qualifizierungsmaßnahme

5. Nutzung der zusätzlichen Urlaubsvergütung und Jahressonderzahlung als Finanzierungsmöglichkeit

6. Nutzung der Ansprüche aus dem Berliner Bildungsurlaubsgesetz (für die Freistellungsphase)

7. Verrechnung des Urlaubs (für die Freistellungsphase)

8. Nutzung weiterer Fördermittel

9. Freiwillige Leistungen vom Arbeitgeber

10. Weiterbeschäftigungsbedingen nach Beendigung oder Abbruch der Qualifizierungsmaßnahme.

Muss die Bildungsvereinbarung für jeden Arbeitnehmer individuell vereinbart werden?

Ja, die Finanzierungs- und Freistellungsausgestaltung ist abhängig von der jeweiligen Qualifizierungsmaßnahme, für die im Rahmen des neuen Tarifvertrages unterschiedliche individuelle Freistellungs- und Finanzierungsmodelle vereinbart werden können. Der Betriebsrat kann im Vorfeld natürlich trotzdem eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber vereinbaren, in der alle Eckdaten von Bildungsvereinbarungen und ihre mögliche Ausgestaltung geregelt sind.

Wie lange kann ich mich für eine Entwicklungsqualifizierung oder persönlich berufliche Weiterbildung freistellen lassen?

In dem Tarifvertrag Bildung ist geregelt, dass die Gesamtdauer einer Bildungsvereinbarung sieben Jahre nicht überschreiten darf. In den sieben Jahren muss die Qualifizierungsmaßnahme durchgeführt worden sein. Ansparzeiten von Zeit und Geld, sowie die Freistellungsphase für die Qualifizierungsmaßnahme sind Bestandteil dieser sieben Jahre.

Welche Herausforderung siehst Du für den Arbeitnehmer?

Die größte Herausforderung werden für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Punkte Finanzierung und Freistellung sein. Hier kommt es darauf an, wie viel der einzelne Arbeitnehmer selbst einbringen kann. Danach muss entschieden werden, ob eine Freistellung in Teilzeit oder Vollzeit anzustreben ist. Bei der Freistellung in Vollzeit ist auch wieder zu unterscheiden, ob der Arbeitnehmer mit Wiedereinstellungszusage aus dem Unternehmen für die Zeit der Qualifizierungsmaßnahme ausscheidet oder unbezahlt vom Arbeitgeber freigestellt wird. All diese Dinge müssen in der Bildungsvereinbarung geregelt werden.

Gibt es einen individuellen Anspruch auf Entwicklungsqualifizierung oder persönlich berufliche Weiterbildung für den Arbeitnehmer?

In dem Tarifvertrag Bildung gibt es eine Konfliktregelung, für deren Inanspruchnahme bestimmte Voraussetzungen einer Mindestbetriebsgröße und einer Mindestbetriebszugehörigkeit erfüllt sein müssen. In einem solchen Konfliktfall wird über den Anspruch entschieden. Rechtsanspruch haben nur Mitglieder der IG Metall und im Streitfall stehen wir unterstützend zur Seite.  

Wie können die Betriebsräte den Kolleginnen und Kollegen helfen?

Bei der Umsetzung des Tarifvertrags ist an zahlreichen Stellen vor allem der Betriebsrat gefragt. Zwar hat der Betriebsrat beim Abschluss der Bildungsvereinbarung keine Mitbestimmung. Sie ist ihm aber vor rechtsgültigem Abschluss zur Kenntnis zu geben. Jede Kollegin und jedem Kollegen ist zu raten, den Betriebsrat in den Regelungsprozess für die individuelle Bildungsvereinbarung einzubeziehen.

Von: cb

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