Pures Unverständnis, weil der Berliner Standort hoch profitabel und der am besten ausgelastete in Deutschland ist. Fassungslosigkeit, weil von einem Tag auf den anderen 300 von 520 Kolleginnen und Kollegen in die Arbeitslosigkeit geschickt werden sollen. Und Angst vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes und damit der finanziellen Grundlage der Familie - die Stimmung auf der Betriebsversammlung von MAN Diesel & Turbo war äußerst angespannt. "Hier versteht keiner, warum der Berliner Standort so bluten soll", sagt Andreas Buchwald, der zuständige Gewerkschaftssekretär der IG Metall Berlin.  

Die VW-Tochter MAN Diesel & Turbo hat auf Betriebsversammlungen am Freitag in Deutschland eine Strukturanpassung angekündigt, bei der weltweit 1.400, in Deutschland etwa 1.000 Arbeitsplätze und davon 300 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen. In Deutschland arbeiten bei MAN Turbo & Diesel insgesamt etwa 7300 Menschen, weltweit 14.300.

Zwar hat der Unternehmens-Vorstand erklärt, er wolle alles tun, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Der IG Metall und den Betriebsräten reicht das aber bei weitem nicht. Rene Marx, Vorsitzender des Berliner Betriebsrates: "Für uns macht es überhaupt keinen Sinn, dass der konzernweit am besten ausgelastete Standort in Berlin Tegel von 520 auf 200 Mitarbeiter reduziert werden soll." Die Betriebsräte und die IG Metall erwarten, dass das Unternehmen unverzüglich alle Informationen vorlegt, die zur Entwicklung alternativer Vorschläge erforderlich sind und fordern, dass alle Standorte in Deutschland erhalten bleiben.

Die IG Metall Berlin kritisiert den heute vorgestellten Personalabbau vor allem als betriebswirtschaftlich ungerechtfertigt und weist auf den sozialen Sprengstoff für Berlin hin. "Hier soll ein erfolgreicher und sehr moderner Berliner Fertigungsstandort trotz Vollauslastung mittelfristig de facto aufgegeben werden. Wenn die Pläne des Managements umgesetzt würden, müßten knapp zwei Drittel der Belegschaft gehen, da entscheidende Abteilungen an andere Standorte verlagert würden", sagt Klaus Abel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin.

Aus diesen Gründen ist der Eigentümer VW in der Pflicht, die Arbeitsplatzvernichtung in Berlin zu stoppen. Alles andere würde den Industriestandort Berlin dauerhaft schädigen. Die Betriebsräte werden sich in der kommenden Woche mit ihren Sachverständigen und der IG Metall zu dem weiteren Vorgehen beraten und danach in Verhandlungen mit dem Unternehmen eintreten.  

"Die Pläne der Geschäftsführung bedeuten, den Standort auf eine verlängerte Werkbank zu reduzieren", sagt Klaus Abel. "Die Überlebenschancen von MAN in Berlin  gingen dann mittelfristig gegen Null. Das werden wir nicht akzeptieren."

MAN Diesel & Turbo SE in Berlin
MAN Diesel & Turbo Se produziert im Bereich Energietechnik mit zurzeit ca. 520 Beschäftigten modernste Turbo-Kompressoren für die Öl- und Gasindustrie und die Petro-Chemie. Innerhalb der MAN-Turbo-Gruppe ist das Berliner Werk Kompetenzzentrum für diesen Bereich. Das Werk beschäftigt ca. 15 Auszubildende jährlich.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Berlin konstruieren und fertigen Ein- und Mehrwellen- und Getriebekompressoren für die Öl- und Gasindustrie und auch für die Luftzerlegung, Pipeline-Verdichter für den Gastransport sowie Kompressoren für Raffinerien. Für diese Produkte wird von Berlin aus der weltweite Vertrieb und Service angeboten, insbesondere für den Mittleren und Fernen Osten.

Damit ist der Standort Berlin eine wichtige Säule im Verbund der weltweit agierenden MAN Diesel & Turbo Gruppe, die mit ihren Turbomaschinen heute zu den Marktführern zählt. In allen Produktsegmenten behauptet sich der Standort mit exzellenter Qualität und Service.