Nach knapp einem Jahr Arbeitskampf:

Hasse & Wrede bleibt Berlin

14.12.2017 | Einen der härtesten Konflikte in 2017 haben wir erfolgreich beenden können: Die Produktion des Traditionsbetriebes Hasse & Wrede aus dem Knorr-Bremse-Konzern des Münchner Multimilliardärs Thiele mit mehr als 100 Berliner Industriearbeitsplätzen bleibt erhalten.

Haben wir doch immer gesagt: Wir bleiben bei Hasse & Wrede und Hasse & Wrede bleibt Berlin! Fotos: Christian von Polentz

Was behaupten die Führungskräfte des Knorr-Bremse-Konzerns nicht alles, wenn es um das Konto von Heinz Hermann Thiele und seiner Familie geht. Zum Beispiel, dass die gut 5.000 Mitarbeiter des Knorr-Bremse-Konzerns 42 Stunden und damit einen ganzen Tag pro Woche länger arbeiten müssten als die anderen Beschäftigten der deutschen Metall- und Elektroindustrie – und zwar ohne, dass Knorr-Bremse diesen Tag Mehrarbeit bezahlt. Sonst sei der Konzern nicht konkurrenzfähig.

Die Wahrheit ist eine andere: Jedes Jahr wird die Inhaberfamilie um Heinz Hermann Thiele schätzungsweise eine halbe Milliarde Euro reicher, auch weil sie ihre Beschäftigten einen Tag pro Woche ohne Bezahlung länger schuften lässt. Lohndiebe nennen wir sie daher. Auf vierzehn (!) Milliarden Euro schätzt Forbes das Vermögen der Thieles inzwischen.

Oder: Die Produktion des Berliner Traditionsunternehmens Hasse & Wrede müsse nach 120 erfolgreichen Jahren am Standort Berlin dringend geschlossen und keine 300 Kilometer Luftlinie südlich wiederaufgebaut werden – in Tschechien nämlich. Und die Mitarbeiter? Müssten alle entlassen werden. Wir ahnen schon warum: Sonst könne das Unternehmen nicht mehr konkurrenzfähig arbeiten, behauptete das Management.

Verlagern trotz schwarzer Zahlen

Auch hier ist die Wahrheit eine andere: Hasse & Wrede schrieb in den vergangenen Jahren durchgängig schwarze Zahlen, in manchen Jahren war die Umsatzrendite sogar zweistellig. Es gab also keinen Grund, die Produktion zu schließen, auch weil die Belegschaft alles gab, um den Standort Berlin zu sichern: Beispielsweise 42 Stunden pro Woche und damit einen ganzen Tag Arbeit für umsonst.
Anfang 2017 verkündete das Management dann, dass aus der Drohung nun Ernst und die Produktion zu Ende 2017 geschlossen werde. Diesmal hatten sich die Management-Strategen des Multimilliardärs verrechnet. Die Belegschaft wandte sich an die IG Metall Berlin und begann zu kämpfen. „Wir wussten, dass Hasse & Wrede wirtschaftlich exzellent funktionieren und eine gute Zukunft in Berlin haben kann“, sagt Klaus Abel, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. „Daher haben wir den gesamten Apparat in Gang gesetzt, den wir als große Industriegewerkschaft haben, um die Kollegen zu unterstützen.“

Die IG Metall vermittelte dem Betriebsrat bewährte Wirtschaftsberater und Juristen, sprach mit der Politik, machte Öffentlichkeitsarbeit. Autokorsos, Demos, aktive Mittagspause: Bald stellten sich erste Erfolge ein. Die Politiker reichten sich die Hand vorm Werkstor, die Medien berichteten, aus der ganzen Bundesrepublik trudelten Solidaritätsschreiben ein.
Vor allem aber trat ein Mitarbeiter nach dem anderen in die IG Metall ein. „Heute sind wir als IG Metall sehr gut in der Belegschaft organisiert“, sagt Klaus Abel. Damit war die Grundvoraussetzung dafür geschaffen, dass der Betriebsrat zusammen mit Anwalt und Berater gut mit der Arbeitgeberseite verhandeln konnte.

Gutes Beispiel für GE, Ledvance und Siemens

Erster Teilerfolg: Im September erreichten Betriebsräte und IG Metall, dass 60 der 130 Beschäftigten einen Arbeitsplatz in einem anderen Berliner Knorr-Bremse-Betrieb erhalten sollten. Anfang Dezember dann der endgültige Durchbruch: Das Management nahm die Verlagerung nach Tschechien zurück. „Sie haben jetzt wohl verstanden, was wir schon immer gesagt haben: Man kann einen Industriebetrieb wie Hasse & Wrede sehr wohl in Berlin wirtschaftlich erfolgreich führen“, so Klaus Abel.

Die Lehren aus dem einjährigen Arbeitskampf: Wer für seine Interessen kämpft und sich in der IG Metall organisiert, kann auch eine schon beschlossene Produktionsverlagerung ins Ausland verhindern. „Diese gute Nachricht gilt natürlich auch für die Kolleginnen und Kollegen bei Ledvance, GE und Siemens, mit denen wir für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze kämpfen“, sagt Klaus Abel.

Von: ab

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