Keine Entlastung für die vier Vorstände:

Erste alternative Hauptversammlung bei Francotyp-Postalia

16.06.2021 | Der neue Vorstand legt die Axt an Francotyp-Postalia und damit an 98 Jahre Berliner Industrietradition: In Berlin soll in einer „ersten Welle“ jeder fünfte Beschäftigte entlassen werden. Weitere Mitarbeiter*innen will der Vorstand in neue Tochterfirmen ohne Betriebsrat und Tarifvertrag auslagern. Auf der heutigen Hauptversammlung der Francotyp-Postalia AG hat der Vorstand seine Entlassungspolitik vorstellen – die Belegschaft machte parallel mit einer eigenen alternativen Hauptversammlung gegen die Vorstandspläne mobil.

Selbst acht Millionen Euro in den Sand setzen - und die Beschäftigten sollen es ausbaden: So geht es nicht, Rolf Elgeti!

Tausend Beschäftigte und deren Familien leben von ihrer Arbeit bei dem Berliner Industrieunternehmen, einige schon seit Jahrzehnten. Das Berliner Industrieunternehmen entwickelt, produziert und verkauft seit fast 100 Jahren Frankiermaschinen für den nationalen und internationalen Markt und bietet Lösungen für eine sichere digitale Kommunikation an.

Doch statt den von der Belegschaft erarbeiteten Vorschlägen für eine zukunftsfähige Produktion am Standort Berlin zu folgen und sozialpartnerschaftlich einen guten Weg für alle zu finden, hat Immobilienspekulant Rolf Elgeti nach seinem Einstieg bei Francotyp-Postalia nur das übliche Zerschlagen, Abstoßen und Entlassen im Sinn – kurzfristige Rendite statt verantwortungsvoller Unternehmensausrichtung eben.

80 Kolleg*innen waren daher heute vor den Versammlungsort gezogen, um eine alternative Hauptversammlung abzuhalten. Der Großteil der Beschäftigten kam per Fahrradcorso und machte schon auf dem Weg zur Hauptversammlung klar, was sie von den Vorstandsplänen halten: „Ich bin nur ein Kostenfaktor“, stand auf Schildern und T-Shirts geschrieben, oder „Keine Einsparung durch Jobabbau.“

Auf ihrer Hauptversammlung zog die Belegschaft dann Bilanz über die Arbeit des Spitzenpersonals. Das Ergebnis: Der Vorstand kann nicht entlastet werden, weil er keine neuen Entwicklungen anschiebt, sich selbst aber gleich auf vier Vorstandsmitglieder vergrößert hat. Ein weiterer Grund: Obwohl die Belegschaft gewarnt hatte, dass das sogenannte ERP-Projekt nicht funktionieren wird, zog der Vorstand es trotzdem durch und setzte damit acht Millionen Euro in den Sand.

Sollte der Vorstand nicht einlenken und nicht endlich ernstzunehmende Gespräche mit den Beschäftigten führen, werden die Beschäftigten den Kampf um ihre Arbeitsplätze fortsetzen. „Wir können Arbeitskampf um bedrohte Industriearbeitsplätze“, sagt Jan Otto, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. „Wenn  Einzelne glauben, sie könnten unseren Mitgliedern ihre Rechte nehmen, werden wir uns das nicht gefallen lassen.“

Die Berliner Zeitung und das Neue Deutschland berichten über unsere Aktion.

 

Von: Jörn Breiholz

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