Rechtstipp

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Wann reicht eine Krankschreibung nicht aus?

29.06.2023 | Wer eine Krankschreibung vom Arzt vorlegt, ist auch krank. Allerdings kann es Fälle geben, in denen der „gelbe Schein“ allein nicht als Beleg genügt. Damiano Valgolio von DKA Rechtsanwälte erklärt wann.

DKA-Anwalt, Damiano Valgolio

Wer eine Krankschreibung vorlegt, ist auch krank. Oder? Gemäß § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz müssen Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorlegen, wenn sie mehr als drei Tage krank sind. Die Bescheinigung wird umgangssprachlich auch „Krankschreibung“ genannt. Der Arbeitgeber kann verlangen, dass die Bescheinigung auch schon ab dem ersten Krankheitstag vorgelegt wird.

Die Krankschreibung enthält nur die Bestätigung, dass der Arbeitnehmer tatsächlich krank ist. Welche Krankheit vorliegt, wird nicht angegeben. Dies muss dem Arbeitgeber auch nicht gesagt werden.

Der Arbeitgeber muss die Krankschreibung akzeptieren. Das gilt selbst dann, wenn er den Verdacht hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich gar nicht krank war. Der Arbeitnehmer muss sich weder von einem Betriebsarzt noch von einem anderen, vom Unternehmen benannten Arzt untersuchen lassen, um seine Arbeitsunfähigkeit bestätigen zu lassen.

Es kann allerdings Sonderfälle geben, in denen die ärztliche Bescheinigung allein nicht zum Nachweis der Krankheit genügt. Man spricht dann von einer „Erschütterung des Beweiswerts der Bescheinigung“.

Eine solche „Erschütterung“ kann es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes geben, wenn besondere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass die Krankheit nur vorgeschoben wurde. Das kann der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer, der vorher gesund war, direkt nach Ausspruch einer Kündigung für die gesamte Zeit der Kündigungsfrist krankgeschrieben wird. Oder wenn sich jemand für genau die Zeit krankgeschrieben lässt, für die vorher ein Urlaubsantrag abgelehnt worden ist. Oder auch wenn ein Arbeitnehmer – obwohl er es nicht musste – doch gesagt hat, was er hat und er dann bei einer Aktivität gesehen wird, die nicht dazu passt. Etwa beim Fußball spielen nach einem angeblichen Beinbruch.

Liegt einer dieser Fälle vor und verweigert der Arbeitgeber deshalb die Entgeltfortzahlung bei Krankheit, reicht es nicht, wenn der Arbeitnehmer nur die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt. Vor dem Arbeitsgericht muss er zusätzlich darlegen, dass er tatsächlich krank war. Er muss dann ausnahmsweise genauer erklären, welche Krankheit er hatte und hierfür weitere Beweise oder Zeugen liefern. Gelingt dies, dann hat der Arbeitnehmer selbstverständlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen Krankheit, selbst wenn die Umstände verdächtig waren.

Das Landesarbeitsgericht Hannover hat in einem aktuellen Urteil (09.05.2022, 4 Sa 505/21) übrigens entschieden, dass der Beweiswert einer Krankschreibung nicht erschüttert wird, wenn bestimmte formale Fehler vorliegen. Etwa, wenn der Arzt der Krankenkasse nicht ordnungsgemäß die Diagnose mitteilt, ist das für den Beweiswert gegenüber dem Arbeitgeber kein Problem.

Von: Damiano Valgolio

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