Rechtstipp

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Was heißt Meinungsfreiheit, Presserecht, Friedenspflicht für Betriebsräte?

01.03.2021 | Das Recht auf freie Meinungsäußerung gilt natürlich auch für Betriebsräte. Doch auch hier steckt der Teufel im Detail. Rechtsanwalt Daniel Weidmann, Partner der Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte erläutert, wie geschützte Meinungsäußerungen von potenziell brenzligen Tatsachenbehauptungen abzugrenzen sind, wie die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit die Medienarbeit der Betriebsräte beeinflusst und was der „Betriebsfrieden“ mit alledem zu tun hat.

Die Frage, ob sich Betriebsratsgremien und ihre Mitglieder überhaupt an die Medien wenden dürfen, ist in der juristischen Literatur durchaus umstritten. Einige arbeitgebernahe Jurist*innen bestreiten das rundheraus und verweisen auf die im Betriebsverfassungsgesetz geregelten Pflichten zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und zur Wahrung des Betriebsfriedens.

Damit verkennen sie die Reichweite des im Grundgesetzes verbürgten Grundrechts auf Meinungs- und Pressefreiheit (der in Art. 5 Abs. 1), die auch in der Arbeitswelt Geltung beanspruchen[1] und daher natürlich auch den Mitgliedern des Betriebsrats zustehen. Selbst eine besonders konservative Auslegung dieser allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Gebote kann also bestenfalls eine Beschränkung, nicht aber ein generelles Verbot einer über die Betriebsgrenzen hinweg reichenden Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats begründen. Jedenfalls im Rahmen der mannigfaltigen gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats können sachliche Wortmeldungen seiner Mitglieder in den Medien daher nicht schlechthin als unzulässig angesehen werden.

Mit der Presse reden geht sehr wohl

Die in der Kommentarliteratur zum Betriebsverfassungsgesetz weit verbreitete Auffassung, wonach ein Betriebsrat nicht proaktiv an die Presse herantreten, sondern allenfalls auf mediale Äußerungen des Arbeitgebers reagieren dürfe, wenn diese die Rechte des Betriebsrats betreffen, ist mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit daher nicht vereinbar. Und auch die immer wieder laut werdende Forderung, ein BR dürfe die innerbetriebliche Auseinandersetzung nicht in die Presse verlagern, um so Druck auf den Arbeitgeber aufzubauen, lässt eine grundrechtskonforme Begründung vermissen.

Da letzteres in der Fachliteratur aber auf breite Zustimmung stößt, sind Betriebsräte gut beraten, bestehende Missstände zunächst im Betrieb anzusprechen und die Medien erst einzuschalten, wenn ein klärendes Gespräch mit dem Arbeitgeber erfolglos geblieben ist oder – bei eindeutiger Sachlage – von vornherein als aussichtslos erscheint. So lassen sich böse Überraschungen vor den Arbeitsgerichten vermeiden.

Bewusste Kränkungen, die nicht mehr auf eine – gegebenenfalls auch zugespitzte – Auseinandersetzung in der Sache, sondern auf die Herabwürdigung der Gegenseite abzielen, wird kein Gericht akzeptieren.

Die Meinungsfreiheit schützt nur Meinungsäußerungen. Tatsachenbehauptungen sind schon vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst. Wahrheitswidrige Darstellungen in den Medien können daher schwerwiegende Folgen haben. Die Abgrenzung fällt nicht immer leicht: Meinungsäußerungen sind subjektive Werturteile, die sich nicht anhand objektiver Kriterien überprüfen, also auch nicht beweisen oder widerlegen lassen. Tatsachenbehauptungen hingegen sind einer objektiven Überprüfung zugänglich. Daher sollten Betriebsratsmitglieder, die die Öffentlichkeit suchen, stets sicherstellen, dass sie ihre Darstellungen gegenüber der Presse im Ernstfall auch belegen können.

Weitere Beschränkungen der Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats ergeben sich aus seinen gesetzlichen Geheimhaltungspflichten. Über die persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der von ihm vertretenen Beschäftigten müssen seine Mitglieder stets Stillschweigen wahren. Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers, die im Betrieb nur einem begrenzten Kreis bekannt sind und dort besonders gesichert werden, sind jedenfalls dann vertraulich zu behandeln, wenn der Arbeitgeber sie ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet und im Streitfall ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung geltend machen kann. Letzteres ist vor allem dann der Fall, wenn dem Unternehmen bei einer Enthüllung des Geheimnisses spürbare Wettbewerbsnachteile drohen würden.

Rechtsanwalt Daniel Weidmann ist Partner der Kanzlei dka Rechtsanwälte | Fachanwälte. Er vertritt Beschäftigte und Betriebsräte in allen arbeitsgerichtlichen Angelegenheiten.

 


[1] BVerfG  v. 8. Oktober 1996 - 1 BvR 1183/90; BAG v. 31. Juli 2014 - 2 AZR 505/13

Von: Daniel Weidmann

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