Neuer Tarifvertrag notwendig

BMW – Rhenus ersetzt Kontraktlogistiker Schnellecke

17.08.2020 | Im Berliner BMW-Werk übernimmt Kontraktlogistiker Rhenus ab November die Aufgaben von Schnellecke. Das hat auch für die Beschäftigten Folgen. Schon jetzt arbeiten sie länger und verdienen knapp ein Viertel weniger als ihre BMW-Kolleginnen und Kollegen.

Im Juli haben die Schnellecke-Beschäftigten gezeigt, dass sie für Ihre Interessen kämpfen. Foto (c) Christian von Polentz

Ingo Harms im Gespräch mit Kollegen bei Schnellecke. Foto (c) Christian von Polentz

Christian Bordynski, Betriebsratsvorsitzender bei Schnellecke.

Nichts Genaues weiß der Betriebsrat nicht, aber es gibt mündliche Zusagen, die noch in Tinte gegossen werden müssen. „In ersten Gesprächen hat die Rhenus-Geschäftsführung zugesagt, alle Beschäftigten von Schnellecke übernehmen zu wollen“, sagt Christian Bordynski, Betriebsratsvorsitzender bei Schnellecke in Berlin. Weil sie auch auf die gleichen Leiharbeitsunternehmen zurückgreifen wollen, soll das auch für Leihbeschäftigte gelten. Neben dem Portfolio von Schnellecke übernimmt Rhenus – teilweise – weitere Aufgaben vom Kontraktlogistiker Raaben. Rhenus benötigt also eingearbeitete und erfahrene Beschäftigte. Es spricht deshalb viel dafür, alle Kolleginnen und Kollegen zu übernehmen.

Insgesamt arbeiten bei Schnellecke aktuell rund 215 Kolleginnen und Kollegen, manche verfügen nur über einen befristeten Vertrag. Hinzukommen zwischen 50 und 60 Leihbeschäftigten. Übernahmen sollten zu den gleichen Konditionen stattfinden, Neueingestellte zu den Bedingungen des alten Tarifvertrags beschäftigt werden. Der alte läuft zum 31.10.2020 aus und muss durch einen neuen Tarifvertrag ersetzt werden. „Wir wollen zügig die Spielregeln kennen, wie wir die nächsten maximal sechs Jahre gestalten“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende.

Werkverträge gehen zulasten der Beschäftigten

BMW in Berlin hat seine Logistik lange selbst verantwortet, um sie dann – wie andere Hersteller auch – mit Werkverträgen an Dienstleister zu vergeben. Seit 2016 verantworten die Beschäftigten von Schnellecke Wareneingang, Versand und Lagerhaltung. Vor allem stellen sie sicher, dass am Band zur richtigen Zeit vorgefertigte Teile, Schrauben, Materialien etc. ankommen. Das alles machen sie zu schlechteren Konditionen. Bei Schnellecke arbeiten die Kolleginnen und Kollegen 37,5 statt 35 Wochenstunden und bei den Sonderzahlungen schauen sie in die Röhre. „Rechnet man die Nachteile zusammen, dann verdienen unsere Kolleginnen und Kollegen knapp ein Viertel weniger als die BMW-Beschäftigten, obwohl sie mit ihnen tagtäglich zusammenarbeiten“, rechnet Christian Bordynski vor. „Beim Geschäftsmodell Werkvertrag müssen Hersteller und Dienstleister verdienen und das geht nur, wenn man den Beschäftigten etwas wegnimmt“, kritisiert Ingo Harms von der IG Metall Berlin.

Erfolge zeigen - bessere Bedingungen gibt es nur gemeinsam

Die Bedingungen bei Schnellecke waren anfangs noch viel schlechter. Aber die Kolleginnen und Kollegen haben sich organisiert und im Juli 2019 – weil die Geschäftsführung Gespräche abgesagt hatte – mit einem ersten Streik ihre Forderungen untermauert. „Das Management war doch sehr überrascht von der hohen Streikbeteiligung. Sie haben sich dann beeilt, an den Verhandlungstisch zurückzukehren“, erinnert sich Ingo Harms.

Jetzt stehen zwischen Betriebsrat und IG Metall auf der einen und der Rhenus-Geschäftsführung auf der anderen Gespräche um die Zukunft an, erneut ein Grund, sich gemeinsam für Verbesserungen einzusetzen. Erst einmal gilt es den Übergang von Schnellecke zu Rhenus im Sinne der Beschäftigten zu regeln. „Unsere Kolleginnen und Kollegen haben die vergangenen Jahre bewiesen, dass sie die Logistik bei BMW mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen im Griff haben“, sagt Christian Bordynski. Jetzt ist es an der Zeit, dieses Know-how auch zu schätzen und entsprechend zu honorieren – bei Arbeitszeit, Entgelten und Sonderregelungen.

Zum Hintergrund: So funktioniert ein Betriebsübergang

Der Paragraf 613a im Bürgerlichen Gesetzbuch regelt den Betriebsübergang. Alle Beschäftigten mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag gehen damit automatisch an den übernehmenden Betrieb über, sofern sie dem nicht widersprechen. Der damit verbundene Bestandsschutz für die Arbeitsverträge gilt für ein Jahr. Ängste, Rhenus könne dann Verträge verändern, widerspricht Christian Bordynski, „denn Verträge kann er einseitig nicht verändern und natürlich sollte das Unternehmen auch daran interessiert, Unruhe beim Übergang so schnell wie möglich in sichere Bahnen zu lenken“.

Der Paragraf 613a gilt nicht für bei Schnellecke bis Ende Oktober befristet Beschäftigte, genauso wenig für Leihbeschäftigte, gleichwohl werden sie auch gebraucht. Der bisher gültige Tarifvertrag mit Schnellecke läuft zum 31. Oktober ebenfalls aus und muss dann zwischen den Tarifparteien neu verhandelt werden.

Von: Michael Netzhammer

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