Erste Delegiertenversammlung in Corona-Zeiten:

Das Parlament der Berliner IG Metall tagte digital

04.06.2020 | Am Mittwoch trafen sich die Delegierten der IG Metall Berlin zu ihrer ersten digitalen Delegiertenversammlung. Sie befassten sich mit den aktuellen Herausforderungen und Antworten auf die Corona-Krise und verabschiedeten eine Resolution zu dem Überfall von Rechtsextremisten auf das DGB-Haus in Stuttgart am Wochenende.

Regina Katerndahl moderierte die Delegiertenversammlung

Gewerkschaftssekretär Marius Sänger berichtete von neuen Mitgliederwerbemaßnahmen

Die kurze Tarifrunde war ebenso Thema....

... wie die Situation der Familien in der Krise und die Frage, was die IG Metall für sie tut. Alle Bilder sind Screenshots der digitalen Delegiertenversammlung.

Im Alwin-Brandes-Saal war eine Kamera aufgebaut, vor der Regina Katerndahl, die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, die erste digitale Delegiertenversammlung der IG Metall Berlin moderierte. Neben ihr saßen im Corona-bedingten Abstand einige Gewerkschaftssekretäre der IG Metall Berlin, um bei der Steuerung der Sitzung zu unterstützen oder eigene Beiträge einzubringen. Die Delegierten selbst waren gar nicht da, jedenfalls physisch nicht, sie saßen in Spandau, Treptow oder Mitte im Homeoffice oder in der Firma.

Geschäftsstelle und Delegierte trafen sich virtuell im Chatraum und besprachen die Krise und ihre Auswirkungen auf Arbeitsmarkt, Betrieb, Ausbildung, Familien und IG Metall. 388.288 Berliner Beschäftigte in 37.154 Betrieben waren im Mai in Kurzarbeit, bundesweit waren es 7,3 Millionen Beschäftigte, davon 2,2 Millionen in der Industrie. Die Arbeitslosigkeit in Berlin ist stark gestiegen und ist mit 10 Prozent wieder zweistellig.

Ausbildungssituation verschlechtert sich bundesweit dramatisch
Dramatisch ist auch die Situation in der Ausbildung. Laut Bundesanstalt für Arbeit haben die Betriebe bis April 2020 39.000 und damit 7,8 Prozent weniger Ausbildungsplätze gemeldet. „Hier brauchen wir dringend Eure Unterstützung“, appellierte Regina Katerndahl an die Delegierten. „Teilt uns doch bitte mit, wie die betriebliche Ausbildungssituation bei Euch ist und welche Lösungen Ihr in Euren Betrieben gefunden habt. Wir wollen diese sammeln und veröffentlichen, damit auch andere Betriebe von guten Beispielen profitieren können.“

Corona sorgt leider auch dafür, dass eine ganze wichtige Institution in der Berliner Ausbildungslandschaft in diesem Jahr fehlen wird „Wir werden leider kein StarterCamp durchführen können“, sagte Regina Katerndahl. „Stattdessen werden wir die Auszubildenden in betrieblichen Begrüßungsrunden willkommen heißen.“

Die Antworten der IG Metall auf die Krise
Anschließend stellte Regina Katerndahl die Antworten des IG Metall-Vorstandes auf die Krise dar. Dazu zählt, möglichst alle Beschäftigten mit Kurzarbeit und Arbeitszeitflexibilität in Beschäftigung zu halten sowie staatliche Unterstützung für die Unternehmen an Standort- und  Beschäftigungszusagen zu knüpfen. Die IG Metall fordert außerdem einen europäischen Aufbaufonds, um die sozial-ökologische Transformation der europäischen Volkswirtschaft einzuleiten.

Marius Sänger, seit kurzem in der Geschäftsstelle für Erschließung tätig, stellte das Online-Seminar Mitgliedergewinnung in der Krise vor. „Wir haben mit der Aufzahlung des Kurzarbeitergelds, der Beschäftigungssicherung und dem Gesundheitsschutz durch unsere Betriebsräte viel erreicht und mehr soziale Gerechtigkeit in der Krise herstellen können“, sagte er. „Wir müssen uns aber darauf vorbereiten, dass die Arbeitgeber in den kommenden Monaten harte Angriffe auf Mitbestimmung und Arbeitsplätze fahren werden.“

Daher schulen Marius und seine Kollegen Thomas Weber und Sören Lieske derzeit Interessierte in neuen Ansätzen zur Frage, wie man potenzielle Mitglieder für die IG Metall gewinnt. Das nächste Online-Seminar ist am 10.6. von 17:00-18:00 Uhr. Anmeldungen bitte an Thomas.Weber@igmetall.de.

Resolution gegen rechtsextremen Übergriff
Die Delegierten verurteilten anschließend den Angriff von Rechtsextremisten auf das DGB-Haus Stuttgart am vergangenen Wochenende. Sie lautet:  
„Sie kamen heimlich, betraten das Dach des DGB-Hauses Stuttgart und hängten dort ein Banner mit der Aufschrift „DGB hat mitgeschossen auf“: Fünf Rechtsextremisten aus dem Spektrum der Identitären versuchten am vergangenen Wochenende, mit dieser Aktion eine Bühne für ihr kaputtes Weltbild zu finden. Wir verurteilen diesen feigen Anschlag auf den DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften aufs Schärfste und fordern, dass diejenigen, die für diese Aktion verantwortlich sind, strafrechtlich dafür belangt werden.“

Kein Catering, kein persönliches Sehen im Alwin-Brandes-Saal, keine IG Metall Berlin-Atmosphäre wie auf den Präsenz-Veranstaltungen im IG Metall-Haus Berlin –  vieles fehlte auf der ersten digitalen Delegiertenversammlung. Ein Erfolg war sie aber trotzdem. „Es tut einfach gut, mit den Kolleginnen und Kollegen mal wieder in  großer Runde zu sprechen“ sagte Regina Katerndahl im Anschluss. Die Kommentare im Anschluss Chat geben ihr Recht: Viele bedankten sich für dieses erste digitale Zusammensein im Delegierten-Kreis.

 

Von: Jörn Breiholz

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