Infinera – erste Betriebsversammlung nach Schließungsverkündung:

„Der erste Gang ist eingelegt“

18.01.2019 | Sie haben 400 Millionen Euro auf den Tisch gelegt, um Coriant zu kaufen. Jetzt wollen die US-amerikanischen Neu-Eigentümer von Infinera kurzen Prozess machen, den Berliner Standort schließen und die 400 Beschäftigte mal eben auf die Straße setzen. Profitmaximierung – aber nur für sie selber, heißt ihr Motto. Dagegen wehren sich die Beschäftigten. Eindrücke von der ersten Betriebsversammlung nach der Schließungsverkündung.

Wir sind viele - und wir bleiben!

Donnerstagnachmittag am Siemensdamm 62: Volles Haus bei der ersten Betriebsversammlung nach der Ankündigung der neuen US-Eigentümer, den Berliner Standort zu schließen. Etwa 200 Beschäftigte sind gekommen. Die Stimmung ist angespannt, schließlich will gerademal eine Handvoll Menschen jenseits des Atlantiks, dass alle hier im Raum und auch die anderen 200, die wegen Schichtarbeit oder Krankheit nicht zur Betriebsversammlung kommen konnten, ihren Job verlieren.

Einfach mal die Kundendatei und die Patente einstecken und den Berliner Standort schließen. Das haben die Infinera-Manager wohl schon in dem Moment gedacht, als sie vor vier Monaten Coriant gekauft haben. Dass das nicht so einfach ist wie im Land dieses eigensinnigen US-Präsidenten, werden nach dieser Betriebsversammlung vielleicht auch die Eigentümer gemerkt haben.

Was viel wichtiger ist: „Am Schluss sind die Kolleginnen und Kollegen mit einem viel besseren Gefühl aus der Betriebsversammlung herausgegangen, als sie gekommen sind“, sagt Jörg Wichert, der Betriebsratsvorsitzende von Infinera Berlin. Wirtschaftsfachleute, Rechtsanwälte und die politischen Sekretäre der IG Metall hat die IG Metall dem Betriebsrat vermittelt. Alle arbeiten jetzt mit einem klaren Ziel: „Wir wollen den Infinera-Standort und die Industriearbeitsplätze in Berlin erhalten“, sagt Regina Katerndahl, die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin.

Dass die Eigentümer nicht in einer wirtschaftlichen Notlage handeln müssen, sondern aus reinem Profitstreben machte Wirtschaftsberater Thomas Wagner klar: „Die sind keinesfalls arm“, sagte er. Schließlich habe der US-amerikanische Eigentümer mit einer Anleihe am Kapitalmarkt gerade einen kräftigen dreistelligen Betrag eingesammelt: „Davon könnten sie ja jedem Beschäftigten hier eine Million abgeben“, sagte Wagner.

Rechtsanwältin Marion Burghardt, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei den dka-Rechtsanwälten, verdeutlichte der anwesenden, aber schweigenden Geschäftsführung, dass sie vor den Verhandlungen keine Maßnahmen durchführen dürfe, die die Schließung in die Wege leiten. Denn das verbietet das deutsche Recht den Eigentümern. „Sonst sehen wir uns ganz schnell vor dem Arbeitsgericht“, kündigte Burghardt an.

Die IG Metall Berlin wird nun ihre Mitglieder auf einer Mitgliederversammlung in der kommenden Woche über grundsätzliche rechtliche Themen informieren. Vor allem aber werden Betriebsrat, Belegschaft und IG Metall nun öffentlich dafür streiten, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben sollen. „Da gibt es eine Menge Ideen. Als IG Metall Berlin sind wir ja erfahren, was das angeht“, sagt Regina Katerndahl. „Der erste Gang ist eingelegt“, ergänzt der Betriebsratsvorsitzende Jörg Wichert. „Jetzt überlegen wir, wann wir die Kupplung kommen lassen.“

Von: jb

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