Sommerinterview mit dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied der IG Metall Irene Schulz

„Der Markt alleine wird es nicht richten“

27.07.2020 | Im Sommerinterview spricht Irene Schulz, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, über Berlin, wo sie über 20 Jahre für die IG Metall gearbeitet hat, über Corona, Solidarität als gesellschaftlichen Kitt, Bildung und darüber, wie wir als IG Metall die Zukunft gestalten.

(c) Alexander Paul Englert

Irene, Du warst viele Jahre in der IG Metall Berlin aktiv, kennst die Betriebe sehr gut. Wie werden unsere Berliner Betriebe aus der Corona-Krise kommen?
In Berlin hilft uns die differenzierte Industriestruktur. Wir sind nicht auf eine Branche fixiert, wir haben Elektroindustrie, Maschinenbau, Automobilindustrie und viel Handwerk. Das ist in diesen Zeiten deutlich besser, als von einer Branche abhängig zu sein. Und die Berliner IG Metall ist krisen- und konflikterfahren. Ich habe die Berliner Metaller/innen in Konflikten um Standorte und Beschäftigung sehr solidarisch erlebt und das ist heute nicht anders – das sind gute Voraussetzungen, um sich gemeinsam aufzustellen.

Wie sind wir als IG Metall aufgestellt?
Betriebsräte und Vertrauensleute geben zurzeit 150 Prozent in den Betrieben. Zu Beginn des Lockdowns haben sich alle mit Unterstützung ihrer Geschäftsstelle unglaublich schnell in die wichtigen Fragen rund um Corona eingearbeitet und gute Vereinbarungen für die Beschäftigten abgeschlossen. Das betrifft den Arbeits- und Gesundheitsschutz genauso wie die Regelung zur Kurzarbeit und Aufzahlungen auf das Kurzarbeitergeld. Wir mussten schnell und entschieden Einkommen und Beschäftigung sichern.  Wir haben in Berlin eine exzellente Geschäftsstelle mit einer gut funktionierenden Vertrauensleute-Struktur in den Betrieben.  Ich bin also sehr zuversichtlich, dass hier in Berlin stark gegen gehalten wird, damit die Krise nicht auf Kosten der Beschäftigten ausgetragen wird.

Wie sieht die industrielle Zukunft für Berlin aus?
Die Spannbreite ist groß: Wir haben industrielle Zukunftsprojekte wie Siemens 2.0, Innovation-Labs großer Unternehmen und neue Start-ups. Und wir haben traditionsreiche Unternehmen, die sich technologisch –  mit starker Beteiligung der Betriebsräte – gut aufgestellt haben. In dieser Bandbreite steckt eine Menge Zukunft für die industrielle Entwicklung der Stadt und der Region. Umso fataler ist dann, wenn Vorstände Fehlentscheidungen treffen, wie bei MAN ES.

Der Betriebsratsvorsitzende René Marx kritisiert, dass der Vorstand von MAN ES die gleichen Fehler von 2016 abermals wiederholen will. Wie siehst Du das?
Ich teile seine Einschätzung. Hier am Berliner Standort werden Zukunftstechnologien entwickelt und produziert, die wichtige Beiträge zum Erreichen der Klimaziele leisten.  Auch an anderen Standorten geht es um saubere Lösungen. Ein völlig überzogener Personalabbau, ein kostengetriebenes Restrukturierungsprogramm gefährdet die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.

Was ist Dein Blick auf Tesla und das geplante Innovationszentrum?
Die Produktion in Brandenburg und das geplante Innovationszentrum mitten in Berlin sind sehr willkommene Investitionen. So eine große Investitionsentscheidung zieht ja oft weitere Ansiedlungen nach sich. Für die Region ist Tesla eine wichtige Investition, vor allem wenn diese sich auch in Arbeitsplätzen und guten Beschäftigungsbedingungen ausdrückt.

Wie gehen wir als IG Metall Tesla an?
Tesla steht auf Erfolg – wir auch. Und da nachweislich mitbestimmte Unternehmen erfolgreicher sind, sollte das doch schon mal eine Basis für den gemeinsamen Dialog sein. Unsere Kolleg/innen vor Ort und im Bezirk sind hier offensiv unterwegs und werden das machen. Gerade in der Krise hat sich gezeigt, dass Mitbestimmung und beschäftigungspolitische Standards Erfolgsfaktoren für betriebliche und gesellschaftliche Stabilität sind.
Corona ist das Eine, wir haben auch noch eine durch Digitalisierung und Klimawandel geprägte Transformation, die unsere Betriebe beschäftigt.
Ja, wir haben eine wirtschaftliche Krise, die unsere Branchen ins Mark trifft. Gleichzeitig waren wir durch die Digitalisierung von Produkten und Prozessen in den Unternehmen schon vor Corona gefordert, den technologischen Wandel so zu gestalten, dass er ökologisch und sozial gestaltet wird. Wenn Arbeitgeber jetzt meinen, sie könnten Zukunftsvereinbarungen aufkündigen oder Verlagerungen vorantreiben, dann gibt es Krach. Im vergangenen Sommer waren wir mit 50.000 Metallern und Metallerinnen für unser Leitbild eines fairen Wandels hier in Berlin auf der Straße und haben deutlich gemacht: Wandel geht nur mit uns! Er geht nur mit den Beschäftigten und nicht ohne die Mannschaft. Wer Klimaschutz wirklich ernst nimmt, der weiß, dass wir dafür politische Mehrheiten brauchen. Politische Mehrheiten gewinnen wir nur, wenn der ökologische Wandel sozial gestaltet ist.

Was können wir als Gewerkschaft tun, damit unsere Mitglieder in den Betrieben gut durch die rauer werdenden Zeiten kommen?
Die IG Metall wird alles dafür tun, dass wir mit möglichst vielen Beschäftigten durch dieses Krisental kommen. Wir werden nicht zulassen, dass erkämpfte und bewährte Standards angegriffen und die Krise auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.  Für uns steht jetzt im Mittelpunkt, Beschäftigung und Einkommen für unsere Mitglieder und ihre Familien zu sichern. In Zeiten wie diesen geht es darum, Verantwortung zu zeigen für Beschäftigung und Ausbildung. Tarifverträge, die wir mit unseren Mitgliedern gemeinsam durchgesetzt haben, bewähren sich ja gerade in schwierigen Zeiten. Die Politik investiert Milliarden in Liquiditätshilfen und Konjunkturprogramme, um Unternehmen zu stützen und Arbeitslosigkeit zu verhindern.

Was folgert daraus für die IG Metall?
Wir fordern von den Arbeitgebern, in diesen Zeiten die reinen Kosten- und Margenlogiker zurück zu pfeifen. Unsere Botschaft ist klar: Wer mit uns und der Belegschaft gemeinsam Lösungen sucht, hat uns an seiner Seite. Und umso stärker wir als Mitgliederorganisation sind, umso erfolgreicher werden wir durch diese rauen Zeiten kommen. Wir laden alle offensiv ein, Mitglied in einer starken IG Metall zu werden. Zusammenhalten ist die Devise, um in jedem Unternehmen, in jedem Betrieb handlungsfähig und durchsetzungsstark zu bleiben und zu werden. Dafür braucht es jede*n Einzelne*n. Zusammenhalten gilt aber auch über die Branchen hinaus.

Warum?
Wenn die Automobilindustrie oder die Luftfahrtindustrie kriselt, dann hat das Auswirkungen auf die Beschäftigten im Stahl, in der Chemieindustrie und dem Maschinenbau genauso wie auf den Bäcker oder die Handwerkerin in der Region. Umso solidarischer und stärker wir sind, umso mehr werden wir gehört. Das gilt auch für die Politik. Wir haben in den letzten Monaten viel durchgesetzt für unsere Mitglieder. In den nächsten Monaten wird es darum gehen, die Kurzarbeit auf mindestens 24 Monate zu verlängern, den Abbau von Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu verhindern und Investitionen abzusichern.

Wie organisieren wir Solidarität, wie tauschen wir uns in Zukunft wieder intensiver aus?
Das ist hoch anspruchsvoll: Viele Beschäftigte haben in den letzten Monaten weitergearbeitet, andere sind immer noch im Homeoffice und viele waren, sind oder gehen jetzt in die Kurzarbeit. Wichtig ist, mit allen in Kontakt zu sein. Es gibt bereits viele gute Beispiele, wie Beteiligung und Mobilisierung gehen kann: Anders, mit Abstand, aber solidarisch und entschieden.

Kannst Du ein Beispiel machen?
Hier in Berlin hat zum Beispiel die IG Metall-Jugend mobil gemacht, um auf fehlende Ausbildungsplätze aufmerksam zu machen. Unsere Kampagne „Wenn wir zusammenhalten, ist alles möglich“ hat vor Ort zu kreativen Mobilisierungsaktionen geführt.
Darüber hinaus haben wir alle eine steile Lernkurve in digitaler Kommunikation und Beteiligung gemacht.  Unsere Erfahrungen sind durchaus positiv. Digital eignet sich nicht für alles und ersetzt nicht die Betriebs- oder Vertrauensleuteversammlung. Gleichzeitig sind Formate möglich, mit denen in kurzer Zeit viele Beschäftigte und Mitglieder informiert und beteiligt werden können.

Kann IG Metall funktionieren, wenn wir nicht auf die Straße gehen können, um unseren Forderungen Gehör zu verschaffen?
Das erfordert Kreativität. Aber klar: Auch das geht, auch Streiks funktionieren. Wir hatten zum Beispiel kürzlich bei Voith in Bayern einen Streik. Alle waren vor dem Tor. Die Lösung war ein „Autostreik“. Aus den Autos heraus, wurde ordentlich gemeinsam Stimmung gemacht. Überhörbar waren die Kollegen/innen ganz sicher nicht.Es geht also – unter erschwerten Bedingungen. Solidarität braucht Nähe und ist immer wieder Motor für gemeinsames Handeln. Es zeigt sich:  Metaller/innen lassen sich – trotz Abstand - nicht aufhalten.

In unserer wichtigsten Branche, der Automobilindustrie, stehen die Zeichen auf Sturm. Was sagst Du den Kollegen in der Zuliefererindustrie, wo sie in einem halben Jahr nach Corona und ohne Autoprämie stehen werden?
Die Kolleginnen und Kollegen äußern sich ja gerade selber – und das sehr laut: Sie schließen sich zusammen, mobilisieren gegen angekündigten Stellenabbau und setzen sich für eine nachhaltige Entwicklung ihrer Standorte ein - und das an allen Standorten gemeinsam – wie zum Beispiel bei Bosch, Borbet oder ZF, wo 15.000 Stellen abgebaut werden sollen. Was oft übersehen wird in der öffentlichen Diskussion ist, dass die Zulieferer Innovationsmotoren für die Automobilindustrie sind. Wer hochqualifiziertes Personal in Kurzschlusshandlungen abbaut, riskiert die gesamte Prozesskette des Fahrzeugbaus. Wenn wir den zügigen Austausch von Autos mit alter gegen solche mit modernster Verbrenner-Technologie, gegen Hybride oder E-Autos forcieren, dann wirkt sich das sofort positiv auf das Klima aus. Es sind noch um die 20 Millionen Fahrzeuge mit der Abgasnorm EU 4 oder älter auf unseren Straßen unterwegs. Diese 20 Millionen Autos sind kurzfristig nicht durch Elektroautos zu ersetzen. Deshalb sagen wir:  Schafft Anreize für die Kunden, damit möglichst viele alten Karren vom Markt kommen und ersetzt sie durch moderne Fahrzeuge – dazu gehören auch moderne Verbrenner. Wir würden direkt einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten und Zeit gewinnen, um Brücken für die Beschäftigten zu bauen. Wir werden in den nächsten Monaten sehen, wie das Konjunkturpaket auf das Thema Beschäftigung wirkt. Falls es nicht wirkt, muss nachgesteuert werden.

Wie habt Ihr im Vorstand die Corona-Krise erlebt, was waren die Leitlinien Eures Handelns?
Unsere Leitlinie ist dieselbe gewesen wie hier in Berlin vor Ort: Wir sind für unsere Mitglieder da! Das hat vor allem bedeutet, Entlassungen zu verhindern, Einkommen und Beschäftigung zu sichern und in den Betrieben Gesundheits- und Hygienestandards durchzusetzen, um die Beschäftigten zu schützen. Wir haben sofort mit unserem Tarifabschluss und den darin vereinbarten Aufzahlungen auf das Kurzarbeitergeld reagiert, haben uns mit Erfolg für die gesetzliche Verlängerung der Kurzarbeit und das Arbeitslosengeld stark gemacht.
Viele unserer Mitglieder haben Kinder und sind ja heute noch besonders gefordert. Die Bedingungen und Entgeltfortzahlung für Eltern war und ist uns ein Herzensthema, denn jeder der Kinder hat – und dazu gehöre ich auch – hat eine sehr sinnliche und reale Vorstellung davon, wie lebendig, chaotisch und erschöpfend Homeoffice, Homeschooling und KITA at Home sein kann. Und hier sind es vor allem Frauen, die Gigantisches leisten.
Wir haben dann sehr schnell Vorschläge für ein gesamtgesellschaftliches Konjunktur- und Investitionspaket entwickelt und in die politische Debatte eingebracht, um möglichst schnell mit Liquiditätshilfen, Kaufanreizen und nachhaltigen Infrastrukturmaßnahmen gegenzusteuern und damit Beschäftigung abzusichern. Es ist nach wie vor eine sehr intensive Zeit, die beispiellos ist. Festhalten können wir und das bestärkt uns: Mitbestimmung, Tarifbindung und Sozialpartnerschaft sind die stabilen Anker für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gerade in Krisenzeiten sind Mindeststandards und eine Mitbestimmungskultur für schnelle, wirksame und soziale Lösungen unverzichtbar. Gleichzeitig werden genau diese Standards angegriffen. Hier mobilisiert sich an vielen Stellen vor Ort Gegenwehr.

Was lernen wir aus Corona für die Zukunft?
Corona hat sehr schonungslos, wie unter einem Brennglas, politische Fehlentwicklungen, überholte neoliberale Grundsätze und die Notwendigkeit eines starken, handlungsfähigen Staates offengelegt. Gerade vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Krise, muss die steile Lernkurve jetzt Folgen haben. Und eine Folge ist: Steuergelder für Unternehmen, die in Schieflage geraten, ja. Aber diese Steuergelder dürfen keine Einbahnstraße sein. Wer unterstützt wird, hat Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern, muss sich an Tarifverträge halten und darf nicht einseitig die Aktionäre beglücken. Denn der Markt wird alleine gar nichts richten! Es ist gut und alternativlos, dass die Bundesregierung Milliarden mobilisiert. Und die Anschlussfrage nach den Kosten der Krise sollte in einem breiten öffentlichen Diskurs geführt werden. Wir brauchen eine offensive Diskussion um Verteilungsfragen. Große Vermögen müssen stärker zur Bewältigung der Krise beitragen. Die Kosten dürfen nicht über eine Absenkung sozialer Standards finanziert werden.

Ihr habt nach dem Gewerkschaftstag die Zuständigkeiten im Vorstand neu sortiert. Wie hat sich Dein Bereich verändert?
Ich bin jetzt nicht nur für die Bildungsarbeit und Erschließung, sondern auch für unsere „Campangeros“, heißt für die Kampagnen der IG Metall verantwortlich. Ich habe hier ein tolles Team übernommen und freue mich sehr über die neue Aufgabe. Die enge Verknüpfung mit strategischer Erschließung und Qualifizierung hat sehr viel Potenzial für Innovationen.

Was hast Du Dir für die Wahlperiode vorgenommen. Wie wird sich Bildung ändern?
Unsere Bildungsarbeit ist in Bewegung – und zwar im Turbomodus. Wir standen im März vor der Situation, dass wir alle Bildungszentren und auch die Bildungsarbeit hier in Berlin von heute auf Morgen einstellen mussten. Gleichzeitig hatten wir einen immensen Qualifizierungsbedarf in den Betrieben zu den Themen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Kurzarbeit, rechtliche Fragen um Corona und Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie. Wir haben innerhalb kürzester Zeit auf digitale Bildungsformate umgestellt, haben unsere Referenten geschult und sofort Onlineseminare für unsere Betriebsräte, Vertrauensleute und aktiven Metaller/innen angeboten. Daraus ist ein wöchentlich aktualisiertes digitales Bildungsprogramm entstanden. Auch bei den gesellschaftspolitischen Fragestellungen haben wir durch Webtalks und Onlineseminare die Möglichkeit zur Debatte gegeben. Hier erreichen wir bei Themen wie Mobilitätskonzepte der Zukunft oder bei der Utopiekonferenz der Jugend im Livestream Tausende von interessierten Mitgliedern. Uns hat hier geholfen, dass wir schon vor Corona ein digitales Kompetenzzentrum in Sprockhövel aufgebaut, eine Seminar App für Betriebsratsseminare entwickelt haben und so sowohl technisch, als auch inhaltlich ein kompetentes Team haben und so sehr schnell reagieren konnten. Uns ist auch wichtig, unsere neugewählten Vertrauensleute trotz Corona schnell zu qualifizieren. Hier haben wir gemeinsam mit Geschäftsstellen Konzepte für digitale Einführungsseminare entwickelt. Nichts davon ersetzt Präsenzseminare und dennoch werden wir unsere langjährige Erfahrung im Präsenzlernen und die steile Lernkurve beim Digitalen nutzen, um daraus ein noch innovativeres Bildungsangebot zu entwickeln.

Seit Anfang Juni sind die Bildungszentren wieder geöffnet und starten – unter begrenzter Auslastungsmöglichkeit – wieder voll durch.
Was heißt das für die Zukunft von Bildung?

Bildung wird immer wichtiger. Zwei Drittel der Betriebsräte sagen, dass sie sich nicht ausreichend qualifiziert sehen, für das, was kommt. Das ist das Ergebnis unseres Transformationsatlas, an dem sich auch viele Betriebe aus Berlin beteiligt haben. Durch die hohe Dynamik sind die Anforderungen an Betriebsräte und Vertrauensleute enorm. Es geht nicht nur um fachliche und strategische Kompetenz, sondern auch um die Kunst, die Beschäftigten zu beteiligen, Widersprüche auszuhalten, gemeinsame Ziele zu entwickeln und im Konfliktfall auch zu mobilisieren.  
Wir stellen auch in der Bildungsarbeit Veränderungsprozesse und Kompetenzentwicklung in den Mittelpunkt – und das machen wir sehr praxisnah und konkret. Hieraus ergibt sich auch Veränderungsbedarf für unsere Arbeit und die Qualifizierung unserer hauptamtlich Beschäftigten. Das gehen wir offensiv an. Mein Anspruch ist, Kompetenz- und Gestaltungsprozesse noch stärker zusammen zu denken.

Gehört auch dazu, politische Bildung radikal aufzuwerten?
Definitiv! Gerade in diesen Zeiten braucht es Debattenräume für Fragen nach Verteilungsgerechtigkeit, dem Verhältnis von Staat und Markt und sozialem und ökologischem Fortschritt. Gesellschaftlicher Zusammenhalt kann nicht verordnet werden. Ich zitiere immer wieder gern Oskar Negt, der so treffend gesagt hat: „Ich glaube, dass Bildung unter unseren Verhältnissen deshalb eine existenzielle Notwendigkeit hat, weil Demokratie die einzige Staatsform ist, die gelernt werden muss.“

Zur Person
Irene Schulz ist seit 2013 geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und dort zuständig für gewerkschaftliche Bildungsarbeit, Kampagnen und Erschließung, Bildungszentren sowie die Initiative „Respekt! Kein Platz für Rassismus“. Die 56-jährige Politologin hat vorher mehr als 20 Jahre in Berlin gearbeitet, davon neun Jahre in der Berliner Geschäftsstelle und der hiesigen Bezirksleitung der IG Metall.

 

Von: Jörn Breiholz

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